Die Konsumflaute in China macht Unternehmen weltweit zu schaffen. In der Volksrepublik müssen sie zudem häufig im Preiskampf mit den heimischen Rivalen Federn lassen. Die Luxusbranche trifft es dabei besonders hart, weil die wirtschaftlichen Sorgen sogar die wohlhabenden Chinesen den Gürtel enger schnallen lassen. Einige Firmen reagieren darauf, indem sie ihre Geschäfte in China zurückfahren.

Konzerne wie Hermes, L'Oréal, Coca-Cola, United Airlines, Unilever oder Mercedes-Benz erklärten, die Konsumlaune in China sei mau, da sich die Immobilienkrise hinziehe und auch die Jugendarbeitslosigkeit anhaltend hoch sei. Coca-Cola-Chef James Quincey sagte, das Marktumfeld in China sei weiter herausfordernd. «Die Wirtschaft kommt irgendwie nicht in Schwung.»

Im Zuge der Berichtssaison für das dritte Quartal sprechen mehrere Konzernchefs von einem schwierigen Geschäftsumfeld in China. Ermenegildo Zegna, Vorsitzender der gleichnamigen italienischen Luxusgruppe, geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die «schwierigen» Zeiten in China mindestens bis Anfang 2025 anhalten werden. Der weltgrösste Luxushersteller LVMH mit Marken wie Louis Vuitton, Christian Dior oder Hennessy verzeichnete wegen der schwachen Nachfrage in der Volksrepublik im dritten Quartal den ersten Umsatzrückgang seit der Corona-Pandemie. Der Vorstand erklärte, das Verbrauchervertrauen in China sei auf einem historischen Tiefstand.

Internationale Lebensmittelkonzerne wie Danone und Nestlé reagierten im Wettbewerb mit den chinesischen Wettbewerbern mit Preisnachlässen oder versuchten, ihr Online-Geschäft anzukurbeln. Der französische Kohlenstoffgraphit-Hersteller Mersen geht noch weiter und will seine Fabrik zur Herstellung von Antriebsprodukten in China schliessen, weil er mit der lokalen Konkurrenz nicht Schritt halten könne.

Fluggesellschaften kappten ihre Verbindungen nach Peking, die Lufthansa etwa strich ihre Flüge von Frankfurt in die chinesische Hauptstadt. Auch die US-Fluggesellschaften Delta Air Lines und United Airlines strichen Flüge. «Früher flogen wir, glaube ich, etwa zehn Flüge pro Tag nach China, und ich glaube, diese Zeiten sind vorbei», sagte Scott Kirby, Chef von United Airlines. Das Unternehmen bietet derzeit bis zu drei Flüge täglich von Los Angeles nach Shanghai an und geht nicht davon aus, dass sich daran bald etwas ändern wird. «Es ist einfach eine völlig andere Welt», so Kirby.

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Der Industrie macht das China-Geschäft ebenfalls zu schaffen. Der mehrheitlich zu Volkswagen gehörende Autobauer Porsche will wie Mercedes-Benz gegen die Flaute ansparen. Das Unternehmen kündigte an, sein Händlernetz in der Volksrepublik zu reduzieren. «China ist eine unglaubliche Herausforderung, nicht nur für Porsche», sagte Finanzvorstand Lutz Meschke. «In Zukunft können wir nicht mehr davon ausgehen, dass China für europäische Akteure wieder dorthin zurückkehrt, wo es war.» Die China-Schwäche drückte auch den Absatz beim grössten europäischen Autobauer Volkswagen ins Minus.

Der Chef des Schweizer Aufzugs- und Rolltreppenherstellers Schindler, Silvio Napoli, sieht eigenen Angaben zufolge auch keine Anzeichen dafür, dass der Markt einen Tiefpunkt erreicht habe. «Bisher, das möchte ich betonen, ist weder eine Erholung zu beobachten noch absehbar», sagte Napoli nach seiner Rückkehr von einer Chinareise Anfang Oktober. Die Volksrepublik machte im vergangenen Jahr 15 Prozent des Umsatzes von Schindler aus.

Chinas Wirtschaft kommt nach der Corona-Krise nicht wie erhofft in Schwung. Die Regierung in Peking hatte Ende September das grösste Konjunkturprogramm des Landes seit der Pandemie vorgestellt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Anleger sind bislang aber nicht davon überzeugt, dass diese Bemühungen der 18,6 Billionen Dollar schweren Volkswirtschaft einen Aufschwung verschaffen werden.

«Die Regierung hat klar gezeigt, dass sie versteht, dass das Land mehrere grosse Probleme hat», sagte Portfoliomanager Eric Clark vom Rational Dynamic Brands Fund. «Bisher erscheint ihr Ansatz der Problemlösung so, als würde man ein paar Pflaster auf tiefe Wunden kleben.»

Während Chinas grosser Shopping-Tag - der Singles' Day - in vollem Gange ist, rechnen viele lokale Händler mit stagnierenden oder bestenfalls verhaltenen Umsatzzuwächsen. Die Verbraucher seien durch die wirtschaftlichen Probleme des Landes noch immer sehr zurückhaltend.

(Reuters)