Nach einem unterdurchschnittlichen 2024 ist die Schweizer Börse fulminant in das neue Jahr gestartet. Zwar können die Schweizer Leitindizes kurz vor Abschluss des ersten Quartals die Gewinne nicht halten, das bisherige Kursplus lässt sich dennoch sehen. Der Jahresauftakt gehört zu den sechs besten Starts seit dem Jahr 1990.
Nur der deutsche DAX schneidet mit über 13 Prozent noch etwas besser ab als der Swiss Market Index (SMI) mit knapp 10 Prozent Gewinn - Deutschlands Konjunkturpaket lässt grüssen. Während der britische FTSE 100 nur eine halb so hohe Performance wie der SMI aufweist, notieren die US-Indizes oder der Nikkei im Jahresverlauf im Minus. Der paneuropäische Stoxx 600 kommt selbst mit deutscher und Schweizer Unterstützung nur auf etwas mehr als 7 Prozent.
Das bisherige Anlagejahr war trotz seinem noch jungen Alter turbulent. Geprägt durch die täglichen Tweets von US-Präsident Donald Trump und seinem Zickzack-Kurs im Zollkonflikt gegen den Rest der Welt haben Experten sowie Anleger ihren Ausblick für die US-Wirtschaft nach unten angepasst. Gleichzeitig führte die Grundgesetzänderung in Deutschland zu einem Umdenken: Deutschland und Europa haben nun die Möglichkeit, aus der langjährigen Wachstumsschwäche auszubrechen. Diese fundamentalen Stimmungsschwankungen und deren Tempo haben dazu geführt, dass sichere Anlagen im ersten Quartal gefragt waren. Schweizer Aktien gehörten dazu.
SMI: Grosse Gewinne und wenige Verlierer
Die Flucht der Anleger in sichere Anlagen zeigte sich besonders bei den drei Index-Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis. Roche legten den besten Jahresstart der vergangenen 25 Jahren hin, die Novartis-Papiere avancierten bis knapp unter das Allzeithoch vom September 2024, und Anleger entdeckten die Nestlé-Aktien nach einem über zweijährigen Abgabedruck erneut für sich - der eingepreiste Pessimismus schien übertrieben. Werden Dividendenabgänge mitberücksichtigt - bei Novartis und Roche haben die Ausschüttungen bereits stattgefunden - notieren die Aktien aller drei Unternehmen mit Kursgewinnen zwischen 14 und 20 Prozent im zweistelligen Plusbereich.
Aktien: Gewinner und Verlierer im Swiss Market Index im ersten Quartal 2025.
Besonders bei den Valoren von Nestlé war die Aufwärtsbewegung beeindruckend. Nachdem das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bis Ende Januar bis unter 16 gefallen war und damit ein historisch niedriges Bewertungsniveau erreicht hatte - nur während der Finanzkrise war das KGV noch tiefer -, konnten die über den Markterwartungen liegenden Finanzergebnisse die schlimmsten Befürchtungen beseitigen. Trotz Gegenwinde bewies Nestlé erneut seine Stabilität und Verlässlichkeit.
Der Markt reagierte mit abermaligen Kurssprüngen und bescherte den Nestlé-Valoren die grössten Kursgewinne im SMI. Unternehmensanalysen wurden von dieser Entwicklung überrascht und der Marktkonsens hat sich punkto Rating und Kursziel seit Jahresanfang nur unwesentlich verändert. Für neue Impulse dürfte die Generalversammlung am 16. April und die Quartalsergebnisse am 24. April sorgen.
Ein vergleichbarer Verlauf war beim fünftgrössten Indexgewicht - Richemont - zu beobachten. Trotz der für den Luxusgütermarkt problematischen China-Schwäche konnte Richemont mit der Publikation des Quartalsabschlusses die Markterwartungen übertreffen und Ängste beschwichtigen. Im Jahresverlauf legten die Aktien des Luxusgüterkonzern um bis zu 35 Prozent zu - derzeit notieren sie 16 Prozent in der Gewinnzone und erzielen die zweithöchsten Kursgewinne im SMI.
Die Aussichten für Richemont sind weiterhin intakt. Seit der Veröffentlichung der Ergebnisse haben acht Analysten ihre Empfehlung um mindestens eine Stufe erhöht. Derzeit raten 19 Experten zum Kauf, während elf mit einem «Halten» etwas vorsichtiger sind. Ein Analyst empfiehlt, die Aktien zu verkaufen.
Ebenfalls für Freude haben die Schweizer Versicherer gesorgt. Swiss Re, Swiss Life und Zurich avancieren um circa 15 Prozent und gehören wie schon im letzten Jahr zu den Top-Performern. Für den sonst stiefmütterlich behandelten Versicherungssektor sind die Gesamtrenditen seit Anfang 2024 aussergewöhnlich. Inklusive Dividendenrendite kommen beispielsweise die Swiss-Re-Aktionäre auf eine Gesamtperformance von fast 70 Prozent in nur 15 Monaten. Die Swiss-Life-Papiere haben in dieser Hausse-Phase sogar das Allzeithoch vom Jahr 2000 hinter sich gelassen.
