Eine Wahl Donald Trumps, entgegen der Voraussagen der meisten Umfragewerte, hätte die Aktienmärkte laut Experten ins Chaos stürzen sollen. Doch so war es nicht. Stattdessen liessen sich die Börsen in den vergangenen vier Wochen von Trumps geplanter Ausgabenpolitik und seinem wirtschaftsliberalen Ton inspirieren.
Höhere Infrastrukturausgaben und weniger Regulation werden die Unternehmensgewinne antrieben, war die Erwartung. Und damit die Aktienmärkte weltweit. Auch die Schweiz spürte den Trend klar. Mit Trumps Wahl neigten sich die Märkte vermehrt zyklischen Aktien zu. Die Lust am Risiko steigt, und entsprechend sinkt die Vorliebe für defensive Titel. Verunsicherung und stagnierende Volkswirtschaften hatten Investoren jahrelang in Wachstumsaktien mit stabilen Geschäftsgang und hohen Dividenden getrieben.
Für die Schweizer Indizes SMI und SPI mit ihren drei defensiven Schwergewichten Roche, Novartis und Nestlé bietet dieses Szenario an sich keine gute Ausgangslage. Das ist auch der Grund dafür, weshalb die Indizes in den vier Wochen nach der Trump-Wahl kaum dazugewinnen konnten. Die Performance beträgt je 0,3 Prozent. Für gewisse Einzeltitel hat sich die Trump-Rally aber durchaus gelohnt. Einige Aktien haben mehr oder weniger deutlich von einer Anschubhilfe durch den "president elect" profitiert - und einige definitiv nicht. Ein Überblick:
Adecco
Die Aktie des weltweit grössten Vermittlers von Temporärjobs konnte seit der Trump-Wahl 9 Prozent zulegen. 20 Prozent des Umsatzes stammen aus Nordamerika. Und dies könnte in den letzten Wochen die Fantasien der Anleger angeregt haben: Adeccos Gewinn stammt etwa zur Hälfte von der produzierenden Industrie, welche durch vermehrte Infrastrukturprogramme einen Schub erleben könnte.
Doch den Anstieg nur auf Trump zurückzuführen, wäre etwas zu einfach. Vor allem gegen Ende des dritten Quartals setzte eine Umsatzbeschleunigung ein. Dieser leichte Aufschwung könnte mit der generellen Tendenz einer Besserung der globalen Wirtschaftskonjunktur zusammenhängen. Wenn Aufbruchsstimmung herrscht, stellen Unternehmen zunächst Temporärmitarbeiter an - und bei Adecco brummt als Folge das Geschäft. Der Titel bleibt für Anleger weiterhin spannend.
UBS
Der Kurs der UBS hat sich innerhalb von vier Wochen um 15 Prozent erhöht. Finanztitel hatten seit dem Wahltag generell einen guten Lauf. So hat der MSCI World Banks Index innerhalb eines Monats um 8,5 Prozent zugelegt. Die Erwartung besteht klar, dass nach acht Jahren demokratischer Dominanz in der US-Regierung die Regulierung gegenüber der Finanzbranche gelockert wird. Trumps bisherige Ernennungen für sein Kabinett deuten darauf hin, dass er mit betont wirtschaftsfreundlichen Republikanern regieren will.
Bei der UBS spielt aber auch eine Rolle, dass sie Ende Oktober wenige Tage vor den Wahlen in den USA ein Drittquartalsresultat vorlegte, dass operative Verbesserungen zeigte. Barclays etwa attestiert der grössten Schweizer Bank auch, dass sie dank verbesserten Produkt- und Dienstleistungsplattformen Wachstumspotential aufbaue. In der Vermögensverwaltung erhalten Kunden über diese Plattformen einen erheblich besseren Zugang zu allen globalen Anlagekategorien als bisher. Neugeldzuflüsse könnten sich dadurch verstärken.
Credit Suisse
Der Aufschwung von Finanzaktien hat auch der Credit Suisse genützt. Die Aktie steigerte ihren Kurs um 17 Prozent. Die CS-Investmentbank dürfte davon profitieren, dass die Aussichten für die Finanzmärkte generell besser sind - vor allem in den derzeit verbreiteten Ausblicken für 2017. Einen Kursanstieg ausgelöst hat aber auch der Investorentag vor zwei Tagen: Allein schon die Erwähnung von Sparmassnahmen belebt die Fantasie der Anleger. Was der CS-Aktie derzeit schliesslich auch zu Kursgewinnen verhilft, ist ihre Unterbewertung.
Bremser und Stolpersteine bei den globalen Grossbanken - zu denen man UBS und CS nach wie vor zählt - sind weiterhin Rechtsfälle. Bei diesen besteht allerdings die Einschätzung, dass eine Trump-Administration mit kriminellen Bankmachenschaften milder umgehen wird könnte, als dies bisher in Washington der Fall gewesen ist.
