Die weltweiten Aktienmärkte befinden sich seit geraumer Zeit in einem Spannungsfeld zwischen Inflationsängsten und Wachstumseuphorie. Während im April noch ersteres dominiert hatte, rücken seit Anfang Mai die Konjunkturhoffungen in den Anleger-Fokus. So hob die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Wachstumsprognose für die Welt erst kürzlich von 4,2 auf 5,8 Prozent an.

Die Wachstumsaussichten hoben nicht nur der US-Leitindex Dow Jones, sondern auch der Swiss Market Index (SMI) auf Rekordniveaus. Diese Entwicklung hat jedoch nicht alle Schweizer Titel in gleicher Weise erfasst. Während Swiss Steel, Rieter oder Richemont in den letzten vier Wochen bis zu 44 Prozent in die Höhe geschossen sind, blieben zahlreiche interessante Aktien zurück. Mehr noch: Einige Titel haben gar empflindliche Rückschläge hinnehmen müssen.

Die folgenden fünf Schweizer Titel bieten aufgrund der gesunkenen Kurse je nach Risikoprofil eine gute Möglichkeit, um einzusteigen oder den Bestand aufzustocken.

Alcon - Langfristiges Potenzial

Ende April haben die Aktien des Augenheilspezialisten Alcon nach einem stetigen Aufstieg seit September ein Allzeithoch bei 70,34 Franken erreicht. Darauf folgte Anfang Mai mit dem Zahlenkranz zum ersten Quartal ein abrupter Absturz um 13 Prozent. Von diesem Einbruch haben sich die Aktien trotz leichter Zugewinne noch nicht erholt.

Kursverlauf der Alcon-Aktien seit einem Jahr (Quelle: cash.ch).

Der Kursrücksetzer ist erstaunlich, hat der schweizerisch-texanische Pharmakonzern in den ersten drei Monaten des Jahres den Umsatz gegenüber dem Vorjahresquartal um knapp 5 Prozent auf 1,91 Milliarden Dollar gesteigert. Die Marktakteure störten sich vielmehr daran, dass das organische Wachstum lediglich 2 Prozent betrug. Der daraus resultierende Kursrücksetzer kommt aber Anlegerinnen und Anlegern entgegen, die bei Alcon auf eine Einstiegschance gewartet haben. Denn zahlreiche Marktbeobachter sprechen dem Augenheilspezialistien ein erhebliches langfristiges Wachstumspotenzial zu. 

Dieser positive Ausblick widerspiegelt sich auch in den von Bloomberg aufgeführten Ratings: Vierzehn "Buys" stehen neun "Holds" und zwei "Sells" gegenüber. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 72 Franken. Das entspricht gegenüber dem aktuellen Kurs einem Aufwärtspotenzial von 14 Prozent.

SoftwareOne - Ist die Durststrecke bald zu Ende?

Trotz des starken organischen Wachstums von SoftwareOne, dem weltgrössten Wiederverkäufer von Microsoft-Produkten, im 2020 waren Anlegerinnen und Anleger mit den vorgelegten Jahreszahlen Ende März unzufrieden. Der Betriebsgewinn enttäuschte. Allein am Berichtstag am 25. März verloren die Aktien sage und schreibe 19 Prozent. Von diesem Kurssturz haben sich die Aktien nicht erholen können, sie schlitterten im Gegenteil noch weiter in die Tiefe - auf das Niveau von Ende Oktober.

Kursverlauf der SoftwareOne-Aktien seit einem Jahr (Quelle: cash.ch).

Diese Negativspirale beim Aktienkurs ist umso schwieriger nachzuvollziehen, da das Stanser Unternehmen mit den Jahreszahlen einen guten Ausblick für 2021 präsentiert hat. Ausserdem soll die Dividendenausschüttungsquote im Bereich von 30 bis 50 Prozent des bereinigten Jahresgewinns zu liegen kommen.

Für die Aktien des IT-Dienstleisters spricht zudem folgende Tatsache: Gegenüber den Konkurrenten wie Bechtle, Cancom oder Softcat sind die Aktien attraktiv bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt bei 22, bei der Konkurrenz zwischen 29 und 38. Und auch die von Bloomberg befragten Analysten haben ihre Kursziele nach den Jahreszahlen nur unwesentlich nach unten geschraubt. Im Durchschnitt sehen diese einen langfristigen Aktienkurs von 28 Franken als realistisch an. Gegenüber dem jetzigen Kursniveau entspricht dies einem Ertragspotenzial von 28 Prozent. 

