Nachdem die Börsen am Montag kräftig erschüttert wurden, beginnt sich der Staub zu legen - zumindest kurzfristig. Drei aufeinanderfolgende Tage von heftigen Kursverlusten seit der Ankündigung der US-Importzölle enden mit einem vorläufigen Minus von knapp 13 Prozent im Swiss Leader Index (SLI) und von fast 12 Prozent im Swiss Performance Index (SPI).

In dieser Phase haben besonders die defensiven Titel brilliert. Doch auch Aktien, bei denen der Anlegerfokus auf unternehmensspezifischen Faktoren liegt, konnten sich dem Abwärtstrend mehrheitlich entziehen. Manche Aktie hat sogar um eine durchschnittliche Jahresperformance besser abgeschnitten als die volatileren Pendants.

«Safety First»

Swisscom und Lindt&Sprüngli haben sich in den vergangenen drei Börsentagen bis Montag besonders gut behauptet. Für Swisscom-Aktionäre resultiert ein Minus von nur 2,2 Prozent, während Inhaber der Lindt&Sprüngli-Papiere einen Verlust von 3,6 Prozent verzeichnen. Auf Jahressicht liegen die Lindt-Aktien damit weiterhin mit über 10 Prozent im Plus - die Swisscom-Titel liegen auf der Gewinnschwelle.

Die Performancedifferenz zwischen beispielsweise Swisscom und dem breiten Markt lässt sich sehen. Eine 10-prozentige Überperformance in drei Tagen ist nicht nur beachtlich, sondern auch Ausdruck der Anlegerflucht in sichere Anlagen. Auffällig dabei: Die «Gewinner» der letzten Tage haben ein geringes oder kein Zollrisiko.

Somit dürfen sich auch die SLI-Komponenten Schindler, Nestlé, Geberit, Givaudan und SIG zu den «Gewinnern» zählen. Sie alle werden weniger von den Zöllen als von der abschwächenden US-Wirtschaft getroffen und verfügen damit nur über das «halbe» Risiko. Die Verluste liegen zwischen 6,7 Prozent und 8,1 Prozent. Nestlé, Schindler und Geberit befinden sich damit in diesem Jahr weiterhin in der Gewinnzone - Nestlé mit 12 Prozent.

Unternehmensspezifische Eigenschaften und Grösse

Im Swiss Performance Index schaffen es neun Titel auf Kursgewinne. Zu dieser Gruppe gehören die beiden Regionalbanken Hypothekarbank Lenzburg und die Thurgauer Kantonalbank. Ihre Geschäfte sind kaum vom globalen Handelskonflikt betroffen. 

Der geringe Marktwert der beiden Unternehmen macht sie zudem immun gegenüber Kollateralschäden vom Ausverkauf ganzer Anlagesektoren. Während der Stoxx 600 Bank Index 20 Prozent innerhalb der vergangenen drei Tage verlor - das ist der höchste Verlust seit Beginn der Aufzeichnungen - legten die beiden Regionalbanken um 1 und 0,4 Prozent zu.

Ebenfalls an Wert zugelegt haben die Biotech-Aktien Curatis (+7,4 Prozent), Addex (+5,5 Prozent), Relief Therapeutics (+1,7 Prozent), die Immobiliengesellschaft Züblin (+2,8 Prozent), der Gastronomiekonzern Villars (+1,7 Prozent) und der Vermögensverwalter GAM (+0,7 Prozent).

Bei diesen kleinstkapitalisierten Gesellschaften - die ebenfalls davon profitieren, nicht in Sektorenprodukte einbezogen zu sein - geht es besonders um unternehmensspezifische Faktoren und Risiken.

Der Erfolg kleiner Biotech-Unternehmen hängt einzig und allein von einem möglichen Durchbruch bei der Produktentwicklung ab. Die Immobiliengesellschaft Züblin mit Objekten ausschliesslich in der Schweiz und Fokus auf Zürich ist abhängig von der Leitzinsentwicklung der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Steigen die Chancen auf eine Rezession in den USA, sinken die Zinsen auch hierzulande. GAM wiederum befindet sich in einem Restrukturierungsprozess, und bei Villar liegt der Fokus aufgrund der geringen Grösse und geografischen Fokussierung auf der fundamentalen Geschäftsentwicklung.

Wie sich diese Aktien während einer Erholung verhalten werden, ist derzeit schwierig abzuschätzen. Bei den Large-Caps dürfte Kapital zugunsten risikoreicherer und wachstumsstärkerer Anlagen wieder abfliessen und die beschriebene Überperformance relativieren. 

Bei den Small- oder Micro-Caps dürften unternehmensspezifische Einflussfaktoren weiterhin die Oberhand behalten. Entwickeln sich die Geschäfte dieser Unternehmen weiter positiv, dürfte die jetzt gewonnene Überperformance beibehalten werden. Doch sind die Unsicherheiten und damit verbundenen Risiken bei diesen Unternehmen hoch.

Luca_Niederkofler
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