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Der Stoxx Europe 600 Index – dieser umfasst auch viele Schweizer Unternehmen – ist zuletzt zwar etwas von den Jahreshöchstständen von Ende Juli zurückgefallen. Beklagen darf man sich als Aktienanlegerin und Aktienanleger allerdings nicht. Mit einem Plus von gut acht Prozent seit Januar ist die diesjährige Bilanz immer noch beachtlich. Die Tatsache, dass diese Gewinne in den ersten vier Wochen des Jahres zustande kamen und die darauffolgenden Monate für das Börsenbarometer unter dem Strich bloss ein Nullsummenspiel waren, mutet da schon fast ein bisschen vernachlässigbar an.

Die Halbjahresberichterstattung ist weit fortgeschritten. Mittlerweile haben drei Viertel der im Stoxx Europe 600 Index berücksichtigten Unternehmen ihre Zahlenkränze vorgelegt. Wie Erhebungen der Strategen der Bank of America um Chefdenker Sebastian Rädler zeigen, waren die Gewinne im zweiten Quartal im Jahresvergleich um durchschnittlich 17 Prozent rückläufig. Die Unternehmen aus der Finanzindustrie ausgeklammert beträgt der Rückgang sogar 32 Prozent.

Will man Rädler und seinen Abteilungskollegen Glauben schenken, dann sprechen die konjunkturellen Vorlaufindikatoren bei den 600 grössten europäischen Publikumsgesellschaften im weiteren Jahresverlauf für einen noch deutlicheren Gewinnrückgang. Darauf abgestützt sehen sie den Stoxx Europe 600 Index bis ins zweite Quartal nächsten Jahres hinein um nicht weniger als 15 Prozent tauchen.

Entwicklung des Stoxx Europe 600 Index seit Januar (Quelle: www.cash.ch)

Zur Erinnerung: Die Strategen der Bank of America warnen nunmehr schon seit gut zwei Jahren in Folge vor einem Kursdebakel bei europäischen Aktien. Vor wenigen Monaten gaben sie sich dann erstmals etwas kleinlaut. Das Abwärtsrisiko sei überblickbarer als auch schon, so die plötzliche Erkenntnis.

Dass bei der amerikanischen Investmentbank nun wieder von einer 15-Prozent-Korrektur die Rede ist, kommt daher ziemlich überraschend. Da scheinen Rädler und seine Mitstrategen angesichts des Verlusts des AAA-Ratings der USA und der Eintrübung bei den konjunkturellen Vorlaufindikatoren neuen Mut gefasst zu haben...

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Der Aufstieg des Dentalimplantateherstellers Straumann zum Weltmarktführer ist eine Erfolgsgeschichte, die hierzulande ihresgleichen sucht. Allerdings machten es die Rivalen den Baslern in den letzten Jahren auch gar leicht, ihnen Marktanteile abzuluchsen. Nicht eben wenige dieser Rivalen waren nämlich mit sich selber beschäftigt. Ich denke da etwa an Envista (ehemals Nobel Biocare) oder die amerikanische Dentsply Sirona.

Die für Bernstein Research tätige Susannah Ludwig unterlegt dies denn auch mit ziemlich eindrücklichem Zahlenmaterial. Während Straumann den Umsatz mit Dentalimplantaten seit 2016 jährlich um durchschnittlich 16 Prozent steigern konnte, wuchs die ehemalige Danaher-Tochter Envista bloss mit drei Prozent im Jahr und ZimVie sogar bloss mit einem Prozent.

Wie die Medizinaltechnikanalystin weiter schreibt, werden in Börsenkreisen vermehrt Stimmen laut, wonach die fetten Jahre aus Sicht von Straumann gezählt sein könnten. Mit anderen Worten: Künftig ist wieder von einem intensiveren Wettbewerb unter den führenden Anbietern auszugehen.

Aktienkursentwicklung bei Straumann seit Anfang dieses Jahres  (Quelle: www.cash.ch)

Ludwig selber räumt zwar ein, dass Envista und ZimVie nach der Abspaltung von ihren Mutterhäusern wieder effizienter und innovativer werden dürften. Ähnliches hält sie bei Dentsply unter der neuen Firmenleitung für wahrscheinlich. Dennoch scheint sich die Bernstein-Analystin deswegen keine grauen Haare wachsen zu lassen. Sie preist die Aktien von Straumann wie bis anhin mit "Outperform" und einem Kursziel von 165 Franken an.

Wertvolle Erkenntnisse versprechen die Halbjahreszahlen von morgen Dienstag. Dann zeigt sich, ob der Weltmarktführer aus Basel im zweiten Quartal ob des intensiveren Wettbewerbs ausgebremst wurde. Noch wichtiger als der Blick in den Rückspiegel dürften aber die zukunftsgerichteten Aussagen sein – zumal die Analystenerwartungen in Sachen organisches Umsatzwachstum noch immer über den firmeneigenen Jahresvorgaben liegen.

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