Noch ist unklar, wer die US-Präsidentschaftswahlen nach dem Rückzug von Joe Biden aus dem Wahlkampf für sich entscheiden wird. Vizepräsidentin Kamala Harris, die Favoritin für eine Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin, gilt nun als Hoffnungsträgerin der Demokraten.
Ob sie den republikanischen Kandidaten Donald Trump im November tatsächlich schlagen kann, bleibt abzuwarten. So oder so dürfte der Ausgang der Wahlen entscheidenden Einfluss auf die Aktienmärkte haben - vor allem mit Blick auf Titel aus dem Banken- oder Energiesektor, die stark von politischen Massnahmen der Regierung abhängig sind.
Im Folgenden ein Überblick, wie Aktien und Sektoren reagieren könnten, wenn Trump eine zweite Amtszeit als Präsident antreten sollte:
Finanzen
Sollte Trump das Rennen um das Weisse Haus für sich entscheiden, dürften nach Einschätzung von Analysten der UBS vor allem Bankaktien wie JPMorgan & Chase, Bank of America, Wells Fargo, Discover Financial, KeyCorp oder Synchrony Financial Auftrieb erhalten. Die Experten rechnen unter Trump mit weniger strengen Kapital- und Liquiditätsvorschriften und einer Lockerung der Finanzregulierung. Die Strategen von Wells Fargo erwarten, dass das relative Kurs-Gewinn-Verhältnis des Sektors von 50 Prozent auf etwa 60 Prozent des Marktes steigen wird, ähnlich wie es im Jahr 2016 nach den Wahlen der Fall war. Unter Präsident Biden stand die Finanzregulierung in den vergangenen Jahren weit oben auf der Agenda - auch Kryptofirmen wurden enger an die Leine genommen. Branchenexperten gehen davon aus, dass eine Präsidentin Harris diesen Kurs fortsetzen dürfte.
Kryptowerte
Werte aus dem Kryptowährungssektor und Unternehmen, die sich mit der Bitcoin & Co zugrundeliegenden Blockchain-Technologie befassen, dürften laut Börsianern von einem Wiedereinzug Trumps ins Weisse Haus ebenfalls profitieren. «Anleger erhoffen sich durch eine Rückkehr Trumps (...) ein Nachlassen des regulatorischen Gegenwinds in den USA», sagte Timo Emden von Emden Research. Der ehemalige US-Präsident gelte in Anlegerkreisen als Befürworter der Krypto-Branche. «Mit Trump an der Spitze könnten die USA ihre Vormachtstellung in der Kryptobranche sukzessive ausbauen.»
Kryptowerte wie Coinbase, Marathon Digital und Riot Platforms haben nach dem gescheiterten Attentat auf den ehemaligen Präsidenten Mitte Juli deutlich angezogen. Beobachtern zufolge könnte das Attentat die Chance für eine Wiederwahl Trumps erhöht haben.
Aktien erneuerbarer Energien
US-Präsident Biden hat den Schutz der Umwelt zu einem zentralen Bestandteil seiner Wirtschaftspläne gemacht. Seitdem er 2022 ein milliardenschweres Förderungspaket - den Inflation Reduction Act - auf den Weg gebracht hat, sind mehr als 40 Werke für Solarausrüstung in den USA geplant. Die Anreize kamen Herstellern wie etwa First Solar zugute. Aus Sicht der Commerzbank-Analysten ist aber noch unklar, ob unter einer Trump-Administration die Förderung der Erneuerbaren tatsächlich radikal zusammengestrichen wird - «selbst wenn das Programm verspricht, den 'sozialistischen Green Deal' zu beenden». Schliesslich seien gerade republikanisch regierte Staaten wie Texas grosse Nutzniesser dieser Politik, heisst es in einem Kommentar.
Ölfirmen
Eine neue Trump-Regierung dürfte sich nach Einschätzung der Analysten von JP Morgan stärker auf fossile Brennstoffe als auf grüne Energie und die Bekämpfung des Klimawandels konzentrieren. Höhere Öl- und Erdgasinvestitionen, mehr Bohraktivitäten und Erdgasexporte könnten daher unter Trump 2.0 Produzenten wie Exxon Mobil, Cheniere Energy und ConocoPhillips Rückenwind verleihen. Eine fortgesetzte Unterstützung der Elektrifizierung und der Produktion sauberer Kraftstoffe, wie sie eher unter einer demokratischen Regierung zu erwarten wäre, könnte laut UBS Aktien wie Tesla, Quanta Services oder Air Products and Chemicals Auftrieb geben.
Inländische Hersteller
Biden wie auch schon Trump haben in grossem Umfang Zölle zum Schutz der US-Industrie eingesetzt. Es wird jedoch erwartet, dass eine neue Trump-Administration noch wesentlich protektionistischer vorgehen wird. Als Kandidat der Republikaner brachte Trump Zölle in Höhe von 60 Prozent oder mehr auf alle chinesischen Waren und die Idee eines allgemeinen Zolls von mindestens zehn Prozent ins Gespräch. «Der Sektor der zyklischen Konsumgüter ist in diesem Umfeld besonders gefährdet», resümieren die UBS-Analysten. Helfen könnten die US-Zölle auf chinesische Importe dagegen den heimischen Autoherstellern wie Ford und General Motors sowie Stahlproduzenten wie Nucor und Steel Dynamics. Angesichts des scharfen Wettbewerbs mit China in der Halbleiter-Industrie erwartet die UBS zudem, dass eine zweite Trump-Regierung die Unterstützung für inländische Halbleiterhersteller wie Applied Materials, KLA Corp, Intel und Texas Instruments vorantreiben wird.
