Marktexperten zeigen sich skeptisch, ob die jüngste Rallye an den europäischen Börsen in den kommenden Börsentagen weitergehen kann. «Nach einer weiteren Rekordwoche drängt sich die Frage auf, woher die Anleger diesen Optimismus nehmen. Schliesslich sind die Risiken nicht weniger, sondern mehr geworden», schreiben etwa die Experten der Helaba. Problematisch sei unter anderem die von US-Präsident Donald Trump in Gang gesetzte Zollwelle und der jüngste Anstieg der US-Inflation.

Der Start ins neue Börsenjahr ist den europäischen Börsen gelungen. Während der deutsche Dax mit einem Kursplus von über 13 Prozent notiert, sind der französische Leitindex Cac 40, der paneuropäische Stoxx 600 und der Swiss Market Index (SMI) zwischen 9,4 und knapp 12 Prozent im Gewinn. Der SMI legte den besten Jahresstart in den letzten 25 Jahren hin. Der US-Leitindex S&P 500 kommt in der gleichen Zeitperiode lediglich auf ein Plus von 3,5 Prozent.

Einen Schub lieferten der Dax-Rekordrally in der alten Woche Trumps Pläne für Friedensgespräche im Ukraine-Krieg mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Mark Dowding, Chefanleger beim Vermögensverwalter RBC BlueBay, mahnt zur Vorsicht. «Es besteht die Gefahr, dass Trump vielen Forderungen Putins zustimmt und es ein schlechtes Abkommen für die Ukraine und ihre europäischen Verbündeten wird.» So könne die EU verpflichtet werden, die Kosten für die künftige Sicherheit und den Wiederaufbau der Ukraine zu tragen, ohne dass sie in die Gespräche einbezogen werde. Dies berge die Gefahr, dass die ohnehin schon angespannten Beziehungen zwischen den USA und den EU-Mitgliedstaaten weiter belastet werden.

Auch die schwächelnde heimische Konjunktur liefert Experten zufolge keine Begründung dafür, dass der Dax ausgerechnet in diesem Jahr den zweitbesten Start aller Zeiten aufs Parkett gelegt hat. Das Plus seit Januar beträgt mittlerweile stolze elf Prozent, auf Wochensicht steuerte der deutsche Leitindex bei einem Stand von 22.540 Punkten am Freitagmittag einen Wochengewinn von 3,5 Prozent an. Nach dem Fall der 22.000-Punkte-Marke rückt damit die nächste runde Rekordmarke zumindest in Sichtweite.

Fed-Protokolle im Blick

Die laufende Rally könnte damit ihren Zenit demnächst erreicht haben, schreiben die Experten der LBBW. Bereits am Montag dürften den europäischen Börsen wichtige Impulse fehlen, da die Wall Street wegen des President's Day geschlossen bleibt. Langfristig könnte ein möglicher Dämpfer Analysten zufolge auch von geldpolitischer Seite kommen, falls Trumps Zölle die Teuerung in den USA zusätzlich ankurbeln würden. Dies dürfte letztendlich dazu führen, dass die US-Notenbank Fed nicht nur die Zinsen nicht weiter senkt, sondern sogar wieder Anhebungen ins Kalkül zieht.

Im Fokus in der neuen Woche steht daher unter anderem die Veröffentlichung der Protokolle der Fed-Sitzung im Januar. Kurz nach Trumps Amtsantritt ging die US-Notenbank in Warteposition. Auch bei weiteren Entscheidungen hat sie laut Fed-Chef Jerome Powell «keine Eile», das Zinsniveau weiter zu reduzieren. Die Mitschriften dürften zeigen, wie die Währungshüter die Chancen und Risiken erneuter geldpolitischer Lockerungen gewichten.

Doch auch der monatliche Ablauf der US-Optionen am Freitag dürfte Händler beschäftigen. Da der Handel mit Optionen eine immer prominentere Rolle an den US-Märkten eingenommen hat, können die Tage unmittelbar vor dem sogenannten Opex (für «options expiry») zu erhöhter Volatilität aufgrund einer Umpositionierung in neue Kontrakte und einer von Option angetriebenen Preisbewegungen führen.

Zugleich blicken Börsianer auf weitere Konjunkturdaten, die zusätzliche Hinweise auf die nächsten Schritte der Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) liefern könnten. Am Dienstag steht mit den ZEW-Konjunkturerwartungen von Börsenexperten hierzulande ein wichtiger Frühindikator für Februar an. Am Donnerstag rückt der Philly-Fed-Index aus den USA ins Rampenlicht, zudem stehen die Januar-Zahlen zu den heimischen Produzentenpreisen auf dem Plan. Am Freitag folgen die Einkaufsmanagerindizes für Deutschland, die Euro-Zone und die USA im Februar. Im Euroraum dürfte das kombinierte Barometer für die Industrie und den Dienstleistungssektor Experten zufolge nur geringfügig steigen. Hintergrund sei die Tatsache, dass es sich zuletzt besser entwickelt hatte als die nationalen Umfragen, erläutert Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer.

Bilanzsaison nimmt Fahrt auf

Der Fokus der Berichtssaison verlagert sich mittlerweile von den USA auf Europa. Im Laufe der Woche öffnen unter anderem MTU Aero, Airbus und Mercedes-Benz ihre Bücher. Bei den europäischen Firmen legen unter anderem Renault und Air Liquide ihre Zahlen vor. Am Donnerstag lädt Siemens Energy seine Aktionäre zur Hauptversammlung ein. Diese dürften mit der Kursentwicklung mehr als zufrieden sein: Seit Jahresbeginn haben die Papiere rund 24 Prozent zugelegt.

In der Schweiz steht am Montag die ausserordentliche Generalversammlung von Swiss Steel zur Dekotierung der Aktien an. Am Dienstag werden Oerlikon, Siegfried, Also, Basilea und Temenos die Ganzjahresergebnisse vorlegen. Am Mittwoch stehen mit EFG, Straumann und Glencore weitere Resultate aus der zweiten Reihe an. Am Donnerstag und Freitag beenden die drei Blue-Chips-Unternehmen Zurich Insurance, BKB und Sika mit der Publikation der Gesamtjahresergebnisse 2024 eine intensive Woche.

(cash/Reuters)