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"Sell in May and go away, but remember to come back in September." Ins Deutsche übersetzt heisst das in etwa soviel wie: Verabschiede Dich im Mai von den Aktienmärkten und kehre erst im September wieder zurück. So will es eine alte Börsenweisheit - in Anlehnung an saisonale Verhaltensmuster. Wer ihr vor gut vier Wochen Folge leistete, der verpasste allerdings einen der stärksten Börsenmonate seit Jahren. Um nahezu 4 Prozent ging es für den Swiss Market Index (SMI) nämlich nach oben. Mit einem Plus von gut 5 Prozent schnitten die Aktien mittelgrosser Unternehmen sogar noch besser ab. Der Swiss Market Index Midcap (SMIM) gewann mehr als 5 Prozent.

Treibende Kraft hinter diesen Kursgewinnen ist nicht die Unternehmensgewinnentwicklung, sondern vielmehr die Aussicht auf eine zusätzliche Geldschwemme, orchestriert durch die führenden Zentralbanken. Präsident Donald Trump scheint nun sogar die Entscheidungsträger bei der amerikanischen Notenbank weichgeklopft zu haben. Die Frage ist mittlerweile nicht ob, sondern vielmehr wann Notenbankpräsident «Jay» Powell die erste Leitzinsreduktion seit dem Höhepunkt der Finanzkrise der Jahre 2008/09 bekannt gibt.

Mit anderen Worten: In den letzten vier Wochen hat sich die Entwicklung der Aktienkurse in der Schweiz noch weiter von jener der Gewinnerwartungen abgekoppelt. Während die Aktienkurse stiegen, waren die Gewinnerwartungen rückläufig.

Egal ob Kühne+Nagel, ABB oder Credit Suisse - die Liste der Unternehmen, bei denen Analysten im Vorfeld der Berichterstattung für das erste Halbjahr quasi in letzter Minute noch den Rotstift ansetzen, wird von Tag zu Tag länger. Und noch ist die Berichterstattung nicht angelaufen. Nicht auszuschliessen, dass die Schätzungen im Anschluss daran gleich noch einmal reduziert werden müssen. Denn der Franken bleibt stark und die Wirtschaft verliert in vielen Weltregionen an Schwung.

Verhält es sich mit der wachsenden Diskrepanz zwischen den Aktienkursen und den Gewinnerwartungen wie mit dem Schuldenproblem Europas und der Vereinigten Staaten, dann lindert die "Politik des billigen Geldes" die Symptome - während die Ursachen beziehungsweise die Probleme munter vor sich hin schwelen.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018-19,1 Prozent-   8,8 Prozent
2019*+16,9 Prozent+21,9 Prozent

* Schlusskurse vom 28. Juni 2019

Mit der berühmt-berüchtigten Sommerflaute ist am Schweizer Aktienmarkt - trotz saisonal eher dünnen Handelsvolumina - deshalb wohl nicht zu rechnen. Vielmehr wird der Juli für so manche Überraschung gut sein. Wobei an dieser Stelle erwähnt sei, dass den zukunftsgerichteten Aussagen der Unternehmen ein höheres Gewicht als den harten Zahlenfakten beigemessen werden dürfte.

Da erstaunt es wenig, dass sich mächtige ausländische Grossinvestoren wie etwa der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock seit Wochen neu aufstellen. Die heissgelaufenen hiesigen Indexschwergewichte Nestlé, Roche und Novartis werden reduziert. Auch bei anderen sicheren Häfen wie den Valoren von Givaudan oder Alcon befinden sich Blackrock und Co. auf dem Rückzug. Der Verkaufserlös fliesst zum einen an konjunkturabhängigere Börsenplätze wie etwa Frankfurt oder aber in hiesige Zykliker.

Aus Schweizer Sicht gilt es dieses im Fachjargon auch Sektorrotation genannte Phänomen genauestens im Auge zu behalten. Denn noch immer sind die Valoren von Nestlé, Roche und Novartis bei Swiss Performance Index (SPI) und Swiss Market Index (SMI) für zwischen 50 und 60 Prozent der Gesamtkapitalisierung verantwortlich. Damit steigt und fällt die Gesamtmarktentwicklung im weiteren Jahresverlauf mit den drei Schwergewichten.

Aktienentwicklung nach Börsenkapitalisierung seit Dezember 2010 zeigt Aktien von Unternehmen mit einer Börsenkapitalisierung von mehr als 100 Milliarden Dollar in der Führungsrolle (Quelle: Société Générale)

Erst vor wenigen Tagen veröffentlichten die für kleine und mittelgrosse Schweizer Unternehmen verantwortlichen Analysten der UBS ein ziemlich interessantes Strategiepapier zum Thema Aktionärswertschaffung. Während neben dem Börsendebütanten Stadler Rail auch Logitech, VAT Group, Ems Chemie, Temenos, Inficon und Sika die Bestenliste der letzten fünf Jahre anführen, bilden AMS, Aryzta, Kudelski, Comet, Autoneum oder Schmolz+Bickenbach die Schlusslichter.