Barry Callebaut - Grosses Interesse trotz Kursflaute

In der zweiten Jahreshälfte 2020 zeigte die Tendenz bei den Aktien von Barry Callebaut trotz einigen Rücksetzern aufwärts. Und auch im neuen Jahr hat sich diese Geschichte fortgesetzt. Bis die Aktionäre von Barry Callebaut am 28. April einen kleinen Schocker wegstecken mussten: Die Hauptaktionärin Jacobs Holdings hatte über Nacht ein 10 Prozent schweres Aktienpaket platziert. Als Folge ging es innerhalb von drei Handelstagen um 8 Prozent in die Tiefe. Seither tendiert der Aktienkurs seitwärts.

Kursverlauf der Barry-Callebaut-Aktien seit einem Jahr (Quelle: cash.ch).

Schon Ende April sprachen Händler wegen des Kursrücksetzers beim Kakao- und Schokoladeproduzenten, der im Business-to-Business-Bereich tätig ist, von einer "klaren Kaufgelegenheit". Denn durch die Platzierung ist der Teil der frei handelbaren Aktien gestiegen, was den Titel attraktiver macht. 

Bereits im November 2019 stiess Jacobs einen Anteil von rund zehn Prozent ab  - der Abschlag wurde damals innert Wochen aufgeholt. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten ist seit Ende April nicht gesunken, sondern von 2040 auf 2268 Franken gestiegen. Ein Zukauf erscheint auf dem aktuellen Niveau wenig riskant.

Dufry - Nur etwas für Mutige

Zwischen Oktober und Mitte März kannten die Aktien des Reisedetailhändlers Dufry nur eine Richtung: Aufwärts. Anlegerinnen und Anleger spekulierten mit dem Titel auf eine Wiedereröffnung des Reiseverkehrs nach Corona. Seither zeigt der Kursverlauf auch wegen der angestiegenen Fallzahlen in Asien in der Tendenz in die andere Richtung. 

Kursverlauf der Dufry-Aktien seit einem Jahr (Quelle: cash.ch).

Die Erstquartalszahlen vom 20. Mai zeigen deutlich, dass die Reiselust noch nicht wirklich zurück ist. Gegenüber dem Vorjahresquartal sank der Umsatz um 68 Prozent auf 460 Millionen Franken. Diese Deutlichkeit hatte auch die Analysten überrascht. Trotzdem bleibt Dufry einer der Schweizer Titel, mit dem Anlegerinnen und Anleger auf eine "Normalisierung" setzen können. Insbesondere, da Dufry mit Alibaba in Asien einen starken Partner zur Seite und in den vergangenen Monaten neue Flughafen-Konzessionen wie im nordenglischen Teeside gesichert hat.

Die Eigenkapitalquote bei Dufry ist mit gut 8 Prozent aber verschwindend klein. Dufry bleibt wegen der finanziell schwierigen Situation nur ein interessantes Investment für Mutige.

Aluflexpack - Kerngesunder Industrietitel

Von Anfang Juli 2020 bis Anfang Februar haben sich die Aktien des Verpackungsunternehmen Aluflexpack mehr als verdoppelt. Seither hat der Titel um 22 Prozent stark korrigiert, aber scheinbar bei gut 30 Franken einen neuen Boden gefunden.

Kursverlauf der Aluflexpack-Aktien seit einem Jahr (Quelle: cash.ch).

Aluflexpack stellt Filme, Folien und Behälter auf Basis von Kunststoffen und Aluminium her. Kunden sind Konsumgüterhersteller und Pharmaumternehmen. Ein Geschäft, das insbesondere im Konjunkturaufschwung gefragt ist, wie die Zahlen zum ersten Quartal zeigen. Organisch wuchs Aluflexpack um 9 Prozent. 

Neben dem Geschäftserfolg spricht auch die Eigenkapitalquote von knapp 62 Prozent für das Unternehmen aus dem basellandschaftlichen Reinach. Die Bewertung ist mit einem KGV von 46 hingegen hoch. Zudem halten Montana Tech und andere Grossaktionäre knapp 66,7 Prozent am Unternehmen. Die frei handelbaren Aktien sind deutlich in der Minderheit, was Investoren tendenziell abschreckt. Ein Zukauf ist auf dem aktuellen Niveau sicherlich nicht riskant, es könnte aber noch eine Weile dauern, bis die Aktien wieder nach oben gehen.

ManuelBoeck
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