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Bei Kepler Cheuvreux jagt seitens des Cross Asset Research eine Strategiestudie die nächste. Und obschon sich am positiven Grundton des viel beachteten Verfassers schon seit Wochen kaum etwas geändert hat, setzt der Stratege in seinem jüngsten Papier noch einen drauf: Er sagt den europäischen Aktienmärkten die zwei stärksten Quartale des ganzen Jahres vorher.
Die mitverfolgten Indikatoren für das Investmentklima hätten sich über die letzten Wochen kontinuierlich verbessert. Und auch die Frühindikatoren seien in einem gesunden Zustand, so der Studienverfasser. Die Folgen der Krise in der Ukraine seien auf längere Sicht zwar ungünstig. Doch weder Russland noch der Westen seien derzeit an einer Eskalation interessiert.
Zuversicht schöpft der Stratege nicht zuletzt aus den steigenden Zinsen in Übersee. Der amerikanischen Wirtschaft traut der Experte im zweiten Quartal ein über dem Trend liegendes Wachstum zu. Gleichzeitig bereite die US-Notenbank die Märkte auf eine Rückkehr zu einer normaleren Zins- und Geldpolitik vor. Selbst bei ausbleibendem Teuerungsdruck werde die Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen im Laufe des nächsten Quartals erstmals wieder über die Marke von 3 Prozent klettern.
Für die europäischen Aktienmärkte gehe von höheren Zinsen in Übersee gleich in mehrfacher Hinsicht Signalwirkung aus. Der Stratege von Kepler Cheuvreux wähnt vor allem die kleineren Nebenwerte in einer guten Ausgangslage für eine weiterhin überdurchschnittliche Kursentwicklung. Doch auch die Aktien grosser und international agierender Unternehmen sollten im Zuge eines stärkeren Dollars vermehrt wieder in die Gunst der Anleger gelangen, was den europäischen Aktienindizes helfen sollte. Dasselbe gelte für die über die vergangenen sechs Monate teilweise vernachlässigten Finanzwerte.
Der Stratege empfiehlt der eigenen Anlagekundschaft ein Übergewicht in den Sektoren zyklische Konsumgüter, Banken, Versicherungen, Transport, Informationstechnologie und Telekommunikation. Zu einem Untergewicht rät er im Gegenzug in den Sektoren nicht-zyklischer Konsum und Energie. Aufgrund seines defensiven Charakters wird der Schweizer Aktienmarkt nur mit "Neutral" eingestuft.
Alleine schon auf Basis saisonaler Gegebenheiten sind die Aussagen seitens des Cross Asset Research von Kepler Cheuvreux mutig. Denn für gewöhnlich gehen die Aktienmärkte ab Mai in eine schwierigere Phase über. Mit seiner positiven Haltung steht der verantwortliche Stratege allerdings nicht alleine da. Erst zu Wochenbeginn gelangte sein für Barclays Capital tätiger Berufskollege mit einer geradezu euphorischen Studie zu den europäischen Aktienmärkten an die Öffentlichkeit.
Ich bleibe dabei, dass sich die über die letzten fünf Jahre beobachtete Aktien-Hausse in einer fortgeschrittenen Phase befindet. Die europäischen Märkte haben sich von der Entwicklung der Unternehmensgewinne abgekoppelt und ein Eigenleben entwickelt. Früher oder später wird sich diese Lücke schliessen müssen. Vor dem Hintergrund der Wachstumsverlangsamung in den Schwellenländern und der damit einhergehenden Währungsturbulenzen wird das meines Erachtens ein schwieriges Unterfangen. Mir ist dabei durchaus bewusst, dass Trends für gewöhnlich länger als erwartet dauern.
Vermutlich werden die Karten in den ersten Tagen des neuen Quartals neu gemischt. Ich erhoffe mir schon nächste Woche erste konkrete Anhaltspunkte, welche Tendenzen uns in den kommenden Monaten an den Aktienmärkten erwarten.
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OC Oerlikon geniesst hierzulande den Ruf eines Börsenlieblings und das nicht ohne Grund. Der in Pfäffikon niedergelassene Industriekonzern hat in den letzten Jahren alles richtig gemacht und einen bilderbuchmässigen Turnaround an den Tag gelegt.
Nicht nur bei den Anlegern, auch bei Analysten stehen die Namenaktien von OC Oerlikon hoch im Kurs. Kaum ein anderer Schweizer Nebenwert wird so konsequent zum Kauf empfohlen.
In einem internen Kommentar aus dem Aktienhandel von Helvea schlägt der Verfasser allerdings warnende Töne an. Aktuellste Statistiken würden Anhaltspunkte für ein schwierigeres Geschäft mit chemischen Fasern offenbaren. Die Absatzpreise für künstlich hergestellte Fasern seien zuletzt unter Druck geraten, wogegen sich die Rohmaterialkosten für die Produzenten stabil entwickeln würden.
Dahinter vermutet der Verfasser zunehmende Überkapazitäten im chinesischen Markt. Dieser sei für rund 60 Prozent der weltweiten Produktion verantwortlich, so schreibt er im Kommentar. Viele Produzenten würden mittlerweile Geld verlieren. Es sei deshalb sehr wahrscheinlich, dass die Auftragslage von OC Oerlikon im Textilmaschinengeschäft ab der zweiten Jahreshälfte darunter leiden werde. Die Konsolidierung von Metco könne einen solchen Effekt vermutlich nur teilweise auffangen. Der Verfasser rät den Anlagekunden dazu, auf dem aktuellen Kursniveau Positionen zu reduzieren.
Offiziell werden die Aktien von OC Oerlikon bei Helvea mit "Hold" und einem Kursziel von 14,90 Franken eingestuft. Wie bei anderen Banken auch, kann die Meinung von Personen aus dem Aktienhandel von der offiziellen Meinung des jeweiligen Analysten abweichen. Das scheint auch im vorliegenden Fall so zu sein.