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Dass der Aktienkurs von Holcim nach der Veröffentlichung des letztjährigen Ergebnisses dank Anschlusskäufen weiter zulegen konnte, dürfte insbesondere Goldman Sachs so gar nicht schmecken. Mitte Oktober strafte die amerikanische Grossbank die Valoren des Weltmarktführers aus dem steuergünstigen Zug – für Beobachter wie mich überraschend – von "Buy" auf "Sell" ab. Und um seiner pessimistischen Haltung den nötigen Nachdruck zu verleihen, strich der zuständige Analyst Patrick Creuset das 12-Monats-Kursziel auf 38 (zuvor 58) Franken zusammen.
Creuset begründete sein ziemlich harsches Umdenken damals mit den gestiegenen Energiepreisen und ging von Druck auf die Margen aus. Zudem befürchtete er, dass sich höhere Absatzpreise negativ in der Mengenentwicklung niederschlagen könnten.
Höhenflug der Holcim-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)
Vor wenigen Wochen sah sich der Analyst in einer 15 Seiten starken Studie dann doch zu einer Erhöhung seiner operativen Gewinnschätzungen (EBITDA) um durchschnittlich 3 Prozent veranlasst. Darauf abgestützt veranschlagte er allerdings nur ein geringfügig höheres 12-Monats-Kursziel von 39 (zuvor 38) Franken. Mit diesen Schritten trug Creuset der Entspannung bei den Energiepreisen Rechnung. An seiner Verkaufsempfehlung hielt er indes fest.
Interessant ist, dass die operativen Gewinnschätzungen (EBITDA) des Analysten für das nächste Jahr auch jetzt noch rund 25 Prozent unter den durchschnittlichen Annahmen seiner Berufskollegen bei anderen Banken liegen. Auch mit der Verkaufsempfehlung steht er ziemlich schräg in der Landschaft. Nur Analyst Harry Goad von der Berenberg Bank rät auch noch zum Ausstieg – mit einem Kursziel von 40 Franken. Von diesem sind die Aktien weiter entfernt denn je, kosteten sie zuletzt doch 58 Franken und mehr.
Anders als der Goldman-Sachs-Experte dreht sich bei der Verkaufsempfehlung Goads alles um den Konzernumbau in Richtung nachhaltigerer und höhermargiger Geschäftsfelder. Der Berenberg-Analyst befürchtet, dass der Weltmarktführer ergänzende Firmenübernahmen überzahlt und dadurch eher Aktionärswerte vernichtet als dass er welche schafft.
Nach dem starken Zahlenkranz für das Schlussquartal letzten Jahres und dem von Zuversicht nur so strotzenden Ausblick von vergangener Woche hat sich bislang weder der eine noch der andere Analyst zu Wort gemeldet. Ich bin nun neugierig, ob beide an ihren Verkaufsempfehlungen festhalten oder ob zumindest einer von beiden einknickt.
Das wäre dann vermutlich auch wegweisend für die Leerverkäufer. Noch vor wenigen Wochen wetteten sie mit etwas mehr als 4 Prozent aller ausstehenden Aktien auf rückläufige Kurse, wie einem Kommentar des Stifel-Analysten Tobias Wörner zu entnehmen war.
Anders als die beiden anderen Berufskollegen hält Wörner dagegen und rät zum Kauf der Aktien. Unter der Annahme, dass der Wirtschaftsabschwung ausbleibt, hält er Kurse von bis zu 72 Franken für möglich. Zieht man den Konzernumbau unter Firmenchef Jan Jenisch auch noch hinzu, traut der Stifel-Analyst den Valoren gegebenenfalls sogar Kurse von bis zu 90 Franken zu.
Mit anderen Worten: Für die Leerverkäufer könnte es noch viel teurer werden...
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2 Kommentare
Es haben doch alle Analysten gleiche reale Firmenfakten zur Analyse zur Verfügung. Einzig die Zukunftsaussichten sind natürlich für alle gleich ungewiss. Wie können sie also zu teils so weit auseinander klaffenden Ratings und Kurszielen kommen. Für rational denkende Menschen ist dies eine schleierhafte Analysen-Wissenschaft!!
Tja, mit dem Bedürfnis der Menschen/Aktionäre, ihre Zukunft in den eigenen Händen (in Form von Aktien) zu halten, ist es wie mit dem Blick in die Glaskugel. Das ist Hellseherei.
Von Wissenschaft kann da keine Rede sein. Deshalb kann mir die Analyse gestohlen werden. In Bezug die Geschäftstätigkeit, die Strategie, auf die Zahlen, das Management und die Zukunftsaussichten eines Unternehmens verlasse ich mich meinen XMV (xunde Mänscheverstand). Lande ich einen Flop, nehme ich mich selbst an der Nase und lade meinen Frust nicht auf dem Rücken des Finanzanalysten ab (was vielen Leuten gut tut, den Anlageberater entschuldigt und den Hellseher nichts kostet).
Also: Finanzanalyse ist für den Rundordner.