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Nach den Kursverlusten in der Woche zuvor ist in den letzten Tagen auch am Schweizer Aktienmarkt so etwas wie Normalität eingekehrt. Der Verlust der Bestnote der Vereinigten Staaten bei der Rating-Agentur Fitch ist zwar noch immer ein heiss diskutiertes Thema – genauso wie die möglichen Folgen für die Finanzmärkte. Und dennoch hat die Abstufung der Bonität von "AAA" auf "AA+" ihren Schrecken bereits wieder verloren.

In einem Punkt unterscheidet sich das momentane Börsengeschehen allerdings nicht von jenem der vergangenen Wochen: Die Handelsumsätze sind selbst für diese Zeit des Jahres ungewöhnlich dünn.

Der gestrige Donnerstag markierte diesbezüglich vermutlich sogar einen neuen Tiefpunkt. Gerade bei Roche scheint sich der Schlendrian eingeschlichen zu haben. Bis zum Eintritt der amerikanischen Marktakteure um 15.30 Uhr wurden gerade einmal Genussscheine im Gegenwert von 42 Millionen Franken umgesetzt. Bei den Valoren von Nestlé und Novartis lagen die Umsätze mit jeweils gut 60 Millionen Franken ebenfalls weit hinter dem ansonsten Üblichen zurück.

Dass die drei Schwergewichte – gemeinsam sind sie beim Swiss Market Index (SMI) für gut die Hälfte der Gesamtkapitalisierung verantwortlich - an der Börse ein Mauerblümchen-Dasein fristen, dürfte damit zu tun haben, dass ihre defensiven Qualitäten im jetzigen Umfeld schlichtweg nicht gefragt sind.

Selbst die enttäuschende Handelsbilanz Chinas verlieh den Valoren von Nestlé, Roche und Novartis nur mal eben kurz etwas Auftrieb. Einmal mehr blieben Anschlusskäufe aus.

Wie Erhebungen der chinesischen Zollbehörde zeigen, wurde im Juli 14,5 Prozent weniger ausgeführt als im Juli letzten Jahres. Die Einfuhren gingen im Jahresvergleich immerhin um gut 12 Prozent zurück. Bei beiden Kennzahlen wurden die Erwartungen von Ökonomen einmal mehr klar verfehlt. Der Juli ist bereits der dritte Monat in Folge mit einem stark rückläufigen Handelsaufkommen zwischen China und dem Rest der Welt.

Dass sich die Finanzmärkte bereits kurz nach der enttäuschenden Handelsstatistik wieder fangen konnten, ist auf die Hoffnung auf zusätzliche Stützungspakete aus Peking zurückzuführen. Mal schauen, ob diese Hoffnung auch wirklich gerechtfertigt ist. Als Lokomotive für die Weltwirtschaft taugt China momentan jedenfalls nicht. Der Nachfrageschub nach der Wiederöffnung ist den Erwartungen vieles schuldig geblieben.

Auch das hält den für die Bank Julius Bär tätigen Charttechniker Mensur Pocinci jedoch nicht davon ab, eine ziemlich mutige Prognose für den SMI abzugeben. Seines Erachtens hat das Börsenbarometer nach dem Rücksetzer von letzter Woche Boden gefunden. Nun wähnt er den SMI vor einer längeren Aufwärtsbewegung, welche diesen in die Region von 11'800 Punkten steigen lassen sollte.

Kursentwicklung des SMI seit Januar (Quelle: www.cash.ch)

Zur Erinnerung: Das bisherige Jahreshoch geht auf Mitte Mai zurück und liegt bei 11'616 Punkten. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der SMI ohne die tatkräftige Unterstützung der Valoren von Nestlé, Roche und Novartis mal eben schnell zu einer 600-Punkte-Avance fähig ist.

Da überrascht es mich doch, dass der Charttechniker nur gerade jene von Novartis in seinem "Swiss Equities Portfolio" führt. Die beiden anderen Schwergewichte Roche und Nestlé kippte er hingegen schon vor Wochen aus seinem Musterportfolio. Überzeugung sieht anders aus...

Stattdessen setzt Pocinci bei den SMI-Titeln übrigens auf Holcim, Kühne+Nagel, Logitech, Partners Group, Sika, Swiss Life und UBS. Die Valoren von Givaudan scheiden neuerdings aus.

Apropos Givaudan: Die Aktien des Aromen- und Duftstoffherstellers aus Genf steckten diese Woche eine einschneidende Gewinnwarnung der amerikanischen International Flavors & Fragrances (IFF) überraschend gut weg. Der Rivale strebt für dieses Jahr neuerdings einen Umsatz zwischen 11,3 und 11,6 Milliarden Dollar (zuvor rund 12,3 Milliarden Dollar) an.

Nötig machte diese Anpassung das schwache zweite Quartal, hatten die Amerikaner doch einen Umsatzrückgang um 11 Prozent auf 2,93 Milliarden Dollar und einen Einbruch beim Gewinn auf 0,86 Dollar je Aktie zu beklagen. Analysten waren von einem Gewinn je Aktie in Höhe von 1,10 Dollar bei einem Umsatz von 3,07 Milliarden Dollar ausgegangen.

Vontobel zeigt sich in einem Kommentar sehr enttäuscht, was die Gewinnwarnung anbetrifft. Allerdings ortet der Autor die Probleme von IFF vorwiegend im stark rückläufigen Geschäft mit funktionellen Nahrungsinhaltsstoffen. Dieser Markt werde von Givaudan gar nicht bearbeitet, wie er weiter schreibt. Ausserdem will der Vontobel-Analyst verstanden wissen, dass sich die Margenentwicklung der Genfer im zweiten Quartal – anders als jene der Amerikaner – als sehr widerstandsfähig erwiesen haben.

Das würde auch die entspannte Reaktion der Börse erklären. An dieser Stelle sei übrigens erwähnt, dass die Aktien von Givaudan bei der Zürcher Bank seit einer gefühlten Ewigkeit mit einem Kursziel von 3900 Franken zum Kauf angepriesen werden.

Nachstehend nun noch ein paar Worte zum Halbjahresergebnis von Zurich Insurance. Mit 3,72 Milliarden Dollar lag der operative Gewinn in den ersten sechs Monaten zwar über den von Analysten erwarteten 3,61 Milliarden Dollar. Doch wie schon so oft liegt der Teufel im Detail, sodass die dividendenstarken Valoren ihre frühen Kursgewinne gestern Donnerstag im Tagesverlauf weitestgehend wieder abgeben mussten.

Kursentwicklung der Zurich-Aktien in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)

In Analystenkreisen war von einer teilweise eher etwas ernüchternden Entwicklung gegenüber der ersten Hälfte letzten Jahres die Rede. Diese Beobachtung dürfte vor allem mit der Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS 17 zu tun haben. Doch auch die Margen im Neugeschäft wissen nicht vollends zu überzeugen.

Wie das diesjährige SMI-Schlusslicht Roche kann es momentan auch Zurich Insurance auf dem zweitletzten Rang der Börse schlichtweg nicht recht machen.

Harren wir nun der Dinge, die da nächste Woche kommen mögen. Mehr dazu am kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

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