Beim «Dividendenknick» handelt es sich um ein Phänomen, bei dem Aktien den Kursabschlag nach einem Dividendenabgang in kürzester Zeit wieder aufholen. Für Investoren bietet dies Chancen. Dividendenjäger kaufen die Aktien vor dem ex-Dividenden-Datum - das ist der Tag, an dem die Titel um den Dividendenabgang bereinigt handeln - und hoffen auf die Chance, gleich zweimal zu kassieren. Einmal die Dividende und ein anderes Mal den Kapitalgewinn. Dieses Phänomen lockt mit der Aussicht auf einen «schnellen und einfachen Gewinn».

Besonders in einem ruhigen Marktumfeld und einer Absenz von Unternehmensnachrichten wie Quartalsergebnisse scheint die Strategie aufzugehen. So zahlte beispielsweise Swiss Life am 17. Mai dieses Jahres eine nominelle Dividende von 33 Franken pro Aktie. Am Tag vor dem Dividendenabgang hatten die Valoren des Lebensversicherers bei 662,60 Franken ein 23-Jahres-Hoch markiert. Mit dem Dividendenabgang eröffneten die Aktien von Swiss Life um 30 Franken bei 632,6 Franken tiefer. Diesen Dividendenknick holten die Aktien bis Ende Juni wieder auf und notieren aktuell bei 671 Franken.

Kursverlauf von Swiss Life (in Franken)

Interessant ist jedoch die Kursrallye in den zwei Wochen vor dem Ex-Datum. Der Kurs avancierte um knapp sieben Prozent. Hätten Investoren die Aktien einen Monat vor dem Ex-Datum gekauft und die Position bis jetzt im Portfolio behalten, kommt auf eine Dividendenrendite von 5,2 Prozent ein Kursgewinn von 6,5 Prozent hinzu. Eine Performance von 11,4 Prozent in nur drei Monaten ist beachtlich. Wichtig erscheint indessen, dass während dieser Dauer Swiss Life keine Unternehmensergebnisse publiziert hat, die den Kursverlauf hätten beeinflussen können.

Die prominenten Dividendenzahler des zweiten Halbjahres

Gewinnausschüttungen bei Schweizer Unternehmen müssen vorgängig von der Generalversammlung (GV) genehmigt werden und werden üblicherweise zeitnah nach dem GV-Termin ausbezahlt. Da die Mehrzahl an Unternehmen an der Schweizer Börse die GV aufgrund des Bilanzstichtages und des Geschäftsjahres im Frühjahr abhalten, finden auch die Dividendenzahlungen in der ersten Jahreshälfte statt.

Es gibt jedoch einige prominente Ausnahmen: Ems-Chemie, Richemont und Logitech. Die Geschäftsjahre von Richemont und Logitech enden per Ende März und bei Ems-Chemie befindet sich der Stichtag Ende April. Aus diesem Grund finden GV und Dividendenzahlungen der drei Unternehmen in der zweiten Jahreshälfte statt.

  Dividende Rendite Ex-Datum Dividenden seit
Ems-Chemie 16,00 Franken 2,1 Prozent 15. August 20 Jahre
Richemont 3,50 Franken 2,5 Prozent 19. September 25 Jahre
Logitech 1,16 Franken 1,4 Prozent 25. September 12 Jahre

Daten: Bloomberg.

Richemont bezahlt seit mehr als 25 Jahren ununterbrochen eine Dividende. Bei Ems-Chemie sind es 20 Jahre. Richemont hat bis auf die Restrukturierung im Jahr 2009 und während der Pandemie die Dividenden stets erhöht. Ems-Chemie schüttet neben einer Basisdividende eine jährliche Sonderdividende aus. Diese passt sich dem volatilen Geschäftsmodell an und stellt sicher, dass mit den Ausschüttungen nie die Substanz angetastet wird. Die Ausschüttungsquoten sind fix und orientieren sich an den operativen Ergebnissen. Logitech nahm 2012 eine grosszügige einmalige Kapitalrückzahlung an die Investoren vor. Seit der Einführung einer ordentlichen Dividende im Jahr 2013 wird diese kontinuierlich erhöht.

Richemont mit Kursmomentum?

Richemont konnte eine erfolgreiche erste Jahreshälfte verbuchen. Während die Konkurrenten des Luxusgüterherstellers wie LVMH (-5,2 Prozent), Kering (-18,5 Prozent) oder Swatch (-17,8 Prozent) unter einer schwächelnden Nachfrage litten und die Aktienkurse teils deutlich Federn liessen, avancierten die Valoren von Richemont in diesem Jahr um knapp 21 Prozent.