Dass die Sieger der Erhebung zu den besten Aktien der letzten Jahre und die Aktien der Schlusslichter zu den relativen Verlierern zählen, spricht Bände - und zeigt: An der Börse wird die Schaffung von Aktionärswerten durchaus honoriert. Spannend wäre noch zu wissen, ob auch die Arbeitgeberin der UBS-Analysten in den letzten fünf Jahren Aktionärswerte generieren konnte...

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel    21'784,96  
ABB N500  19,73    9'795,00-       70,00-   0,71 Prozent
Bâloise N75134,00  12'960,00+ 2910,00+28,96 Prozent
LafargeHolcim N25040,10  11'917,50+ 1892,50+18,88 Prozent
Sika N85123,00  14'161,00+ 3706,00+35,45 Prozent
Swatch Group I37266,70  10'341,50+    473,60+  4,80 Prozent
UBS N850  11,76    9'860,00-     136,00-   1,36 Prozent
Georg Fischer N17790,00  15'861,00+ 1951,00+14,03 Prozent
Siegfried N30332,00  10'200,00+    240,00+  2,41 Prozent
      
Total  116'880,96 +16,88 Prozent

* Schlusskurse vom 28. Juni 2019

Nun heisst es aber erst einmal: Asche über mein eigenes Haupt. Denn die letzten vier Wochen bescherten meinen Ende Dezember kommunizierten Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2019 nicht den erhofften Auftrieb. Die Performance verbesserte sich im Juni zwar von 13,6 auf 16,9 Prozent, was erfreulich ist. Allerdings steht dieser Zahl ein um fast 22 Prozent höherer SPI gegenüber.

Diese Differenz ist ziemlich enttäuschend und zeigt mir, wie schwierig es ist, schon nur mit dem breiten Markt Schritt halten zu können. Was immer ich in den letzten Wochen und Monaten bei den Aktienfavoriten auch umstellte und machte - ich komme einfach auf keinen grünen Zweig. Damit bin ich wohl aber nicht völlig alleine.

Auch mit dividendenstarken Aktien liess sich im Juni nicht punkten. Mit einer Performance von 14,2 Prozent hinken die Dogs of the SMI sowohl dem SPI als auch den Schweizer Aktienfavoriten hinterher.

Dass hohe Dividendenrenditen nicht vor Kursrückschlägen schützen, zeigt die Zwischenbilanz bei den Dogs of the SMI. Mit einer durchschnittlichen Rendite von 10,6 Prozent hinkten sie sowohl dem SPI, als auch den Schweizer Aktienfavoriten hinterher. Und selbst die Mitte Dezember gekürten Turnaround-Kandidaten warten mittlerweile mit einem eher enttäuschenden Plus von 15,3 Prozent auf.

Aktuelle Positionen «Dogs of the SMI»

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel    1'856,68  
Adecco N22045,9312'905,20+ 2800,60+27,72 Prozent
LafargeHolcim N24540,5011'679,15+ 1756,65+17,70 Prozent
Swisscom N20469,70  9'802,00+   408,00+   4,34 Prozent
Swiss Re N11090,1210'916,40+ 1003,20+ 10,12 Prozent
UBS N81512,24  9'454,00-    517,52-    5,19 Prozent
Zurich Insurance N35293,1011'896,50+ 1638,00+15,97 Prozent
      
Total  66'509,93 +14,18 Prozent

* Schlusskurse vom 28. Juni 2019

Performance kosteten zuletzt vor allem die Aktien von LafargeHolcim. Zuerst drückte die Angst vor einer weiteren Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China auf die Kursentwicklung, dann die Beteiligungsreduktion durch den früheren Holcim-Ankeraktionär Thomas Schmidheiny. Im Zuge der Platzierung eines Teilpakets und der Auslagerung weiterer Aktien in ein Derivatkonstrukt dürfte der Stimmenanteil der Schmidheinys von 10,9 auf 7,2 Prozent schmelzen.

Es war der frühere Holcim-Ankeraktionär, der vor vier Jahren mit einem Aktienkurs von 100 Franken oder mehr für den Zusammenschluss von Holcim mit der französischen Lafarge warb. Dass er nun zu Kursen von weniger als 50 Franken auf einem Teilpaket Kasse macht, macht die damalige Aussage nicht gerade glaubwürdiger.

