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In New York – oder besser gesagt an der dortigen Börse - wird Geschichte geschrieben. Mit Apple bringt erstmals ein Unternehmen einen Börsenwert von mehr als 2 Billionen Dollar auf die Waage. Wohlverstanden: Das sind 2000 Milliarden Dollar. Sehr zur Freude von Grossaktionär Warren Buffett und seinen Mitaktionären bei Berkshire Hathaway. Und als ob das alleine nicht schon genug wäre, machen die steigenden Kurse bei den Aktien des Online-Giganten Amazon dessen Gründer Jeff Bezos zum reichsten Mann der Welt mit einem geschätzten Vermögen von gut 200 Milliarden Dollar. Spätestens jetzt dürfte wohl klar sein, wer denn nun eigentlich von der "Politik des billigen Geldes" profitiert.

Wer nach Exzessen und Anzeichen einer Überhitzung sucht, braucht gar nicht lange zu suchen. Das viel beachtete Put-Call-Verhältnis ist auf ein neues Rekordtief gefallen und auch die Wetten der Leerverkäufer stehen in Übersee auf dem tiefsten Stand seit 15 Jahren.

Doch damit ist noch immer nicht genug: Da gibt es in New York doch tatsächlich Käufer von Call-Optionen mit einem Bezugspreis von 800 Dollar auf die Aktien von Tesla. Das alleine wäre ja nicht weiter erwähnenswert, würden die besagten Derivate in nicht einmal mehr einem Monat verfallen. Zur Erinnerung: Am Montag gingen die Papiere des Elektroautomobil-Pioniers bei knapp 500 Dollar aus dem Handel.

Es dauerte sieben Jahre, bis Tesla von der Börse mit 50 Milliarden Dollar bewertet wurde. Und um genau soviel nahm der Börsenwert in den letzten Tagen zu, bloss weil das Unternehmen seine Aktien im Verhältnis von fünf-zu-eins splittete. Da ist jeder weitere Kommentar überflüssig. Und siehe da: Nun nutzen die Firmenlenker um Elon Musk die Gunst der Stunde und kündigen eine 5 Milliarden Dollar schwere Kapitalerhöhung an.

Zumindest offiziell raten die Banken und ihre Strategen noch immer zum Kauf von Aktien in Schwächen. Doch gekauft wird um jeden Preis. Zu einfach ist es geworden, an der Börse Geld zu verdienen. Es ist, als habe "Buy the dip" ausgedient.

Das geht sogar so weit, dass die Anleger in ständiger Angst leben, etwas verpassen zu können. Denn mittlerweile sind prozentual zweistellige Tagesgewinne selbst bei milliardenschweren Tech-Giganten an der Tagesordnung. Und manchmal braucht es dazu – wie Mittwochnacht bei Netflix – nicht einmal irgendwelche Neuigkeiten.

Alleine der Umstand, dass die Aktien des bekannten Streaming-Anbieters noch immer unter ihren Höchstständen vom Juli bei 575 Dollar notieren und deshalb als sträflich vernachlässigt gelten, reichte aus, um dessen Papiere um fast 12 Prozent höher aus dem Handel gehen zu lassen. Und das, obwohl Analysten wie Roberto Cominotto von Julius Bär vor der Gefahr kurzfristiger Ergebnisenttäuschungen warnen.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018- 19,1 Prozent-   8,8 Prozent
2019+25,4 Prozent+30,6 Prozent
2020*-   2,0 Prozent-   2,4 Prozent

* Schlusskurse vom 31. August 2020

Exzesse sind übrigens auch bei uns an der Tagesordnung. Am Montag reichte eine Agenturmeldung, wonach der berüchtigte amerikanische Hedgefonds Elliott am hochverschuldeten Backwarenhersteller Aryzta interessiert sei – und schon schoss dessen Aktienkurs mal eben schnell um mehr als 20 Prozent empor.

Oder hier gleich noch ein Müsterchen: In den letzten Tagen wurden für die Aktien von Sunrise Communications im vorbörslichen Handel von Julius Bär Briefkurse von 110,30 Franken oder mehr gestellt. Das wiederum liegt über der 110 Franken je Aktie starken Barofferte seitens von Liberty Global. Ob zu diesen Kursen jemand zulangte, ist nicht bekannt.

Und was die diesjährigen Börsenüberflieger wie Bachem anbetrifft, so bin ich erst vor wenigen Tagen in einem Marktkommentar einer bekannten Zürcher Privatbank über folgende Passage gestolpert: "...die Aktien von Bachem sind nur am Tag des Kaufs teuer...".

Genau das sagte man früher von den Genussscheinen von Roche, als der altehrwürdige Henri B. Meier noch Finanzchef am Rheinknie war. Allerdings wurden die Valoren des Pharma- und Diagnostikkonzerns selbst damals nicht einmal mit dem Zwanzigfachen des Jahresgewinns bewertet. Beim Pharmazulieferer Bachem sprechen wir mittlerweile vom 85-fachen (!!!) des für das kommende Jahr geschätzten Gewinns.

