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Die Aktie von Richemont kostet gut 70 Prozent mehr als noch zu Jahresbeginn. Damit sticht der Luxusgüterkonzern unter den 20 Grossfirmen aus dem Swiss Market Index (SMI) im bisherigen Jahresverlauf ziemlich heraus. Es müsste an der Börse schon fast ein bisschen die Welt untergehen, damit das Unternehmen seine Goldmedaille in den nächsten Wochen noch an die zweitplatzierte Partners Group weitergeben müsste. Die Valoren des erfolgreichen Risikokapitalspezialisten stehen seit Jahresbeginn mit 50 Prozent im Plus.

Wie die Strategen von J.P. Morgan schreiben, könnte Richemont die britische Vodafone ab Mitte Dezember beim Stoxx Europe 50 Index beerben. Möglich macht dies die sogenannte "Fast Entry Rule". Indexorientierte Marktakteure sowie die Anbieter von Fonds oder strukturierten Produkten auf den Index müssten sich dann quasi zu Höchstkursen Titel des Luxusgüterkonzerns anlachen.

Die Richemont-Aktien (rot) lassen den SMI (grün) seit Jahresbeginn weit hinter sich zurück (Quelle: www.cash.ch)

Berechnungen der amerikanischen Investmentbank zufolge würde so eine Nachfrage in Höhe von knapp 180 Millionen Franken entstehen, was zu aktuellen Kursen um die 1,3 Millionen Aktien und damit einem halben durchschnittlichen Tagesumsatz entspräche.

Kommuniziert werden könnte die Indexrochade schon morgen Mittwoch nach Börsenschluss. Verhält es sich wie bei anderen Neuzugängen in der Vergangenheit, ist im Vorfeld der Aufnahme von Mitte Dezember mit steigenden Kursen zu rechnen. Danach verfliegt der (Index-)Zauber allerdings meist ziemlich schnell wieder. Kommt erschwerend hinzu, dass der Nachrichtenlage rund um die neue Südafrika-Variante des Covid-19-Virus derzeit wohl ein ungleich grösseres Gewicht als der sich abzeichnenden Indexaufnahme von Richemont beigemessen wird.

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Als am Freitag die Aktienkurse rund um den Globus ins Rutschen gerieten, liessen jene des Sorgenkinds Hochdorf die Muskeln spielen. Mit einem Tagesgewinn von fast 5 Prozent gingen die Papiere des hochverschuldeten Milchverarbeiters aus dem Handel.

Für die nötigen Impulse sorgte eine Kaufempfehlung in einem einschlägigen deutschen Börsenbrief. Die Autoren preisen Hochdorf als "die absolute Turnaround-Spekulation" zum Einstieg an und bringen das Unternehmen als Auftragsfertiger für so bekannte Grosskunden wie den Toblerone-Hersteller Mondelez und Lindt&Sprüngli sowie für die beiden hiesigen Grossverteiler Migros und Coop in Verbindung.

Die Rechnung des Börsenbriefs: Mit 90 Millionen Franken liegt der Börsenwert in einem argen Missverhältnis zum Jahresumsatz von rund 300 Millionen Franken. Der neue Firmenchef – wie es der Zufalls so will ein gebürtiger Deutscher – werde das Kind schon schaukeln, so die Schlüsselbotschaft.

Kursentwicklung der Aktien von Hochdorf über die letzten fünf Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Dabei bedienen sich die Börsenbriefautoren eines denkbar einfachen Erfolgsrezepts: Man nehme eine schlecht handelbare Aktie und hauche dieser in unmittelbarer Nähe zu den historischen Tiefstständen mit einer selbstkonstruierten Kaufempfehlung neues Leben ein.

Nebenwerte-Spezialist verdreifacht mal schnell das Kursziel für gebeutelte Aktie

Im Wissen, dass nicht selten für weniger als 30'000 Franken am Tag Titel die Hand wechseln, drängt sich Hochdorf für eine solche Empfehlung schon fast ein bisschen auf. Allerdings haben die Gäste die Rechnung ohne den Wirt gemacht, dürfte der hochverschuldete Milchverarbeiter wohl nicht um eine weitere schmerzhafte Kapitalerhöhung herumkommen.

Ich hielt Ende August bei Kursen von um die 50 Franken folgendes fest:

...und...

Das Kaufinteresse vom Freitag ist jedenfalls bereits wieder verflogen. Es macht vielmehr der Anschein, als ob die Empfehlung kaum Käufer hinter dem Ofen hervorlockt.

 

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