SMI: Die Top- und Flop-Aktien seit 9.11.16
Beste Titel | Performance, in % | Schlechteste Titel | Performance, in % |
Actelion | +45 | Roche | -7 |
Credit Suisse | +17 | Novartis | -7 |
UBS | +15 | LafargeHolcim | -5 |
Julius Bär | +9 | Geberit | -3 |
Adecco | +9 | Nestlé | -1 |
Swatch | +8 | Swisscom | 0 |
Syngenta | +7 | ABB | +1 |
Zurich | +5 | Richemont | +1 |
Swiss Life | +3 | Givaudan | +2 |
Swiss Re | +2 | SGS | +2 |
Quelle: cash.ch, Stand 8. Dezember 2016
Nestlé
Der Nahrungsmittelkonzern galt eigentlich als grosser Verlierer der "trumpschen" Sektorenrotation: Anleger zogen ihr Geld weg von defensiven Sektoren und setzten stattdessen auf Titel, welche von der sich abzeichnenden Inflation und den höheren Zinsen profitieren. Doch der Fall war nur kurz: Innerhalb von vier Börsentagen nach der Trump-Wahl verloren die Nestlé-Titel beinahe 5 Prozent. Tiefer ging es seither nicht mehr. Nestlé-Anleger hoffen nun auf einen Kursanstieg im neuen Jahr, wenn Ulf Mark Schneider den langjährigen CEO Paul Bulcke ablösen wird.
Novartis und Roche
Für Pharma- und Gesundheitsunternehmen war die Nicht-Wahl Hillary Clintons zunächst eine Erleichterung. Die Demokratin hatte durchblicken lassen, sich als US-Präsidenten für Preissenkungen stark zu machen. Entsprechend legten die Titel der Pharmariesen Novartis und Roche an der Börse am Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses (9. November) um 4 beziehungsweise 5 Prozent zu. Doch die Euphorie der Aktionäre ist inzwischen mehr als nur verblasst: Mit einer Performance von je minus 7 Prozent sind die beiden Pharma-Schwergewichte gar die beiden grössten Verliereraktien im SMI seit der Trump-Wahl.
Aber schon zuvor war die Abwärts-Tendenz da, auch wenn selbst Trump nach seiner Wahl mit Preissenkungen für Medikamente in den USA drohte. Seit Jahresbeginn haben die beiden Titel je 21 Prozent an Wert eingebüsst – damit sind sie auch stark dafür verantwortlich, dass der gesamte SMI in diesem Jahr 10 Prozent nachgegeben hat. Der defensive Pharmasektor liegt bei den Anlegern einfach nicht im Trend.
Auch die Drittquartalszahlen der beiden Basler Konzerne fielen eher durchzogen aus. Bei Novartis ist es die etwa die Augensparte Alcon, die noch nicht richtig Tritt fasst. Auch ablaufende Patente bereiten sorgen. Man befindet sich in einer Übergangsphase und hofft, im nächsten Jahr dank neuen Medikamenten wieder etwas besser in die Gänge zu kommen. Auch Roche hat einiges in der Pipeline, etwa eine vielversprechende Krebs-Therapie. Beide Firmen scheinen für die Zukunft gerüstet zu sein und sind mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis 2017 zwischen 13 und 14 eher günstig bewertet. Hinzu kommt die Dividendenrendite von je knapp 4 Prozent.
SPI: Die Top- und Flop-Aktien seit der Trump-Wahl
Beste Titel | Performance, in % | Schlechteste Titel | Performance, in % |
Cicor Technologie | +26 | Meyer Burger | -65 |
EFG International | +17 | Accu | -37 |
Bobst | +14 | Kuros | -31 |
Comet | +12 | Zehnder | -26 |
Ams | +12 | Zwahlen & Mayr | -19 |
Sulzer | +11 | Addex Therapeutic | -19 |
BC Jura | +9 | Orascom | -18 |
Cassiopea | +8 | Swissquote | -15 |
Air Tech Group | +8 | Santhera | -15 |
Edisun Power | +7 | Molecular Partners | -14 |
Quelle: cash.ch, Stand 8. Dezember 2016
Sulzer
Sulzer gehört zu den Aktien, die sicherlich vom Aufschwung zyklischer Aktien profitiert haben. Der Winterthurer Technologiekonzern steigerte sich an der Börse innerhalb der letzten vier Wochen um 10,5 Prozent. Der Kurs hat sich allerdings schon seit einem absoluten Tiefpunkt im April um 38 Prozent nach oben entwickelt, was das gewachsene Anlegervertrauen gegenüber dem neuen CEO Grégoire Poux-Guillaume spiegelt.
39 Prozent – Stand Mitte 2016 – des Umsatzes erwirtschaftet Sulzer in Nord- und Südamerika. Für eine Sanierung der US-Infrastruktur wäre der Anlagenbauer gut gerüstet. Ein steigender Ölpreis und allenfalls eine weniger strikte Aufsicht des Ölgeschäfts würde der Sulzer-Pumpendivision Aufträge bringen. Zuletzt hat Sulzer mit dem Zukauf des Gasturbinenservices von Rotec, einer Firma, die sich vor allem auf Russland ausrichtet. Die wirtschaftliche Lage scheint sich nach mehreren Krisenjahren derzeit zu entspannen. Zudem hofft Moskau auf bessere West-Beziehungen durch Trump.