Am 16. Juli werden die Erstquartalsumsätze erwartet. Analysten gehen gemäss Daten von Bloomberg von einem Umsatz von 5,271 Milliarden Euro aus. Das entspricht einem Umsatzrückgang von etwa einem Prozent. Trotzdem sehen Analysten in Richemont viel Potenzial. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 157 Franken mit 19 Kaufempfehlungen, dreizehn Halten und einer Verkaufsempfehlung. Sollte Richemont mit der Umsatzpublikation positiv überraschen, könnte ein anhaltendes Kursmomentum in das Ex-Datum genau das sein, was Dividendenjäger suchen.

  Ergebnisse Sommer Datum Generalversammlung Ex-Dividenden-Datum

Ergebnisse Herbst

Ems-Chemie 12. Juli 10. August 15. August Oktober
Richemont 16. Juli 11. September 19. September 08.11.
Logitech 23. Juli 04. September 25. September Oktober-November

Quelle: Bloomberg.

Ems-Chemie - Hoffnung dank Trendumkehr

Die Valoren des Spezialchemiekonzerns aus Graubünden befinden sich seit März in einer Aufwärtsbewegung und notieren knapp unter 800 Franken. Mit einem Kursplus von 27 Prozent befinden sie sich noch immer deutlich unter den Höchstkursen von über 1000 Franken im Jahr 2021.

Die Rahmenbedingungen der letzten vier Jahre waren für Ems-Chemie schwierig. Die zwei Hauptabsatzmärkte - die europäische Automobil- und Baubranche - stocken. Die markante Bewertungexpansion während der Pandemie hat sich etwas normalisiert, aufgrund hoher Margen und relativer Stabilität gegenüber der Konkurrenz. Die Ems-Chemie ist mit einem vorwärtsgerichteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 35 aber weiterhin hoch bewertet. Mit der aktuellen Trendumkehr im Geschäftsgang scheinen Investoren jedoch erneut Hoffnung zu schöpfen. Für dividendenorientierte Anleger wäre eine Bestätigung dieser Erwartungshaltung während der Ergebnispublikation am 12. Juli von Vorteil.

Logitech

Der Aktienkurs von Logitech ist seit Juni letzten Jahres wieder im Aufwärtstrend, nachdem die Titel unter einer Post-Covid-Müdigkeit gelitten haben. Dieses Jahr verzeichnen die Papiere ein Kursplus von 6,2 Prozent und schliessen damit an die Kursavancen von knapp 40 Prozent im letzten Jahr an.

Nach derart grossen Kursbewegungen sind die Analysten geteilter Meinung. Sechs Analysten sprechen für die Titel des Herstellers von Computerzubehör eine Kaufempfehlung aus, während fünf Analysten sie zum Verkauf empfehlen - acht Analysten sind mit einem «Halten» unentschlossen.

Zum optimistischen Lager gehört Goldman Sachs und liefert das höchste Kursziel mit 105 Franken. Der zuständige Analyst schreibt in seinem Update, dass sich nach der Neubewertung der Halbleiter-Titel in den letzten Monaten die Bewertungsmultiplikatoren für die Branche erhöhen. Das zyklische Momentum sei positiv und Logitech in Bereichen wie Videokommunikation, e-Sports und Gaming gut positioniert, um organisch zu wachsen. Der grosse Preiskampf in der Unterhaltungselektronik und die Spannungen zwischen den USA und China stuft Goldman Sachs als Risikofaktoren ein.

Weniger optimistisch sind hingegen Morgan Stanley und die Deutsche Bank. Beide empfehlen Logitech zum Verkauf und liegen mit einem Kursziel von 62 respektive 60 Franken deutlich unter dem Marktkonsens von 82,15 Franken. Logitech veröffentlicht am 23. Juli die Unternehmensergebnisse zum ersten Quartal. Starke Unternehmensergebnisse könnten dem Titel neue Impulse verleihen und den ein oder anderen Analysten zu einem Umdenken bewegen - für Dividendenjäger zweifelsohne ein wichtiges Ereignis.

Weitere Dividendenabänge im zweiten Halbjahr:

Unternehmen Datum Dividende Rendite
Carlo Gavazzi 2. August 8 Franken 2,9 Prozent
HBM 9. August 7,5 Franken 3,7 Prozent
Klingelnberg 22. August 0,5 Franken 2,8 Prozent
Perrot Duval 2. August 0,5 Franken 0,9 Prozent

Quelle: Bloomberg.