Schaut man auf die Performance von Schweizer Immobilienaktien in diesem Jahr, fallen zwei Dinge besonders auf: Erstens zeigt sich eine ungewöhnlich hohe Diskrepanz zwischen den einzelnen Titeln. Zwischen dem Top-Performer Fundamenta Real Estate (+16,6 Prozent) und dem Schlusslicht Swiss Prime Site (SPS, -26,5 Prozent) liegen Welten. Zweitens fällt auf, dass mit SPS und PSP Swiss Property zwei Werte ganz hinten liegen, die zuvor stets zu den stabilsten Performern unter den Immobilienaktien galten. Gerade für SPS, die grösste kotierte Immobiliengesellschaft der Schweiz, ist das Absacken der Aktie in diesem Jahr recht übel.
Immobilienaktien tun sich in diesem Jahr aber generell schwer. Der Schweizer Branchenindex "SXI Real Estate All Shares" der Schweizer Börse SIX, der 16 Immobilienaktien umfasst, liegt 12,5 Prozent tiefer als zu Jahresbeginn. Der Gesamtmarkt, gemessen am Swiss Performance Index (SPI), notiert mittlerweile wieder fast exakt auf dem Niveau von Anfang Jahr.
Die vergleichsweise schlechte Performance von Immobilienwerten muss aber auch vor dem Hintergrund eines besonders guten letzten Jahres gesehen werden. "Im letzten Jahr erreichten Immobilienaktien höhere Prämien als Immobilienfonds, das ist normalerweise umgekehrt", sagt Pascal Furger, Aktienanalyst von Vontobel, auf Anfrage von cash. Angetrieben durch tiefe Zinsen, die Immobilien tendenziell immer in die Hände spielen, überragten Schweizer Immobilienaktien im Jahr 2019 den ohnehin schon boomenden Gesamtmarkt. Kursgewinne wurden unter den Immobilienwerten praktisch auf breiter Front verzeichnet.
Ausgelöst durch die Corona-Krise ging 2020 die Schere zwischen den einzelnen Titeln dann aber massiv auseinander. Der Grund: Die Ausrichtung der Portfolien der einzelnen Immobiliengesellschaften. "Gerade bei Immobilienfonds sieht man, wie gross derzeit die Bewertungskluft zwischen Wohn- und Kommerzimmobilien ist", sagt Ken Kagerer, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB).
Performance Schweizer Immobilienaktien in diesem Jahr
Titel | Performance seit 1.1.20 |
Fundamenta Real Estate | +16,6 Prozent |
Peach Property | +13,6 Prozent |
Warteck Invest | +11,6 Prozent |
Investis | +9,4 Prozent |
Plazza | +4,6 Prozent |
Intershop | +3,5 Prozent |
Mobimo | +1,1 Prozent |
Cham Group | +1,1 Prozent |
Zug Estates | -0,75 Prozent |
Swiss Fin & Prop | -0,8 Prozent |
Allreal | -2,5 Prozent |
Züblin | -3,7 Prozent |
Hiag | -8,3 Prozent |
Varia US Properties | -8,7 Prozent |
Ina Invest Holding | - 16,2 Prozent* |
PSP Swiss Property | -17,5 Prozent |
Swiss Prime Site (SPS) | -26,5 Prozent |
Quelle: cash.ch (Stand 04.12.20).*Erst seit 12. Juni 2020 an der Schweizer Börse kotiert.
Das heisst: Gesellschaften, die überwiegend in Wohnimmobilien investiert sind, sind in der Corona-Krise bisher mit einem blauen Auge davon gekommen. Ganz nach dem Motto "Gewohnt wird immer" hat sich dieses Marktsegment in der Pandemie als äussert robust erwiesen.
Unter den grossen vier Gesellschaften (SPS, PSP, Mobimo, Allreal) konnten vor allem Mobimo (+1,1 Prozent) und Allreal (-2,5 Prozent) durch einen vergleichsweise hohen Anteil von Wohnimmobilien im Portfolio die Verluste in diesem Jahr begrenzen. "Allreal ist zudem vorbildlich im Leerstandmanagement positioniert", sagt Kagerer. Die Leerstände befinden sich auf absoluten Tiefstwerten.
