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Kürzlich warnte der für die Bank Julius Bär tätige Markttechnikexperte Mensur Pocinci bei den Genussscheinen von Roche vor einem weiteren Kursrutsch in Richtung von 200 Franken. Die Talsohle sei bei der Pharma- und Diagnostikgruppe noch nicht erreicht und werde wohl erst im Laufe des nächsten Jahres erreicht und durchschritten, zitierte ich ihn damals.

Ich wies darauf hin, dass diese rabenschwarze Kursprognose jener des hauseigenen Pharmaanalysten Fabian Wenner widerspreche und schrieb:

Ausserdem relativierte ich wie folgt:

Heute – gut zwei Wochen später und 15 Kursfranken höher – überwiegen wieder die optimistischen Stimmen. Roche sei am Boden, aber noch im Rennen, titelt etwa der Pharmaanalyst Marcel Brand bei der Zürcher Kantonalbank. Auf sein Bewertungsmodell abgestützt, kommt er auf einen fairen Kurs von 347 Franken für die Genussscheine. Da letztere – je nach Kennzahl – einen Abschlag zwischen 19 und 38 Prozent gegenüber den von ihm abgedeckten grossen Pharmaaktien aufweisen, sieht sich der Analyst in seiner "Übergewichten" lautenden Kaufempfehlung bestärkt.

Sein Berufskollege Abhishek Raval bei der britischen AlphaValue beziffert den fairen Wert für die Genussscheine von Roche sogar auf 384 (zuvor 378) Franken. Das liegt mehr als 50 Prozent über den zuletzt bezahlten Kursen und nahe dem Rekordhoch vom April vergangenen Jahres von etwas mehr als 400 Franken.

Kursentwicklung der Bons von Roche seit Anfang Januar (Quelle: www.cash.ch)

Der Pharmaanalyst findet sichtlich Gefallen am Wiedereinstieg der Basler ins Geschäft mit Diabetesmedikamenten, werden viele von diesen mittlerweile ja auch zur Behandlung von Fettleibigkeit verschrieben. Und gerade auf diesem Therapiegebiet schlummert ein gewaltiges kommerzielles Potenzial. Branchenkenner schätzen diesen Markt künftig auf bis zu 100 Milliarden Dollar im Jahr heranwachsen.

Geht es nach Raval, dürfte sich auch Roche ein Stück vom Kuchen abschneiden – selbst wenn die beiden Marktführer Novo Nordisk und Eli Lilly ein Grossteil davon für sich beanspruchen und darüber hinaus weitere finanzstarke Rivalen wie AstraZeneca oder Amgen mitmischen wollen. Die Hauptbotschaft des Analyten: Egal wie spät die Basler auch ins Rennen einsteigen – wichtig ist, dass sie mit dabei sind.

Der Plan von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung bei Roche scheint zumindest fürs Erste aufgegangen zu sein: Die milliardenschwere Übernahme von Carmot Therapeutics trifft den Nerv der Zeit – und damit auch den der Investoren.

Bei genauerem Hinschauen wirft der Wiedereinstieg ins Geschäft mit Diabetesmedikamenten Fragen auf. Einerseits geht mit CT-388 der wichtigste Wirkstoff von Carmot erst aus der Studienphase 1 in die Studienphase 2 über. Und selbst im Erfolgsfall kommt das Medikament wohl nicht vor 2027 auf den Markt – bis dahin dürften Rivalen wie Novo Nordisk und Eli Lilly ihre Marktführerschaft bereits gefestigt haben. Andererseits war Roche erst 2018 aus dem Geschäft mit eben diesen Wirkstoffen ausgestiegen. Käuferin war damals übrigens ausgerechnet die amerikanische Eli Lilly.

Interessant ist, dass die Leerverkäufer in New York ihre Wetten gegen die dort gehandelten American Deposit Receipts der Basler in den letzten Wochen wieder hochgefahren haben. Mit 5,4 Millionen Stück wird mit so vielen Titeln auf rückläufige Kurse spekuliert wie seit Ende Juli nicht mehr, wie Erhebungen der New York Stock Exchange (NYSE) zeigen. Der langjährige Durchschnitt liegt so bei um die 2 Millionen leerverkaufter Titel...

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Anders als in den letzten Jahren träufeln die Favoritenlisten der Banken für das Börsenjahr 2024 nur langsam ein. Mit 24 Kaufempfehlungen und vier Verkaufsempfehlungen gehen nun die Strategen der amerikanischen Jefferies ins Rennen.

Die Liste der Kaufempfehlungen reicht von "A" wie Arcadis über "D" wie DSM Firmenich oder "H" wie Heineken bis "Z" wie Zealand Pharma. Umso ernüchternder ist die Ausbeute aus Schweizer Sicht: Unter den 24 angepriesenen Aktien ist nur gerade jene von Richemont zu finden – zum zweiten Jahr in Folge.

Die Aktien von Richemont verspüren seit wenigen Wochen wieder Auftrieb (Quelle: www.cash.ch)

Diese wird vom hauseigenen Analysten James Grzinic mit "Buy" und einem Kursziel von 130 Franken eingestuft. Seines Erachtens ist die auf Luxusschmuck spezialisierte Tochter Cartier das eigentliche Juwel des Luxusgüterherstellers.

Und obwohl der Analyst mit seinen Gewinnschätzungen um rund 8 Prozent unter den durchschnittlichen Annahmen seiner Berufskollegen bei anderen Banken liegt, hält er die Aktien aufgrund der starken Stellung im Schmuckgeschäft und der grundsoliden Bilanz für äussert attraktiv.

Es scheint bei Jefferies schon beinahe Tradition zu haben, dass es kaum Aktien aus der Schweiz auf die jährliche Favoritenliste schaffen. Vor zwei Jahren etwa wurde die Ehre den Genussscheinen von Roche zuteil. Seither scheint Richemont einen festen Platz auf der Liste gebucht zu haben. Die nächsten 12 Monate werden zeigen, ob gerechtfertigt oder nicht.

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