(Aktualisierter Beitrag vom 20. Dezember 2018)
Wie wird der Schweizer Aktienmarkt 2019 beginnen? "Ramponiert" wäre ein treffender Ausdruck. Denn das Handelsjahr 2018 hat viele Titel in Mitleidenschaft gezogen. Das Wehklagen von Aktionären, Anlagespezialisten und Marktstrategen ist entsprechend gross. Im SMI sind gerade einmal drei Titel im Plus. 2017 waren es 19 von 20. Der Leitindex hat dieses Jahr 10,15 Prozent verloren, nachdem im Vorjahr noch ein sattes Plus von gut 14 Prozent herausgeschaut hatte.
Besser liefen unter den grosskapitalisierten Schweizer Aktien dieses Jahr klar Versicherungen und Pharmaaktien. Der Switch der Märkte in Richtung defensiver Titel, der sich schon im Sommer abzuzeichnen begann, zahlt sich bei diesen Aktien nun aus. Swiss Life, Lonza, Givaudan und Novartis sind alles Titel, auf die man als Anleger – sowieso als langfristiger – schon seit geraumer Zeit setzt und auch setzen wird.
Mit Ausnahme von Lonza sind dies gute Dividendenzahler (Rendite mindestens 3,3 Prozent), es sind zudmeist moderat bewertete Titel. Auch Roche und Zurich, die wegen der jüngsten Kursrückgänge nun leicht negativ abschneiden, gehören in diese Kategorie. Und die Dividendenperle Swiss Re, im ungestümen Markt von 2017 noch die am schwächsten performende Aktie, steht nun in einem fallenden Markt als gut gehaltene Aktie da.
Zocken mit Banken geht immer
Wer sich mehr für die abgestürzten SMI-Titel interessiert, muss an eine einigermassen robuste Weltkonjunktur glauben, in der steigende Zinsen, Handelskonflikte und Politkrisen keine so grossen Verwerfungen anrichten.
Ein Rebound gefallener Aktien ist kein Ding der Unmöglichkeit: Der inzwischen zielgerichteter geführte Zementkonzern LafargeHolcim könnte profitieren, wenn sich die Weltkonjunktur einigermassen behauptet. Auch bei den sehr tiefen Niveaus einer Credit Suisse Aktie bei unter 11 Franken und der UBS bei noch etwas über 12 Franken versprechen risikofreudige Anleger Gewinnchancen. Bei Adecco sowie den gebeutelten Uhren-Aktien Swatch und Richemont ist hingegen Vorsicht geboten. Wer sich als Contrarian betätigen will, sollte diese Titel noch etwas beobachten.
Die Rangliste der SMI-Aktien 2018
Obere 10 | Performance seit 1.1. 2018 (in Prozent) | Untere 10 | Performance seit 1.1. 2018 (in Prozent) |
Swiss Life | +9,74 | Julius Bär | -41,26 |
Novartis | +1,99 | Adecco | -38,39 |
Givaudan | +1,07 | Credit Suisse | -37,93 |
Zurich | -1,18 | UBS | -31,80 |
Swiss Re | -1,24 | Richemont | -28,65 |
Roche | -1,26 | ABB | -28,43 |
Lonza | -3,27 | Swatch | -27,86 |
Sika | -3,41 | LafargeHolcim | -26,30 |
Nestlé | -4,77 | SGS | -13,03 |
Swisscom | -9,41 | Geberit | -10,91 |
Tabellen - Stand: 28. Dezember 2018, 17.30 Uhr / Daten: cash.ch
Im breiten Markt mit den mittelgross bis gering kapitalisierten Aktien sind bei kleineren Handelsvolumen grössere Kursgewinne und -verluste möglich als im SMI. Aber mit Ausnahme des aktuell erfolgreichen und wachstumsstarken Solaranlagenbetreibers Edisun und der Chemie- und Papiergruppe CPH erreichte keine der im Swiss Performance Index (SPI) enthaltenen Aktie eine Kursteigerung von mehr als einem Drittel. Erfreuen auch Gewinne von 20 bis 30 Prozent die Anleger - von einem starken Markt zeugen sie aber nicht. Der SPI selbst ging um 8,6 Prozent zurück (Vorjahr: +19,9 Prozent).
