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Ab jetzt wird alles besser – diese Worte mussten sich die nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre von Ascom schon oft anhören. Auch als der Spitalkommunikationsspezialist gestern Dienstag mit einem enttäuschenden Zahlenkranz für die erste Jahreshälfte aufwartete und bei den diesjährigen Finanzzielen zurückbuchstabierte, fielen diese Worte wieder.
Er sei nicht zufrieden mit dem Halbjahresergebnis, räumte Firmenchef Nicolas Vanden Abeele anlässlich der Telefonkonferenz gegenüber Analysten und Medienschaffenden ein. Im selben Atemzug stellte er für die zweite Jahreshälfte eine Belebung beim Umsatz in Aussicht.
Dennoch gerieten die Aktien an der Börse unter die Räder. Bei Handelsende resultierte ein sattes Minus von fast 9 Prozent.
Diese etwas gar harsche Reaktion mag auch damit zu tun haben, dass sich der Turnaround bei Ascom schon seit Jahren hinzieht. Immer wieder entwickelt sich das Tagesgeschäft schleppender als gedacht. Und immer wieder erweisen sich die firmeneigenen Finanzziele rückblickend als zu optimistisch. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass auch der Aktienkurs nie zum Fliegen kam. Dementsprechend gross ist der Unmut im (Gross-)Aktionariat.
Kursentwicklung der Aktien von Ascom seit Januar (Quelle: www.cash.ch)
Als Anbieter von Kommunikationslösungen für Spitäler wäre Ascom eigentlich in einem Wachstumsmarkt tätig. Der Wettbewerb ist intensiv, zweifelsohne. Und trotzdem gelingt es dem Unternehmen immer wieder, grössere Aufträge an Land zu ziehen.
Nachdem alleine in den letzten drei Wochen rund 80 Millionen Franken an Börsenwert in Rauch aufgegangen sind, bringt Ascom mittlerweile keine 200 Millionen Franken auf die Waage. Das wiederum macht das Unternehmen selbst für kleinere Finanzinvestoren erschwinglich und entspricht weniger als dem fürs laufende Jahr zu erwartenden Umsatz.
Es ist dieser Unmut im (Gross-)Aktionariat eines Unternehmens, welcher Finanzinvestoren einen geradezu idealen Nährboden bietet, um die Mitaktionäre von eigenen Plänen zu überzeugen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dem Turnaround bei Ascom nur unter einem Finanzinvestor Erfolg beschert ist. Von daher wäre ich nicht überrascht, wenn der Spitalkommunikationsspezialist schon bald wieder als heisser Übernahmekandidat gehandelt würde – entsprechende Spekulationen gab es in der Vergangenheit ja immer wieder.
Ein entscheidendes Wort hätte mittlerweile übrigens die UBS mitzureden. Denn obschon der hauseigene Analyst Joern Iffert sein Anlageurteil schon vor Wochen von "Buy" auf "Neutral" zurückgenommen und das 12-Monats-Kursziel auf 8 (zuvor 11) Franken zusammengestrichen hat, stellt die Fondstochter der grössten Schweizer Bank die grösste Einzelaktionärin mit einem Aktienpaket von mehr als 18 Prozent.
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Nach den Kursverlusten der letzten Tage setzen die Genussscheine von Roche heute Mittwoch zu einer Gegenbewegung an. Angeblich hat die Pharma- und Diagnostikgruppe aus Basel die amerikanische Citigroup mit der Suche nach einem Käufer für Flatiron Health beauftragt. Das wollen zumindest die Kollegen bei der Financial Times in Erfahrung gebracht haben.
Roche hatte den Datenspezialisten im Frühling 2018 für 1,9 Milliarden Dollar vollständig übernommen. Zuvor hielten die Basler bloss eine strategische Beteiligung an den Amerikanern.
Veräusserungsspekulationen verleihen den Bons von Roche heute Mittwoch kursseitigen Rückenwind (Quelle: www.cash.ch)
Nach dem Wiedereinstieg ins Geschäft mit Diabetesmedikamenten käme ein Verkauf von Flatiron Health einem weiteren Strategieschwenker gleich. Unter dem früheren Firmenchef und heutigen Verwaltungsratspräsidenten Severin Schwan hatte man sich ebenfalls 2018 aus dem besagten Geschäftszweig verabschiedet und dieses ausgerechnet an Eli Lilly verkauft. Und genau mit diesen Wirkstoffen feiern die Amerikaner auf dem Gebiet der Gewichtsabnahme mittlerweile riesige kommerzielle Erfolge.
Ich kommentierte den Wiedereinstieg vergangenen Dezember mit folgenden Worten:
Es macht ganz den Anschein, als werde Roche auch bei Flatiron Health mal wieder von der Vergangenheit eingeholt. Ein Verkauf des Datenspezialisten käme einem Eingeständnis gleich, dass es sich beim damaligen Einstieg bloss um ein weiteres kostspieliges Auslandsabenteuer handelte.
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4 Kommentare
Roche hat kaum Hoffnungsträger, die in den nächsten zwei Jahren das Geschäft ankurbeln könnten. Statt sich beim Ertrag zu steigern, wird jetzt gespart und Ballast abgeworfen. Die entscheidende Gründerfamilie scheint überfordert und die zaghafte Leitung hat das Vertrauen der Anleger verloren. Nur neue Köpfe bringen frischen Wind.
Bis die Carmot-Produkte endlich auf den Markt kommen, haben die Patienten dank Novo und Lily längst schon abgespeckt. Die einst führenden Onkologie-Spezialisten werden zu "Ferner liefen" bei Mode-Medis. Von der hauseigenen teuren Forschung gibt es kaum positive News. Leider kein Turnaround in Sicht!
„Marktführerschaft“: nein, da Vorteile wie orale Darreichungsform (versus Spritzen) und weniger Nebenwirkungen einfach überwiegen. Wenn man schaut, was bei Auslaufen von Patenten passiert, dann sollte man nicht darauf wetten, dass Novo und Lilly für immer vorne bleiben.
Die Erbschaft des ehemaligen CEO Schwan ist ein trojanisches Pferd, leider wollen das die Gründererben einfach nicht wahr haben. Wie und warum erhält er immer noch die Unterstützung eben dieser Erben. Dank den stimmrechtlosen GS kann das Trauerspiel noch lange weiter gehen.