Das Verliererfeld im Schweizer Leitindex SMI fällt indes bescheiden aus - nur vier Titel büssen an Wert ein. Die grössten Kursverluste mit gut 12 Prozent verzeichnen die Aktien von Sonova. Ein zunehmender Konkurrenz- sowie ein Margendruck belasten den Geschäftsgang des Hörgerätespezialisten. Zwar setzt Sonova grosse Hoffnung auf neue KI-gestützte Produkte, doch hat die Konkurrenz bereits ebenfalls KI-fähige Geräte vorgestellt - jedoch von kleinerer Grösse. Anleger orientieren sich deshalb neu.
Ebenfalls einen Rückschlag mussten die Papiere von Givaudan hinnehmen und sind auf Jahressicht etwa 4,5 Prozent unter Wasser. Bis im Herbst vergangenen Jahres legte der Aktienkurs fast 70 Prozent zu. Beim Aromen- und Riechstoffhersteller, der für wenig schwankungsanfällige Wachstumsraten und ein gut prognostizierbares Geschäftsmodell bekannt ist, schienen zukünftige Ergebnisse bis zur Perfektion eingepreist zu sein. Viele Experten betrachteten deshalb die Aktien als ausgereizt. Nach einer Bewertungskorrektur befinden sich die Valoren nun seit mehreren Monaten in einer Seitwärtsbewegung. Der Kurszielkonsens liegt nur leicht über dem oberen Ende dieser Seitwärtsbewegung.
SPI: Hockrisiko-Aktien und Wachstumstitel
Die Hälfte der Rangliste der besten und schlechtesten Aktien im Swiss Performance Index (SPI) besteht aus Hochrisiko-Titeln mit kleiner Kapitalisierung. Bestes Beispiel ist HOCN - das ehemalige Hochdorf. Nachdem das operative Geschäft aufgrund einer aussichtslosen Schuldenlage an Private-Equity-Investoren verkauft wurde, verbleibt an der Börse eine Hülle. Das Unternehmen befindet sich in der Nachlassstundung und wird abgewickelt werden. Seit dem 20. März haben Gläubiger 30 Tage Zeit, ihre Forderungen beim Sachwalter anzumelden.
Aktien: Gewinner und Verlierer im Swiss Performance Index im ersten Quartal 2025.
Doch auch für solche Unternehmen findet sich ein Markt - sogenannte «Highly Distressed Securities». Sie gehören zu den risikoreichsten, denn sie befinden sich kurz vor der Liquidation. Die Kursvolatilität ist ein Zeuge davon und ein Kursplus von über 260 Prozent in nur drei Monaten überrascht wenig. Wer dieses Handwerk beherrscht, kann daraus Profit schlagen - für alle anderen Anleger dürfte es in einem Verlust enden.
Airesis, Evolva, Zwahlen & Mayr, Perrot Duval und CI COM gehören ebenfalls zu den kleinstkapitalisierten Werten mit weniger als 10 Millionen Franken. Etwas mehr bringen zwar SHL Telemedicine, Meyer Burger, Relief Therapeutics und Wisekey International mit 30 bis 50 Millionen Franken auf die Waage. Doch wie bei der ersten Gruppe ist der Handel von tiefer Liquidität geprägt. Enorme Kursschwankungen sind somit die Regel.
Ob sich fundamentale Gründe hinter den hohen Kursschwankungen verbergen oder wie der Markt die Zukunftsaussichten einschätzt, ist bei diesen Titeln oft schwer abzuschätzen. Üblicherweise werden sie von keinem Finanzanalysten abgedeckt und die Nachrichtenlage ist weniger ausführlich als bei höher kapitalisierten Unternehmen. Investoren müssen in viel Eigenarbeit die Details klären - dafür ist die Wahrscheinlichkeit von noch nicht eingepreisten Über- oder Unterbewertungen deutlich höher als bei den liquideren Marktalternativen.
Die drittbeste Performance legen die Aktien des Technologieunternehmens Cicor hin. In diesem Jahr steigen sie um über 60 Prozent - auf Jahresbasis knapp 170 Prozent. Sie gehören damit zu den sechs Schweizer Aktien, die in den vergangenen zwölf Monaten den Kurs mehr als verdoppelt haben.
Ebenfalls zu den diesjährigen Top-Performern gehören die Aktien vom Medizintechniker Medartis sowie vom Sensorenhersteller Sensirion. Wie auch Cicor handelt es sich bei den beiden Unternehmen um Wachstumstitel. Bei Medartis wird bis 2027 mit einem Umsatzwachstum von weiteren 50 Prozent gerechnet, während sich der Gewinn pro Aktie nahezu verdoppeln dürfte. Drei Viertel der Analysten raten beim Medizintechniker deshalb zum Kauf und sehen weiteres Gewinnpotenzial von knapp 19 Prozent in den kommenden zwölf Monaten.
Sensirion dürfte die Übergangsphase durchgestanden haben. Nachdem 2024 wie schon 2023 ein Verlust eingefahren wurde, erwarten Experten für dieses Jahr stark steigende Gewinne. Bis 2027 dürfte der Gewinn pro Aktie von heute minus 1,87 Franken auf 2,70 Franken steigen.
Sowohl bei Medartis wie auch bei Sensirion sorgten die jüngsten Ergebnispublikationen für Kurssprünge. Die Aktien des Sensorenherstellers aus Stäfa stiegen in diesem Zusammenhang in der ersten Märzwoche um fast 40 Prozent.