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Wenn mehrere Käufer auf mehrere Verkäufer treffen, entscheiden nicht zuletzt massenpsychologische Faktoren darüber, ob und zu welchen Preisen sich die Parteien einig werden. Das war auch an den Aktienmärkten schon immer so.

Allerdings ist nicht mehr länger der Mensch Herr über die Märkte. An seiner Stelle haben Maschinen übernommen. Algorithmen bestimmen, ob Aktien gekauft oder doch eher verkauft werden - und das innerhalb von Millisekunden.

Die Schätzungen, wie viel der täglichen Handelsvolumina von Algorithmen gesteuert werden, gehen auseinander - die Rede ist von beängstigenden 60 bis 80 Prozent.

Seit wenigen Tagen gibt nun ausgerechnet ein Computermodell ein Verkaufssignal für den amerikanischen Aktienmarkt. Entwickelt wurde das Modell von Goldman Sachs, der wohl mächtigsten Investmentbank der Welt. Kaum ein Firmenlenker, Finanzpolitiker oder Notenbankverantwortlicher, der nicht aus der Kaderschmiede von Goldman Sachs stammt.

In einem mir aus London zugespielten Strategiepapier der Investmentbank verharmlosen die Autoren das Verkaufssignal jedoch. Es sei eher eine Folge der tiefen Arbeitslosenquote sowie der starken Wirtschaftsverfassung und weniger ein Ergebnis steigender Zinsen oder einer höheren Kernteuerung, so schreiben sie. Sofern man der ausgewiesenen Teuerung denn überhaupt trauen kann.

Fakt ist: Während sich die Haussiers am Schweizer Aktienmarkt schon seit Ende Januar einen Schlagabtausch mit den Baissiers liefern, ist ähnliches nun auch in New York zu beobachten.

Dabei scheinen alle Mittel recht. Gezielt werden Gerüchte gestreut (siehe "Steigt Warren Buffett bei Zurich Insurance ein? " vom Donnerstag oder "Einstiger Überflieger von Spekulationen belastet" vom 15. März). Information und Desinformation lösen sich gegenseitig ab. Selten war die Gefahr in den letzten Jahren grösser, sich zu groben Fehler hinreissen zu lassen - nicht nur aus Anlegersicht, sondern auch aus Sicht der Firmenlenker.

Eigentlich müssten die defensiven Indexschwergewichte Nestlé, Roche und Novartis genau in Zeiten wie diesen stabilisierend auf den Schweizer Aktienmarkt einwirken. Umso zermürbender, dass in den vergangenen drei Monaten eher das Gegenteil der Fall war: Roche, Nestlé und Novartis kosteten den Swiss Market Index (SMI) seit Jahresbeginn fast 500 Punkte, wobei die Dividendenabgänge bei Roche und Novartis mit 120 Punkten ins Gewicht fallen. Zum Vergleich: Der SMI verlor seit Anfang Januar gesamthaft 640 Punkte.

Der zermürbende Kurszerfall bei den drei Indexschwergewichten – sie waren es, die den SMI ins Verderben stürzten - kostete auch mich viel Geld. Nachdem ich Ende Februar noch mit einem blauen Auge davonzukommen schien, bewegt sich das Minus meiner Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2018 (siehe "Der cash Insider verrät seine Schweizer Aktienfavoriten" vom 29. Dezember) mit 5,3 Prozent im Rahmen der Verluste beim SPI. Angesichts der hohen taktischen Barmittelquote und der rückblickend glücklichen Absicherung der Aktien von LafargeHolcim im Hinblick auf die Jahresergebnispräsentation bin ich vom Ergebnis doch ziemlich enttäuscht.

Ein kleiner Trost bleiben die wenige Tage zuvor kommunizierten Dogs of the SMI (siehe "Und wieder locken die «Dogs of the SMI» zum Einstieg" vom 21. Dezember). Während der SPI rund 5,5 Prozent verlor, büssten sie "nur" 3 Prozent ein.

Wie erhofft fand der SMI vergangene Woche bei 8500 Punkten zumindest vorläufig einen Boden. Sollte diese Schlüsselunterstützung doch noch verletzt werden, rücken die letztjährigen Tiefststände bei 8190 Punkten ins Zentrum. Spätestens in der Region von 7800 bis 8000 Punkten bin dann auch ich wieder Käufer von Aktien aus der Schweiz (siehe "Wo findet der SMI einen Boden?" vom 23. März).

Bilanz der letzten Jahre:

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018*-    5,3 Prozent-   5,2 Prozent

* Schlusskurse vom 29. März 2018

Unter Verkaufsdruck standen in den letzten Wochen insbesondere die Valoren von Dufry. Anlässlich der Jahresergebnisveröffentlichung von Mitte März stellte der Reisedetailhandelskonzern aus Basel den Aktionären zwar eine Dividende in Aussicht. Über deren Höhe hüllen sich die Firmenvertreter allerdings bis heute in Schweigen. Eigentlich hätte man es in Basel besser wissen müssen: Denn auf nichts reagiert die Börse allergischer als darauf, im Ungewissen gelassen zu werden.