Sprich: Selbst wenn das Unternehmen den Jahresgewinn über die nächsten Jahre wie von Analysten erwartet steigert, muss ganz schön lange warten, wer sich zu aktuellen Kursen noch einkauft.

Meines Erachtens ist die Frage nicht ob, sondern vielmehr wann alles in Tränen endet. Den Letzten – oder besser gesagt derjenige Anleger, der zu masslos überhöhten Kursen eingestiegen ist – beissen dann bekanntlich die Hunde.

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel    13'386,61  
ABB N    425  23,58    9'762,25-     259,25-     2,59 Prozent
AMS I1'100     8,98  10'396,75+ 4'559,87+  78,12 Prozent
LafargeHolcim N    185  53,90  10'725,00-  1'919,95-   15,18 Prozent
Nestlé N     90111,00    9'770,40-      219,60-     2,20 Prozent
Swatch Group N   200  41,62    7'128,00-  1'196,00-   14,37 Prozent
UBS Group N   817   12,24    9'996,35-  1'048,58-     9,49 Prozent
Klingelnberg N   411   24,30    6'165,00-  3'822,30-   38,27 Prozent
OC Oerlikon N   993   10,94  10'499,62-  2'586,52-   19,77 Prozent
Stadler Rail N   250  39,30  10'110,00+     285,00+     2,90 Prozent
      
Total    97'939,99 -     2,06 Prozent

* Schlusskurse vom 31. August 2020

Da verstehe ich voll und ganz, wenn sich Anleger von den diesjährigen Börsenüberfliegern ab- und sich stattdessen zurückgebliebenen Aktien zuwenden. So rückten zuletzt beispielsweise die Papiere des Sicherheitstechnikspezialisten Dormakaba oder jene der Solarzulieferers Meyer Burger wieder ins Zentrum des Interesses.

Für gewöhnlich blasen die Marktakteure erst kurz vor Ende einer kräftigen Aufwärtsbewegung an den Börsen zur Jagd auf vernachlässigte Aktien – was auch gut zu den übrigen Exzessen der letzten Tage und Wochen passen würde.

Dass meine Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2020 mit einem Minus von 2 Prozent seit Ende Dezember zum um 2,4 Prozent tieferen Swiss Performance Index (SPI) aufschliessen konnten, freut mich sehr. Massgeblich dazu beigetragen haben nebst den Aktien des Sensorenherstellers AMS auch jene von Stadler Rail. Die Aufnahme der Valoren des Schienenfahrzeugherstellers in den viel beachteten Stoxx Europe 600 Index ist sehr erfreulich.

Als kaufenswert erachte ich zu aktuellen Kursen neben den Aktien von Stadler Rail auch die Papiere von UBS, LafargeHolcim und OC Oerlikon. Ein stabilisierendes Element bleibt das Indexschwergewicht Nestlé.

Bisherige Transaktionen Aktienfavoriten

DatumTitel AnzahlKurs Total
27.12.2019ABB NKauf42523,58Franken10'050,50-
27.12.2019LafargeHolcim NKauf18553,90Franken10'000,50-
27.12.2019Lonza NKauf28355,50Franken9'983,00-
27.12.2019Swatch Group IKauf37269,80Franken10'011,60-
27.12.2019Temenos NKauf65154,05Franken10'042,25-
27.12.2019UBS NKauf81712,24Franken10'029,08-
27.12.2019Ascom NKauf93010,74Franken10'017,20-
27.12.2019Klingelnberg NKauf41124,39Franken10'016,30-
27.12.2019OC Oelikon NKauf87611,41Franken10'024,16-
11.02.2020Put WTEA1VKauf3'2500,25Franken874.00-
02.03.2020Put WTEA1VVerkauf3'2500,58Franken1'856,00+
02.03.2020Swatch Group IVerkauf37223,20Franken8'229,40+
02.03.2020Swatch Group NKauf20041,62Franken8'353,00-
26.03.2020AMS IKauf5409,27Franken5'034,80-
01.04.2020AMS IKauf5608,70Franken4'901,00-
09.04.2020OC Oerlikon NKauf1177,45Franken900,65-
24.04.2020Put AMSBBZKauf11'0000,065Franken744,00-
30.04.2020Put AMSBBZVerkauf11'0000,03Franken301,00+
04.05.2020Lonza NVerkauf28431,00Franken12'039,00+
26.05.2020Temenos NVerkauf65149,20Franken9'669,00+
26.05.2020Stadler Rail NKauf25039,30Franken9'854,00-
02.06.2020AMS IVerkauf45015,55Franken6'968,50+
02.06.2020LafargeHolcimKauf6541,13Franken2'702,45-
06.07.2020OC Oerlikon NKauf2827,87Franken2'248,34-
06.07.2020UBS NKauf9311,235Franken1'073,86-
29.07.2020Nestlé NKauf90111,00Franken10'019,00-
03.08.2020Ascom NVerkauf93010,38Franken9'624,40+

 

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