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Der Aufstieg des Dentalimplantateherstellers Straumann zum Weltmarktführer ist eine Erfolgsgeschichte, die in der Schweiz ihresgleichen sucht. In den letzten Jahren hat sich das Vorzeigeunternehmen aus Basel mit zweistelligen Wachstumsraten einen Namen gemacht.
Mit einem Kursplus von fast 90 Prozent zählten dessen Aktien zu den letztjährigen Schweizer Börsenüberfliegern. Nicht zuletzt auch deshalb kam es einem Tabubruch schon sehr nahe, als UBS-Analyst Graham Doyle vor wenigen Wochen die Reissleine zog und von "Neutral" auf "Sell" ging. Und um seiner Verkaufsempfehlung den nötigen Nachdruck zu verleihen, strich er das 12-Monats-Kursziel auf 96,75 (zuvor 125) Franken zusammen. Über den Zeitpunkt lässt sich im Guten streiten, kosteten die Valoren zu diesem Zeitpunkt doch fast 50 Prozent weniger als noch zu Jahresbeginn.
Doyle will zwar verstanden wissen, dass er die Qualitäten von Straumann keinesfalls in Frage stelle. Nichtsdestotrotz kürzt er seine Gewinnschätzungen für die kommenden Jahre um bis zu 17 Prozent. Damit liegen die überarbeiteten Annahmen um 5 bis 10 Prozent unter den durchschnittlichen Schätzungen anderer Berufskollegen.
Aufstieg und Fall der Straumann-Aktien seit Januar 2021 (Quelle: www.cash.ch)
Interessantes weiss der Analyst nach einer zweiwöchigen Rundreise mit vielen Kundenkontakten zu berichten. Wie er schreibt, rechnet eigentlich niemand mit einem Nachfrageeinbruch vergleichbar mit jenem einst kurz nach der Finanzkrise. Dennoch sei die Angst vor Margendruck allgegenwärtig. Zudem würden die Erwartungen an den Dentalimplantatehersteller zusehends als zu hoch erachtet. Doyle zufolge rechnen nicht eben wenige Kunden deshalb noch einmal mit tieferen Kursen. Es wage sich kaum jemand bei den Aktien aufzuspringen.
Dass zuletzt insbesondere Aktien wie die von Logitech, Sonova oder eben auch Straumann Federn lassen mussten, kommt nicht von ungefähr. Denn schliesslich hängen alle diese Unternehmen am Tropf der Konsumentinnen und Konsumenten. Die Gleichung ist denkbar einfach: Steigen die Lebenshaltungskosten, bleibt Ende Monat kaum noch Geld für andere Dinge übrig. Das könnte sich auch in den Absatz von Zahnkorrekturen, Gaming-Zubehör oder Parfüms fressen. Das ganze Ausmass des Schlamassels macht sich womöglich erst im Schlussquartal – Thema Weihnachtsgeschäft - bemerkbar. Die Börse reagiert allerdings schon jetzt. Und wie so oft neigt sie zu Überreaktionen.
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Auch in den letzten Tagen sickerten bei der Credit Suisse wieder zahlreiche Indiskretionen in die Wirtschaftsmedien durch. Etwa, dass Christian Meissner als Chef des Investment Banking vor dem Absprung stehe und gut situierte Geldgeber aus dem Mittleren Osten bereit seien, der Grossbank zusätzliches Kapital zur Verfügung zu stellen. Ausserdem heisst es, dass der Verkaufsprozess für die amerikanische Vermögensverwaltungseinheit eingeleitet worden sei. Das alles will die Nachrichtenagentur Bloomberg in Erfahrung gebracht haben.
Kursentwicklung der Credit-Suisse-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)
Kurz zuvor meldete die renommierte Financial Times, dass sich die Credit Suisse von ihren Beteiligungen an Allfunds, Pfandbriefbank, Bank-Now, Swisscard und SIX trennen könnte. Das wiederum käme einem Verscherbeln des Tafelsilbers schon ziemlich nahe.
In einem Kommentar findet der Finanzwertespezialist Keefe, Bruyette & Woods denn auch klare Worte für die der Grossbank nachgesagten Beteiligungsverkäufe. Der Autor Thomas Hallett vergleicht diese – wenn auch etwas salopp – mit einem "Garagenverkauf".
Jetzt erst recht: Investorenbrief rechnet bei der Credit-Suisse-Aktie mit einer Kursverdoppelung |
Dass die Credit Suisse um eine milliardenschwere Kapitalerhöhung herumkommt, glaubt der Analyst dennoch nicht. Vielmehr sieht er die Grossbank ihre Aktionärinnen und Aktionäre um zusätzliche 2,5 bis 3 Milliarden Franken bitten – und warnt in diesem Zusammenhang vor möglichen Enttäuschungen.
Auch an eine Aufspaltung oder einen Verkauf der Grossbank an einen Rivalen glaubt Hallett nicht. Umso mehr fühlt er sich im Vorfeld der Quartalsergebnisveröffentlichung und der Bekanntgabe strategischer Neuerungen vom Donnerstag in einer Woche in seiner "Underperform" lautenden Verkaufsempfehlung sowie im Kursziel von 4,50 Franken bestärkt.
Ich bin neugierig, was Firmenchef Ulrich Körner und Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann an diesem Tag aus dem Zylinder zaubern werden. Meine Vermutung: Was auch immer – es muss überzeugen. Eine Stärkung der Eigenkapitaldecke ist schon nur deshalb ein "Muss", um das Vertrauen in die Finanzkraft der Grossbank wieder herzustellen.