Die Kleinen im Hoch – Problem des illiquiden Markts
Vor allem aber ragen kleinere Immobiliengesellschaften wie Fundamenta Real Estate (+16,6 Prozent) und Peach Property (+13,6 Prozent) in diesem Jahr heraus. Beide sind stark im Markt für Mietwohnungen im mittleren Preissegment engagiert. Allerdings herrscht bei Investments bei kleinen Schweizer Immobilienaktien jenseits der "Grossen Vier" das Problem der Illiquidität, was oft den Preis einer Aktie verzerren kann. Grosse Teile der Aktien werden oft von einzelnen Grossinvestoren gehalten. "Die relative Illiquidität ist bei solchen Aktien für institutionelle Investoren teilweise problematisch. Verkaufen lassen sich grössere Positionen meist schon, die Frage ist nur, zu welchem Preis", sagt Kagerer.
Sich auf die grossen Titel zu fokussieren, mindert daher die Risiken eines illiquiden Markts für Privatanleger. Allerdings: Mit PSP Swiss Property (-17,5 Prozent) und Swiss Prime Site (SPS, -26,5 Prozent) legen ausgerechnet die beiden grossen Player unter den Schweizer Immobilienaktien die schlechteste Jahresperformance hin. Beide sind stark auf Gewerbeimmobilien ausgerichtet, was sich in der Corona-Krise als Risiko herausstellt. Die Pandemie beschleunigt bestehende Trends zur Heimarbeit und Online-Shopping.
Das übt Druck auf die Preise von Büro- und Detailhandelimmobilien. "Bei SPS kommt erschwerend hinzu, dass die Gesellschaft stark im Retailgeschäft vertreten ist", sagt Kagerer. SPS generiert verglichen mit anderen Gesellschaften einen relativ hohen Anteil der Mieteinnahmen mit Verkaufsflächen wie dem Warenhaus Jelmoli. Auch einige Stadthotels gehören zum Portfolio. "Für diese Bereiche ist das Sentiment aktuell weniger vorteilhaft ", so der ZKB-Experte. Er rät daher, auch bei SPS weiterhin vorsichtig zu bleiben. "Zudem ist SPS auch selbst als Retailer aktiv. Dies schätzt der klassische Immobilieninvestor tendenziell nicht."
Auch PSP ist mit seinem Engagement in Büroliegenschaften, welches etwa zwei Drittel des Portfolios ausmacht, vergleichsweise hart von der Pandemie betroffen. Das Geschäftssegment ist klar konjunkturanfälliger als Wohnliegenschaften. Trotzdem gelten Büroliegenschaften bei Experten noch als die bessere Option unter den Gewerbeimmobilien. Trotz des Trends zum Home-Office glauben Experten, dass es Arbeitnehmer weiterhin schätzen werden, ein paar Mal die Woche ins Büro gehen zu können. "PSP ist im Geschäftsimmobilienbereich sehr gut aufgestellt und verfügt zudem über eine starke Bilanz", sagt Kagerer.
Kommt der Rebound bei Gewerbeimmobilien?
Wie soll man sich als Anleger jetzt positionieren? Für Kagerer sind die Risiken bei Büroimmobilien in den Kursen möglicherweise schon zu einem grossen Teil eingepreist. "Die Bewertung von Büroimmobiliengefässen könnten bei einem längerfristigen Horizont mittlerweile schon attraktiver als von Wohnimmobiliengefässen sein." Wer auf eine Erholung bei den Büroimmobilien setzen möchte, soll laut Kagerer die PSP-Aktie der SPS-Aktie vorziehen. "Neben der guten Positionierung bei Büroliegenschaften machen der Fokus auf Innenstadt-Lagen und ein gutes Management PSP zu einem abgerundeten Investment Case", so der ZKB-Analyst.
Bei den kleineren Gesellschaften findet der Vontobel-Analyst die Investis-Aktie trotz bereits guter Jahresperformance (+9,5 Prozent) interessant. "Die Gesellschaft besitzt Mietwohnungen, deren Preise 15 Prozent unter Marktwert liegen." Hier könne es durch eine Renovierung der Liegenschaften, welche anschliessend zu einem höheren Preis vermietet werden können, noch weiteres Aufwärtspotenzial geben.