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Börsenwoche im Schnelldurchlauf

Turbulenzen im US-Finanzsektor schütteln die Aktienkurse auch bei uns kräftig durch

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Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche unter anderem: Dividendenabgänge setzen dem SMI zu, neue Hiobsbotschaften bei der Credit Suisse – Und: Könnte es für Givaudan teuer werden?

10.03.2023   11:55
Von cash Insider
Wenn das Börsenwetter stürmischer wird, sind krisenfeste Werte gefragt.

Wenn das Börsenwetter stürmischer wird, sind krisenfeste Werte gefragt.

Quelle: imago images / Greatstock

Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Der Schweizer Aktienmarkt blickt auf eine verlustreiche Woche zurück. Während der breit gefasste Swiss Performance Index (SPI) knapp 3 Prozent einbüsste, verlor der Swiss Market Index (SMI) sogar noch mehr. Der Dividendenabgang bei Novartis drückte letzteren erstmals seit den ersten Januar-Tagen wieder unter die 11'000 Punkte. Alleine schon das Schwergewicht kostete den SMI am gestrigen Donnerstag gut 60 Punkte.

In den kommenden Wochen werden weitere Dividendenabgänge folgen und dem Börsenbarometer zusetzen. Anders als der SPI ist der SMI nämlich ein Preis- und kein Performance-Index. Deshalb gehen Dividendenabgänge auch zu dessen Lasten. Es gibt übrigens schon seit längerer Zeit eine Performance-Version, den SMIC.

Im Gegensatz zu den Valoren von Roche und Nestlé zogen die Handelsumsätze bei jenen von Novartis rund um den Dividendenabgang zwar etwas an. Mager bleiben sie allerdings trotzdem – gerade im Wissen, dass bei Nestlé und Novartis vereinzelt Arbitrage zwischen der regulären Handelslinie und der Handelslinie für die Aktienrückkaufprogramme betrieben wird.

Die rückläufige Kursentwicklung bei dünnen Handelsumsätzen lässt vermuten, dass die drei SMI-Schwergewichte eher unter einem Käuferstreik als unter Verkäufen leiden. Die defensiven Attribute dieser drei finanzstarken Grossunternehmen waren bis vor wenigen Tagen schlichtweg nicht gefragt.

Kursentwicklung der Nestlé-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Mal schauen, ob sich die hiesigen Marktakteure angesichts der negativen Vorgaben aus New York auf die Valoren von Nestlé, Roche und Novartis zurückbesinnen. Nachdem dort der Zusammenbruch der Krypto-Bank Silvergate Capital und der Absturz von SVB Financial von Donnerstag auf Freitag zu einem kleineren Kursdebakel führten, berichten mir hiesige Händler bei den SMI-Schwergewichten erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit wieder von sogenannten Safe-Haven-Käufen. Denn die Angst vor grösseren Ausfällen im amerikanischen Finanzsektor ist riesengross – aber ist sie auch wirklich begründet?

Ich habe in den letzten Stunden zahlreiche Kommentare zum Thema gelesen, und komme zum Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit einer "Ansteckung" für das gesamte Finanzystem ziemlich unwahrscheinlich ist. Die Probleme von Silvergate Capital und SVB Financial sind hausgemacht. Ausserdem verfügen die beiden Unternehmen über nicht gerade geläufige Geschäftsmodelle. Auch das spricht gegen ein Übergreifen auf Banken oder Versicherungen. Dennoch zeugt das Handelsgeschehen seit Donnerstagnacht von Nervosität, wenn nicht sogar schon ein bisschen von Panik. Im Insider-Briefing berichtete ich von aggressiven Put-Käufen sowie von einer regen Nachfrage nach Short Mini-Futures. Einmal mehr bleibt mir nur folgendes zu sagen: Panik war an der Börse noch selten ein guter Ratgeber.

Auch für die leidgeplagten Aktionärinnen und Aktionäre der Credit Suisse begann die Woche wieder mit einer weiteren Hiobsbotschaft: Wie die renommierte Financial Times in ihrer Montags-Ausgabe berichtete, ist der langjährige Grossaktionär Harris Associates überraschend ausgestiegen.

Anlagechef David Herro geizte gegenüber dem britischen Wirtschaftsblatt denn auch nicht mit Kritik und Vorwürfen in Richtung der Grossbank und ihrer Exponenten. Den strategischen Kurswechsel nennt er etwa "schwerfällig" und "kostspielig", die Teilabspaltung der Tochter First Boston hingegen als "völlig intransparent".