Mit Trump verbandelte Aktien
Sollte Trump das Rennen um das Weisse Haus für sich entscheiden, dürften die Aktien der mit ihm verbundenen Unternehmen nach Expertenansicht zulegen. Dazu gehören die Papiere seiner Medienfirma Trump Media & Technology oder die Aktien des Softwareentwicklers Phunware. Dieser war 2020 bei Trumps Wahlkampagne beauftragt worden, eine Handy-App zu entwickeln. Auch die Titel der bei den US-Konservativen beliebten Video-Sharing-Plattform Rumble dürften von Trump 2.0 profitieren.
Gefängnisbetreiber
Da Trump versprochen hat, als nächster US-Präsident hart gegen illegale Einwanderung vorzugehen und die Verbrechensbekämpfung zu verschärfen, sehen Börsianer auch US-Gefängnisbetreiber wie Geo Group und CoreCivic im Falle eines Wahlsieges des Republikaners hoch im Kurs. Der Bedarf an Haftplätzen könnte unter Trump 2.0 steigen.
Arzneimittelhersteller & Versicherungen
Die UBS sieht in einer von den Republikanern dominierten Regierung ein geringeres Risiko von Preissenkungen bei Arzneimitteln wie auch eine stärkere Beteiligung privater Krankenversicherungen bei staatlichen Leistungen. Dies sollte den Arzneimittelherstellern Eli Lilly und Merck sowie Krankenversicherern wie Humana und UnitedHealth zugutekommen.
Landwirtschaft
Angesichts der Aussicht auf eine Verschärfung des Zollstreits mit China unter Trump rechnen Börsianer damit, dass die Landwirte in einem möglichen Handelskrieg mehr staatliche Unterstützung für verlorene Exporte erhalten werden. Diese Initiativen könnten Landmaschinenherstellern und -zulieferern wie Deere and Co und Tractor Supply Company helfen, prognostizieren die UBS-Analysten.
(Reuters)
2 Kommentare
Nochmals 4 Jahre Trump wären desaströs.
Würde Trump gewählt, bekämen die Amerikaner einen Egomanen ausser Rand und Band, der die Rechtsstaatlichkeit der USA weiter aushöhlen und die demokratischen Institutionen beseitigen wird, damit er seine Vorstellung von einer autokratischen Regierung durchsetzen kann. Davon wird kein einziges, ich wiederhole, kein einziges Unternehmen profitieren.
Trump will die Steuern senken. Das geht nur, wenn er den Haushalt massiv reduziert und Schulden abbaut. Das wiederum bedeutet, dass viel weniger in Infrastruktur, Ausbildung, Rüstung und Wirtschaftsprogramme investiert wird. Rückläufige Investitionen in Rüstung betreffen viele grosse US Unternehmen und noch viel mehr deren mittelgrossen Zulieferer. Auch SpaceX würde davon betroffen sein, weil Aufträge und Subventionen des Staates ausblieben. Die USA hat heute schon eine marode Infrastruktur, nicht mal die reichen Städte sind noch in der Lage Ersatzinvestitionen im notwendigen Umfang zu tätigen. Infrastruktur und Ausbildung sind Basis jeder erfolgreichen Volkswirtschaft. Wo man landet, wenn man die vernachlässigt, sieht man beispielsweise in Deutschland (Infra) und Italien (Bildung).
Um die staatlichen Kosten zu senken, wird Trump auch Sozial- und Gesundheitsleistungen abbauen und die Migrationspolitik so verändern, dass weniger Migranten in die USA gelangen und viele, die bereits in den USA sind, zurückgeschafft oder zur Ausreise "motiviert" werden. So werden der USA Wirtschaft aber günstige Arbeitskräfte entzogen, was gleichermassen zu einem Mangel an Arbeitskräften als auch zu steigenden Arbeitskosten für tiefer qualifizierte Arbeiten führt (klassischer Nachfrageüberhang nach Arbeitskräften). Gleichzeitig werden auch weniger Sozialabgaben und weniger Steuern bezahlt.
Trump möchte die einheimische Wirtschaft stärken, indem er Zollbarrieren hochzieht. Damit verteuert er Importprodukte, damit diese im Inlandsmarkt teurer werden, als die - teuer - selbst produzierten US-Produkte. Und ja, dann werden Amerikaner US Autos kaufen. Aber zu sehr viel höheren Preisen als vorher. Das heisst, sie werden deutlich weniger Autos kaufen, als vorher. Wir werden sehen, ob US-Unternehmen dann mehr Autos als zuvor verkaufen. Sicher ist aber, dass weniger Menschen ein Auto kaufen und haben und die anderen dafür mehr bezahlen. Bleiben die Löhne stabil, wird das Haushaltsbudget für andere Investitionen oder Konsum kleiner - es entsteht also eine Verschiebung von Budget. Unter dem Strich wird eine solche Massnahme einen negativen Effekt auf die Lebenshaltungskosten der Amerikaner haben.
Kurzum: Trump hat null Ahnung von Makroökonomie und wird den USA nicht nur politisch sondern auch wirtschaftlich einen ordentlichen Schaden zufügen. Und wie immer, wenn die USA einen Schnupfen bekommt, bekommt der Rest der Welt eine Erkältung.