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Unter den Blinden ist der Einäugige König. Mit diesem zugegeben etwas gar ketzerischen Vergleich lässt sich der kometenhafte Aufstieg des Schweizer Aktienmarkt in der Länder-Rangliste der UBS erklären. Wurde dem Heimmarkt in den letzten Jahren regelmässig die undankbare Rolle des Schlusslichts zuteil, holt er sich in der aktuellen Erhebung nun sogar die Silber-Medaille. Einzig der in der Vergangenheit ebenfalls nur wenig beliebte britische Aktienmarkt schneidet noch besser ab.

Erst vor wenigen Tagen krebsten die Strategen der Schweizer Grossbank bei ihrer Prognose für den breit gefassten Stoxx Europe 600 Index zurück. Mit 340 Punkten liegt die neue Prognose nicht weniger als 15 Prozent unter der bisherigen von 400 Punkten. Die Strategen trauen dem Börsenbarometer bis Ende Jahr nicht mehr einen Anstieg um knapp 20 Prozent, sondern gerade mal einen um 1,5 Prozent zu (siehe Artikel vom 1. Juli).

Mit Missmut dürfte die Anlagekundschaft auch die Herunterstufung des europäischen Bankensektors von "Overweight" auf "Neutral" zur Kenntnis nehmen. Über lange Monate hinweg wurde ihnen dieses Titelsegment angepriesen, was rückblickend sehr viel Geld gekostet hat.

Denn obschon sich der Unterindex für Bankaktien beim Swiss Performance Index (SPI) in den vergangenen Tagen von seinen Mehrjahrestiefstständen nach oben lösen konnte, resultiert seit Jahresbeginn noch immer ein Minus von nicht weniger als 33 Prozent. Die Aktien der Credit Suisse, auch sie werden von der UBS schon seit Wochen hochgejubelt, haben sogar gut 50 Prozent verloren.

Mit ihrer unglücklichen Kaufempfehlung für europäische Bankaktien befinden sich die UBS-Strategen übrigens in bester Gesellschaft. Auch andere Berufskollegen, unter ihnen jene der Credit Suisse, rieten ihrer Anlagekundschaft bis in die jüngste Vergangenheit zu einem Übergewicht in diesem Titelsegment. Für die Kundschaft der UBS ist das womöglich aber nur ein schwacher Trost.

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Erst wenige Tage ist es her, dass ich an dieser Stelle über die extremsten Kursziele für Aktien aus der Schweiz schrieb. Gestern Abend öffnete der für Bernstein Research tätige Bankenanalyst diesbezüglich ein neues Kapitel: Er nahm die Erstabdeckung der geprügelten Aktien von UBS und Credit Suisse mit "Underperform" und Kurszielen von 8 Franken für die grössere und sogar von nur 6 Franken für die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken auf. Mit anderen Worten: Bei den Aktien der UBS macht der Experte ein Abwärtspotenzial von 36 Prozent aus, bei jenen der Credit Suisse sogar eines von 43 Prozent.

Aufgrund des gedrückten Zinsumfelds rechnet er im Wealth Management mit anhaltendem Druck auf die Margen und im Investment Banking mit einer bis weit ins kommende Jahr hinein dauernden Flaute. Und als ob das nicht schon genug wäre, warnt der Bankenanalyst bei beiden Schweizer Grossbanken auch gleich noch vor einem zusätzlichen Eigenkapitalbedarf.

Es dürfte mehr als ein Zufall sein, dass Bernstein Research die Aktien der Credit Suisse der eigenen Anlagekundschaft sogar als "strukturellen Leerverkauf" anpreisen. Den Amerikanern wird nämlich schon seit den 1970er Jahren eine Nähe zur heimischen Hedgefonds-Industrie nachgesagt.

Die aggressive Verkaufsempfehlung und das existenzbedrohend tiefe Kursziel passen perfekt zu den Spekulationen rund um einen orchestrierten Angriff amerikanischer Hedgefonds auf die Valoren der Schweizer Grossbank (siehe Kolumne vom 6. Juli).

Bei mir werden jedenfalls Erinnerungen an die aggressive Verkaufsempfehlung von Bernstein Research für die Aktien der Zurich Insurance Group wach. Ende Januar liess die Reduktion des Kursziels auf 200 Franken eine regelrechte Verkaufswelle über die Papiere des traditionsreichen Versicherungskonzerns hereinbrechen. Mittlerweile notieren sie allerdings deutlich höher.

Dass es sich bei den beiden Schweizer Grossbanken ähnlich verhält, wäre den leidgeplagten Aktionären von UBS und Credit Suisse jedenfalls zu wünschen.

 

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