Mit dem Ausstieg von Harris Associates endet eine Ära, waren die Amerikaner bei der Credit Suisse doch seit 2002 mit an Bord. Noch im August letzten Jahres hielten sie - eigenen Angaben zufolge – in der Spitze sogar etwas mehr als 10 Prozent an der Grossbank.

Pikant dabei: Noch im Februar bezeichnete Herro die Credit Suisse gegenüber hiesigen Wirtschaftsmedien als Übernahmekandidatin und die Aktien der Grossbank als ein Schnäppchen – was diese Aussage rückblickend als Positionsgerede entlarvt. Denn wie der Harris-Anlagechef gegenüber der Financial Times einräumte, geht der Entschluss, die Beteiligung abzubauen, auf die Zeit unmittelbar nach der 4 Milliarden Franken schweren Kapitalerhöhung vom Oktober zurück.

Gestern Donnerstag liess die Credit Suisse dann gleich die nächste Bombe platzen: Nachdem niemand Geringeres als die amerikanische Börsenaufsicht SEC quasi in letzter Minute bei der Grossbank hereintelefonierte, wurde die Veröffentlichung des letztjährigen Geschäftsberichts kurzfristig abgesagt. Stein des Anstosses sind "technische Bewertungen" von nachträglichen Anpassungen in den Jahren 2019 und 2020, sowie damit verbundene Kontrollprozesse.

Kursentwicklung der Credit-Suisse-Aktien im mehrjährigen Vergleich (Quelle: www.cash.ch)

Wie die Analystin Anke Reingen von der Royal Bank of Canada schreibt, sind die Beträge, um die es angeblich geht, vergleichsweise klein. Ausserdem seien bereits Korrekturen vorgenommen worden. Allerdings lässt sich die Nervosität für sie durchaus nachvollziehen, wenn es ums Thema Buchführung geht. Sie stuft die Aktien der Grossbank wie bis anhin mit "Sector Perform" und einem Kursziel von 3 Franken ein.

Alles also bloss ein Sturm im Wasserglas? Nun, vertrauensfördernd sind die jüngsten Entwicklungen jedenfalls nicht. Und letztendlich entscheidet das Vertrauen aller Anspruchsgruppen darüber, ob und wie schnell Firmenchef Ulrich Körner seinen Arbeitgeber wieder auf Kurs bringt.

Knüppeldick könnte es auch für Givaudan kommen. Kaum eine Wettbewerbsbehörde, die sich nicht an einer Untersuchung gegen führende Riechstoffhersteller wegen möglicher Preisabsprachen beteiligt. Neben dem Genfer Unternehmen sind auch die Rivalen IFF, Firmenich und Symrise ins Visier der Behörden geraten. Eine Untersuchung wegen Preisabsprachen mussten einige grosse Chemieunternehmen schon 2005 über sich ergehen lassen. Damals hagelte es etliche Millionenstrafen.

Dass diesmal auch das amerikanische Justizministerium ermittelt, lässt aufhorchen. Wie immer, wenn die Amerikaner involviert sind, kann es teuer werden. Analyst Hans Peter Schmidlin von der Basler Kantonalbank zufolge drohen Bussen von bis zu 10 Prozent des Gruppenumsatzes. Bei Givaudan sprächen wir da von bis zu 710 Millionen Franken. Da sich die finanziellen Konsequenzen noch eine ganze Weile nicht abschätzen lassen, stuft er die Aktien des Aromen- und Duftstoffherstellers wie bis anhin mit "Übergewichten" und einem Kursziel von 3400 Franken ein.

Und tatsächlich könnte sich die Untersuchung, wenn man Kenner der Situation fragt, in die Länge ziehen. Sollten sich die Vorwürfe jedoch erhärten, könnten den jeweiligen Unternehmen neben einer saftigen Busse auch noch Entschädigungsforderungen drohen. Schliesslich zählen gerade im Riechstoffgeschäft Giganten wie etwa L'Oréal zu den Abnehmern. Kein Wunder also, reagierte die Börse mit Kursverlusten auf die Untersuchung. Doch wie immer gilt: Der Mensch vergisst schnell...

Nächste Woche hagelt es hierzulande nochmals Jahresergebnisse. Mein persönliches Interesse gilt den Zahlen des Zugbauers Stadler Rail sowie jenen des Sorgenkinds PolyPeptide. Nicht weniger wichtig als der Blick in den Rückspiegel werden die zukunftsgerichteten Aussagen der beiden Unternehmen sein.

Mehr dazu – und alles zum anstehenden Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) – am nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.

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