Allerdings stütze ich mich in meiner Zuversicht für die Papiere des Weltmarktführers aus Jona weiterhin auf den beeindruckenden Leistungsausweis von Firmenchef Jan Jenisch bei seinem früheren Arbeitgeber Sika ab. Jenisch drückt auch LafargeHolcim seinen persönlichen Stempel auf. So überrascht mich nicht, dass sein neuer Arbeitgeber als aussichtsreicher Interessent für das Bauchemiegeschäft von BASF gehandelt wird. Sofern der Preis stimmt, würde ich einen akquisitionsbedingten Vorstoss ins hochmargige Bauchemiegeschäft sehr begrüssen.

Dass Holcim einst über Jahre hinweg um Sika buhlte, jedoch nie zum Zuge kam, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Der Baustoffhersteller ist längst eine Erfolgsgeschichte, die in der Schweiz ihresgleichen sucht. Ob sich Sika unter dem Dach des Zementherstellers ähnlich gut entwickelt hätte, wage ich stark zu bezweifeln.

Aktuelle Positionen «Turnaround-Kandidaten»

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel  12'886,30  
ABB N500  19,73  9'795,00-      70,00-   0,71 Prozent
Aryzta N8'580    1,17  9'601,02-    298,97-   3,99 Prozent
Ascom N780  12,84  9'968,40-      46,80-   0,47 Prozent
Autoneum N73137,3010'263,80+   240,90+  2,40 Prozent
DKSH N168  59,55  9'609,60-    394,80-   3,95 Prozent
Implenia N300  33,78  8'670,00- 1464,00- 14,45 Prozent
Klingelnberg N295  33,8510'059,50+     73,75+  0,74 Prozent
      
Total  80'853,62 +15,27 Prozent

* Schlusskurse vom 28. Juni 2019

Von den beiden Neuzugängen UBS und Swatch Group wussten bisweilen nur die Aktien der Swatch Group zu überzeugen. Sie profitierten einerseits von besser als erwartet ausgefallenen Schweizer Uhrenexporten im Mai, andererseits aber auch von versöhnlicheren Tönen im Handelsstreit zwischen Washington und Peking rund um den G20-Gipfel im japanischen Osaka.

Die eigentliche Enttäuschung sind die Valoren der UBS. Entgegen meinen Hoffnungen konnte Firmenchef Sergio Ermotti seinen Karriereabend bei der grössten Schweizer Bank nicht mit einer Verschmelzung der Vermögensverwaltung mit dem deutschen Fondsgiganten DWS krönen. Je nach Struktur eines solchen Zusammenschlusses hätte die UBS einen milliardenschweren Buchgewinn verbuchen können.

Die Papiere sind am unteren Ende des langjährigen Handelsbandes angelangt und zählen mit einer Dividendenrendite von fast 6 Prozent zu den Dividendenaristokraten im SMI. Regelmässige Leserinnen und Leser wissen, dass ich eigentlich nicht viel von Bankaktien halte. Mit etwas Geduld könnte sich ein Engagement für Anleger allerdings bezahlt machen.

Bisherige Transaktionen

DatumTitel AnzahlKurs Total
28.12.2018Sika NKauf85123,00Franken10'455,00-
28.12.2018LafargeHolcim NKauf25040,10Franken10'025,00-
28.12.2018Nestlé NKauf25078,80Franken19'950,00-
28.12.2018Bâloise NKauf75134,00Franken10'050,00-
28.12.2018Siegfried NKauf30332,00Franken9960,00-
28.12.2018Georg Fischer NKauf12790,00Franken9480,00-
07.01.2019AMS IKauf7519,795Franken1484,63-
07.01.2019Aryzta NKauf1'2301,2155Franken1495,07-
07.01.2019U-blox NKauf1979,90Franken1518,10-
07.01.2019GAM NKauf1'2303,994Franken1497,75-
07.01.2019Meyer Burger NKauf2'2000,68Franken1496,00-
07.01.2019Kudelski IKauf2605,70Franken1482,00-
07.01.2019Autoneum NKauf10153,40Franken1534,00-
28.01.2019AMS IVerkauf7527,93Franken2094,75+
28.01.2019GAM NVerkauf3754,49Franken1683,75+
01.02.2019Kudelski IVerkauf2606,46Franken1679,60+
04.02.2019Meyer Burger NVerkauf2'2000,85Franken1870,00+
04.03.2019U-blox NVerkauf1994,70Franken1799,30+
04.03.2019Nestlé NVerkauf12590,96Franken11'370,00+
06.05.2019ABB NKauf50019,73Franken9865,00-
05.06.2019Nestlé NVerkauf125100,24Franken12'530,00+
05.06.2019Autoneum NVerkauf10128,90Franken1289,00+
05.06.2019Aryzta NVerkauf1'2301,15Franken1414,50+
05.06.2019Georg Fischer NKauf5886,00Franken4430,00-
05.06.2019UBS NKauf85011,76Franken9996,00-
05.06.2019Swatch IKauf37266,70Franken9867,90-

 

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