Ungewiss bleibt auch, wann sich das starke organische Umsatzwachstum und die milliardenschweren Firmenübernahmen vergangener Tage endlich in den Aktionären zurechenbare Gewinne ummünzen lassen. Dufry steht diesbezüglich in der Beweispflicht. Die Börse will verständlicherweise langsam Resultate sehen.

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten:

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel  32'113,30  
ABB N38526,008'747,20-1'262,80-12,62 Prozent
LafargeHolcim N18254,959'518,60-482,30-4,82 Prozent
Nestlé N12083,409'074,40-945,60-9,44 Prozent
Roche GS40246,808'764,00-1'108,00-11,22 Prozent
Basilea N13275,508'764,80-1'201,20-12,05 Prozent
Clariant N40025,509'124,00-1'076,00-10,55 Prozent
Dufry N69144,808'635,35-1'355,85-13,57 Prozent
      
Total  94'741,65 -5,26 Prozent

* Schlusskurse vom 29. März 2018

Zu einer Geduldsprobe für die Aktionäre wird Clariant. Der Spezialitätenchemiehersteller aus dem Baselbiet will erst im Herbst über eine vertiefte Zusammenarbeit mit dem saudischen Ankeraktionär Sabic informieren.

Bis es soweit ist, bestimmt das Tagesgeschäft wieder über Kursanstieg oder Kursrückgang. Und was die Geschäftsentwicklung anbetrifft, so gerät Clariant zusehends in altes Fahrwasser: Im Schlussquartal letzten Jahres blieb die Barmittelgenerierung weit hinter den Erwartungen zurück. Schuld war unter anderem eine höhere Kapitalbindung beim Umlaufvermögen. Bleibt zu hoffen, dass es sich dabei bloss um einen einmaligen Ausrutscher handelte.

Nachdem sich die Spekulationsprämie in Luft aufgelöst hat, bin ich zu aktuellen Kursen wieder Käufer in den Aktien.

Mit Kursverlusten von fast 8 Prozent wurden die Valoren von LafargeHolcim am Tag der Jahresergebnisveröffentlichung abgestraft. Und das, obwohl der neue Konzernchef Jan Jenisch seinem Arbeitgeber eine nach vorn gerichteten Wachstumsstrategie verpasste.

LafargeHolcim ist nicht Sika, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Dennoch traue ich Jenisch zu, den träge gewordenen Weltmarktführer wieder auf Kurs zu bringen. Und bis es soweit ist, versüsst den Aktionären die attraktiv hohe Dividendenrendite von 3,8 Prozent das Warten.

Aktuelle Positionen "Dogs of the SMI":

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
LafargeHolcim N18553,909'675,50-296,00-2,97 Prozent
Roche GS41244,008'983,10-1'020,90-10,20 Prozent
Swisscom N19520,508'998,40-891,10-9,01 Prozent
Swiss Re N10892,2010'506,24+548,64+5,51 Prozent
Zurich N33298,1010'342,20+504,90+5,13 Prozent
      
Total  48'505,44 -2,99 Prozent

* Schlusskurse vom 29. März 2018

Geduld ist auch bei Nestlé gefragt. Konzernchef Mark Schneider möchte den traditionsreichen Nahrungsmittelhersteller aus Vevey möglichst rasch auf wachstumsstarke Geschäftsfelder ausrichten, stösst dabei aber auf ein Problem: Zum Verkauf kommende Geschäftsaktivitäten sind heiss begehrt und wechseln teils zu Fantasiepreisen den Besitzer.

Schneider kann kalkulieren, das hat er schon bei seinem früheren Arbeitgeber Fresenius bewiesen. Dass er sich nicht in einen ruinösen Bieterkampf für das Geschäft mit nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten der deutschen Merck und Pfizer hineinziehen liess, spricht eigentlich für den Nestlé-Chef. Allerdings muss er sich nun anhören, mit dem Konzernumbau nur langsam voranzukommen.

Für Nestlé gilt, wie für jedes andere sich inmitten eines Transformationsprozesses befindlichen Unternehmens: Gut Ding will Weile haben.

Bisherige Transaktionen:

DatumTitel AnzahlKurs Total
29.12.2017Burckhardt NKauf32315,50Franken10'096,00-
29.12.2017Roche GSKauf40246,80Franken9'872,00-
29.12.2017Basilea NKauf13275,50Franken9'966,00-
29.12.2017Nestlé NKauf12083,50Franken10'020,00-
29.12.2017Dufry NKauf69144,80Franken9'991,20-
29.12.2017ABB NKauf38526,00Franken10'010,00-
29.12.2017LafargeHolcim NKauf18254,95Franken10'000,90-
24.01.2018Burckhradt NVerkauf32364,25Franken11'656,00+
07.02.2018Clariant NKauf40025,50Franken10'229,00-
15.02.2018Put WLHBRVKauf3'6400,25Franken939,00-
05.03.2018Put WLHBRVVerkauf3'6400,36Franken1'281,40+

 

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