In der letzten Septemberwoche hat ein Verwaltungsratsmitglied des Baustoffkonzerns Holcim Aktien im Wert von 6,1 Millionen Franken veräussert, wie aus Angaben der Börsenaufsicht SIX Exchange Regulation (SER) hervorgeht. Schon Mitte September verkaufte ein Holcim-Geschäftsleitungsmitglied ein Aktienpaket im Wert von 946'000 Franken. Das Total - etwas mehr als sieben Millionen Franken - macht nur einen Bruchteil des Börsenwertes aus. Dieser beläuft sich auf zirka 47 Milliarden Franken. Zudem lief in den letzten Jahren ein umfangreicheres Vergütungsprogramm, sodass die nun getätigten Veräusserungen nicht unbedingt überraschen müssen.

Allerdings: Aus dem Markt sei zu vernehmen, die Management-Transaktionen hätten auf die Stimmung der Anleger gedrückt, berichtet die Nachrichtenagentur AWP. Rein zeitlich fallen die Verkäufe mit tieferen Kursen der Holcim-Aktien zusammen. In den Tagen nach der Transaktion über 6,1 Millionen Franken sanken die Papiere von über 85 auf unter 82,50 Franken - eine dreiprozentige Korrektur. Eine weniger starke Abwärtsbewegung gab es, nachdem der Verkauf des kleineren Aktienpakets bekannt wurde.

Allerdings wäre es wohl vermessen, die Kursschwankungen allein auf die Transaktionen zurückzuführen. Die Papiere des Baustoffkonzerns notieren gegenwärtig auf einem Mehrjahreshoch. Allein seit Anfang Jahr haben sie 25 Prozent zugelegt - und schnitten damit klar besser ab als der Swiss Market Index, der knapp neun Prozent gestiegen ist. Nahe liegt insofern, dass manch ein Holcim-Investor Gewinne mitgenommen hat. Holcim zählt ausserdem zu den Zyklikern, ist folglich anfällig auf schwache Konjunkturdaten. Solche gab es in der zweiten Septemberhälfte durchaus. Laut aktuellen Umfragen gehen die meisten Unternehmen des Bauhauptgewerbes von gleich bleibender oder ungünstiger werdender Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten aus. Für die US-Wirtschaft gehen Konjunkturforscher von einer schwächeren Dynamik aus, während sie für Europa eine moderate, aber keine deutliche Erholung erwarten.

Trotz Aktienverkäufen durch Top-Führungskräfte und mauer Kursentwicklung der vergangenen Wochen: Die Chancen für Holcim und seine Aktionäre stehen nicht schlecht. Die zuständige Analystin der Investmentbank Jefferies erwartet für das dritte Quartal ein Gewinnwachstum auf Stufe EBIT von 9,3 Prozent. Verbessert haben dürften sich die Margen in Europa und in Nordamerika. Mit einem Kursziel von 85,60 Franken und einem «Halten»-Rating bewegt sich Jefferies im Mittelfeld der Expertenmeinungen. Die Empfehlungen «Kaufen» und «Halten» überwiegen, es gibt nur zwei «Sell»-Ratings. Folglich haben Anleger kaum Anlass, Aktien abzustossen, wie die Holcim-Manager es getan haben. 

Straumann-Management: Aktien für 20 Millionen Franken verkauft

Beim Dentalimplantathersteller Straumann haben Verwaltungsratsmitglieder seit Mitte September umfangreiche Aktienpakete abgestossen: Bei der SER sind drei Verkäufe im Gesamtwert von über 20 Millionen Franken verzeichnet. Das ist viel, gemessen an der Gesamtvergütung des strategischen Leitungsorgans in Höhe von 2,5 Millionen Franken. Im Verhältnis zur Marktkapitalisierung - rund 22 Milliarden Franken - fallen die Verkäufe in Millionenhöhe allerdings kaum ins Gewicht. Straumann möchte die Transktionen auf Anfrage nicht kommentieren.

Jedenfalls hat der Markt nicht negativ reagiert. Mit Ausnahme einer Abwärtskorrektur um den 20. September herum sind die Straumann-Papiere im September vor allem gestiegen: Vom Tief bei 116 Franken auf über 138 Franken in der Spitze. Sie sind damit wieder näher an das Zweijahreshoch bei 151,50 vom April herangerückt.

Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 71 ist die Aktie markant teurer als beispielsweise die Papiere von Branchennachbar Zimmer Biomet. Deren KGV liegt bei 20. Skeptisch stimmen auch fünf Verkaufsempfehlungen, die mit Kurszielen von 120 Franken und weniger einhergehen. Allerdings: Laut Bloomberg-Daten dürfte Straumann bis 2026 Jahr für Jahr ein Umsatz- und Gewinnwachstum erzielen. Dazu passen die positiven Analystenstimmen. Der Experte des Investmenthauses Stifel veranschlagt das Kursziel mit 175 Franken und stuft die Straumann-Aktien mit «Kaufen» ein. Er schliesst sich acht seiner Berufskollegen an, die ebenfalls eine Kaufempfehlung abgegeben haben. 

Für das Technologieunternehmen Sensirion hat die SER in jüngerer Vergangenheit beinahe täglich Verkaufsmeldungen publiziert. Die Aktienpakete hatten meistens einen Wert zwischen 20'000 und 45'000 Franken. Die aktuellen Verkäufe seien im Vergleich zu den vorhandenen Aktienposition der Top-Führungskräfte nicht signifikant, sagt Lars Dünnhaupt, Leiter Investor Relations, auf Anfrage. «Beim Verkauf achten wir auf die Kursentwicklung und platzieren nur kursschonende Verkäufe über die Börse.» Die Veräusserungen machten jeweils nur rund einen Zehntel des täglichen Handelsvolumens aus. Patrick Laager, Analyst der Privatbank Berenberg, bestätigt: «Die Veräusserungen scheinen eher klein und trotz deren Häufung unwesentlich.» 

Aus dem Kursverlauf ist denn auch kein bestimmender Einfluss auf die Aktie ersichtlich. Allein schon der Kurssprung von letzter Woche schliesst eine solchen Zusammenhang aus. Trotz anhaltender Verkäufe durch das Management war die Aktie von unter 64 auf über 73 Franken gestiegen. Massgebend war hier ein positiver Analystenkommentar der UBS. Der zuständige Experte stufte die Aktie von «Sell» auf «Buy» und schraubte das Kursziel von 68 auf 84 Franken hoch. Es bedeutet ein über 16-prozentiges Aufwärtspotenzial gegenüber den gegenwärtigen Notierungen, die bei rund 72 Franken liegen.

Zwei kleinere und zwei grössere Verkäufe gab es in der zweiten Septemberhälfte bei der Bank Vontobel. Der Vermögensverwalter kommentiert sie auf Anfrage nicht. Relevante Signale für Anleger gingen indes eher von der Übernahme der IHAG Privatbank. Vontobel erwartet, dass sich die Transaktion vom ersten Tag an positiv auf den Reingewinn auswirkt. Am Tag nach der Bekanntgabe folgte von der Zürcher Kantonalbank (ZKB) die Einstufung «Marktgewichten». Die ZKB stimmt damit in den Tenor anderer Experten ein: Die meisten empfehlen «Halten».

 

 

 

Reto Zanettin
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