Abkehr von Industrie-Small-Caps
Vor allem aber zeigt sich am SPI ganz deutlich die Abkehr der Märkte von industriellen, exportorientierten Small und Mid Caps: Sie kommen in der Bestenliste nämlich kaum noch vor. Der Subindex für Industriegüter der Börse SIX ist seit Anfang Jahr um 24 Prozent zurückgegangen. Die in der Bestenliste enthaltenen Firmen CPH sowie Huber+Suhner sind beides Turnaround-Geschichten, die zu gelingen scheinen. Sie heben sich ab von einer wachsenden Zahl von kleineren Firmen, die Umsatz- und Gewinnwarnungen ausstossen.
Edisun, CPH sowie Huber+Suhner bieten der Vorteil einer nach wie vor tiefen Bewertung. Bei den gut laufenden Bankaktien trifft dies auf die Liechtensteiner LLB und die Genfer Kantonalbank, nicht aber die Walliser Kantonalbank zu. Der Kursgewinn der Bernischen Kraftwerke BKW zeigt auch, dass sich die Märkte wieder vermehrt Versorgern zuwenden. Der Hotel- und Ferienanlagenkonzern Orascom konnte dieses Jahr zwar um fast ein Drittel zulegen, ist aber wegen der volatilen Tourismusentwicklung kein sicheres Investment.
Top Ten und Flop Ten im SPI 2018
Beste Kursentwicklung | Performance seit 1.1. 2018 (in Prozent) | Schlechteste Kursentwicklung | Performance seit 1.1. 2018 (in Prozent) |
Edisun | +73,49 | Aryzta | -86,76 |
CPH Chemie & Papier | +54,06 | Santhera | -81,25 |
Orascom | +35,45 | Kuros | -79,62 |
LLB Liechtensteinische LB | +29,31 | Air Tech Group (Airopack) | -77,54 |
Huber+Suhner | +28,81 | GAM | -75,52 |
Highlight Ev&En | +23,78 | AMS | -73,36 |
BVZ Holding | +19,70 | MCH Group | -69,91 |
Swissquote | +18,61 | Hochdorf | -64,37 |
BKW | +18,55 | Meyer Burger | -64,07 |
Walliser KB | +17,46 | Perfect Holding | -63,33 |
Die Flops im breiten Markt überraschen alle nicht: Der Backwarenkonzern Aryzta, die Biotechfirmen Santhera und Kuros, der Milchverarbeiter Hochdorf sowie der gefallene Vermögensverwalter GAM schulden ihre massiv gesunkenen Kurse bedeutenden und vor allem anhaltenden Problemen im Geschäftsgang. Ein Einstieg bei solchen Firmen ist mit hohen Risiken verbunden, auf die sich Wagemutige einlassen mögen.
Der Hersteller von Sprühmechanismen Airopack und die Finanzierungsgesellschaft Arundel – beides wenig bekannte und auch wenig transparente Unternehmen – figurieren genausowenig unter den heissen Börsentipps. Der Halbleiterhersteller und Apple-Zulieferer AMS und das Solarunternehmen Meyer Burger wiederum sind und bleiben Zocker-Aktien: Beide Titel haben in der Vergangenheit starke Wachstumsphasen gezeigt, aber ebenso deutliche Kursrückgänge: 2017 waren sie noch die performancestärksten Schweizer Aktien. Wer ans Geschäftsmodell glaubt und wer von den Produkten und Zielmärkten überzeugt ist, bleibt dort dabei - oder kauft zu. Auf Enttäuschungen muss man sich aber auch 2019 gefasst machen.
Als interessant könnte sich unter den am meisten abgestürzten Aktien die MCH Group herausstellen. Unter Druck kam die Aktie der Messebetreiberin, weil die Swatch Group der Prestigemesse Baselworld den Rücken kehrte. Der Turnaround des Krisenunternehmens könnte dank anderen Messen und dem Auktionsgeschäft gelingen. Allerdings ist auch die MCH Group nur ein Beispiel, wie der Markt in den vergangenen Wochen und Monaten alle Aktien abgestraft hat, bei denen grössere Unsicherheiten das Geschäft umgeben. Und es deutet nichts drauf hin, dass 2019 nicht in der gleichen Stimmung anfangen wird.