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Während in den gängigen Wirtschaftsmedien von einem Käuferstreik die Rede war, ist das womöglich nur die halbe Wahrheit. Vielmehr berichten mir mehrere Händler – voneinander unabhängig – gar von einer Flucht von Klein(st)anlegern aus Aktien. Es macht den Anschein, als ob nicht eben wenige dieser als "wankelmütig" geltenden Marktakteure in der ersten Wochenhälfte die Nerven verloren und verkauft hätten. Meine Leserinnen und Leser mögen mir den Begriff "wankelmütig" bitte verzeihen. Die Nachwehen seien bis heute spürbar, wie mir weiter erzählt wird.

Man kann es gerade den amerikanischen Klein(st)anlegern nicht verübeln, wenn sie ob der in den Medien genannten Statistiken die Nerven verlieren. Am breit gefassten S&P 500 Index gemessen geht der April dieses Jahres mit einem Minus von knapp 9 Prozent als der schwächste Monat seit 1936 in die Geschichte der New Yorker Börse ein. Das Technologiebarometer Nasdaq 100 Index hatte derweil sogar prozentual zweistellige Verluste zu beklagen. Man muss nicht wie ich drei Jahrzehnte an der Börse auf dem Buckel haben, um erahnen zu können, dass die Nerven bei einigen Marktakteuren blank liegen.

Das würde auch das Kursdebakel bei den zuvor ach so beliebten Wachstumswerten wie Straumann, Partners Group oder Logitech erklären. Über Jahre hinweg flossen hiesigen Nebenwertefonds etliche Millionen an neuen Geldern zu. Diese mussten um jeden Preis angelegt werden. Nun sehen sich dieselben Fonds mit Rücknahmen konfrontiert und müssen ihre Titelpositionen wieder ausdünnen. Und das ebenfalls um jeden Preis.

Der Aufstieg und Fall der Straumann-Aktien steht stellvertretend für viele andere Wachstumsaktien (Quelle: www.cash.ch)

Nun scheinen Beobachtungen der Bank of America die Berichte aus dem Handel bestätigen zu wollen. Wie Erhebungen der amerikanischen Investmentbank zeigen, waren die eigenen Kleinkunden im April erstmals seit dem Covid-19-Debakel vom März 2020 Nettoverkäufer von Aktien.

Das ganze zieht sich nun sogar in die Gegenwart hinein, waren besagte Kleinkunden an fünf der letzten sieben Handelstage doch Nettoverkäufer von Aktien. Erstmals sei dabei sogar so etwas wie Panik zu verspüren.

Diese Aussagen unterlegen die mir nicht namentlich bekannten Strategen der Bank of America mit geradezu beeindruckendem Zahlenmaterial. So hatte der bankeigene Korb mit bei Kleinanlegern beliebten Aktien innerhalb weniger Tage Kursverluste von knapp 10 Prozent zu beklagen.

Ob sich bei anderen Banken ein ähnliches Bild bietet, lässt sich nur schwer abschätzen. Mündliche Aussagen aus den Handelsräumen anderer Banken lassen durchaus darauf schliessen. Schriftliches liegt mir hierzu allerdings nicht vor.

Interessant ist übrigens, dass internationale Grossinvestoren still und leise genau das Gegenteil der Klein(st)anleger machen: Zumindest am Schweizer Aktienmarkt greifen sie beherzt bei risikoreichen Aktien zu.

Ziemlich genau eine Woche ist es nun her, dass ich gleich von mehreren überraschenden Beteiligungsnahmen und –erhöhungen aus dem angelsächsischen Raum berichtete. Beim Stellenvermittler Adecco verdoppelte der Grossaktionär Silchester International seinen Stimmenanteil mal eben schnell auf gut 10 (zuvor 5) Prozent. Ausserdem baute mit Franklin Resources ein weiterer bekannter Vermögensverwalter sein Aktienpaket auf über 3 Prozent aus. Beim Sorgenkind Zur Rose nisteten sich mit Capital Group und Invesco gleich zwei prominente Grossinvestoren mit jeweils gut 5 Prozent ein. Beim Solarunternehmen Meyer Burger meldete sich hingegen Janus Henderson erstmals seit mehreren Jahren wieder mit gut 3 Prozent zurück. Mut bewies vor allem aber der Fondsriese Fidelity. Die Amerikaner bauten ihre Beteiligung am Sensorenhersteller AMS Osram auf 5 (zuvor 3) Prozent aus.

Riskante Aktien-Wetten: Weshalb kaufen amerikanische und britische Investoren in der Schweiz dermassen zu?

Die Klein(st)anleger steigen aus und internationale Grossinvestoren kaufen beherzt zu. Da fragt sich doch: Habe ich da etwas verpasst? Oder wissen diese Marktkreise etwas, was wir "Normalsterblichen" nicht wissen? Bei solch argen Widersprüchen bei den Handelsaktivitäten will ich beim besten Willen nicht an einen Zufall glauben...

 

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