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Neben der Eskalation im Handelsstreit zwischen Washington und Peking war am G7-Gipfel vom Wochenende im französischen Küstenort Biarritz wohl ein weiteres Thema in aller Munde: Wie lässt sich die schwächelnde Konjunktur bloss wieder ankurbeln? Diese Frage musste sich wohl vor allem die deutsche Delegation gefallen lassen. Von den Medien noch bis vor kurzem frenetisch als "Wachstumsmotor Europas" gefeiert, driftet Deutschland immer mehr in Richtung Konjunkturbremse ab. Zu lange hat man sich rückblickend auf den Lorbeeren ausgeruht und mit dem Status quo zufriedengegeben. Nachdem immer neue Indikatoren einen wirtschaftlichen Abschwung andeuten, eilt es plötzlich.

Da die Europäische Zentralbank (EZB) ihre geldpolitischen Möglichkeiten grösstenteils bereits ausgeschöpft hat, fordern in Deutschland immer mehr Grössen aus Politik und Wirtschaft ein milliardenschweres Konjunkturpaket. Es wäre nicht das erste Mal, dass Deutschland ein solches Paket schnürt. Das letzte geht in die Jahre 2008/2009 und damit auf den Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise zurück. Damals flossen insgesamt 62 Milliarden Euro in öffentliche Investitionen, tiefere Einkommenssteuern und in die Sozialversicherungswerke. Über die Landesgrenze hinaus die meiste mediale Aufmerksamkeit bekam allerdings die Abwrackprämie für alte Fahrzeuge.

In einer mir aus London zugespielten Strategiestudie aus dem Hause UBS machen sich die Autoren um Nick Nelson aus aktuellem Anlass auf die Suche nach möglichen Gewinnern eines solchen Konjunkturpakets. Namentlich genannt werden die "üblichen Verdächtigen" wie etwa Schneider Electric, Alstom und Siemens oder HeidelbergCement.

Ein Unternehmen aus der Schweiz sticht mir allerdings gleich ins Auge: Stadler Rail - und zwar nicht nur, weil der Hersteller von Schienenfahrzeugen erst vor wenigen Monaten von der grössten Schweizer Bank an die Börse gebracht wurde. Andere Vertreter aus der Schweiz sucht man in der Strategiestudie nämlich vergebens.

Kursentwicklung der Aktien von Stadler Rail seit dem Börsengang im April. (Quelle: cash.ch)

Das heisst nicht, dass es nicht auch andere potenzielle Gewinner aus unserem kleinen Land gäbe. Ich denke da beispielsweise an den Baustoffkonzern LafargeHolcim oder den Siemens-Rivalen ABB - von den unzähligen kleineren und mittelgrossen Schweizer Zulieferfirmen deutscher Vorzeigeunternehmen gar nicht erst zu sprechen.

Meines Erachtens ist es zu früh, jetzt schon Wetten auf ein milliardenschweres Konjunkturpaket abzuschliessen. Zu gross ist die Ungewissheit. Denn je nach Umfang und Zusammensetzung der Massnahmen dürften ganz andere Unternehmen von einem solchen fiskalpolitischen Vorstoss profitieren. Und sowieso wird das Handelsgeschehen an den Aktienmärkten nun erst einmal von der Eskalation im Handelsstreit überschattet...

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Von einer Eskalation lässt sich auch bei Sunrise Communications sprechen. In einer am frühen Donnerstagmorgen verschickten Mitteilung an die Medien liess die Nummer zwei im Mobilfunkmarkt Schweiz kein gutes Haar am Ankeraktionär Freenet, stemmt sich letzterer doch noch immer mit aller Kraft gegen die geplante Übernahme von UPC Schweiz. Freenet befinde sich in einem finanziellen Engpass und verfolge deshalb eigennützige Ziele auf Kosten der Mitaktionäre, so war nachzulesen. Zwischen den Zeilen ist ziemlich viel Frust herauszuspüren.

Am Freitag wechselten bei Sunrise Communications im Rahmen einer ausserbörslichen Blocktransaktion rund 334'000 Aktien zu je 72,50 Franken die Hand. Die letzte vergleichbare Blocktransaktion liegt schon ein paar Wochen zurück. Trotzdem - oder gerade deswegen - werden im hiesigen Handel Spekulationen laut, wonach sich der deutsche Ankeraktionär entnervt aus dem Aktionariat zurückziehen könnte.

Öffentlich als Verkäufer muss sich Freenet erst dann zu erkennen geben, wenn der Stimmenanteil unter den Schwellenwert von 20 Prozent fällt. Ursprünglich stieg der Ankeraktionär mit rund 24,5 Prozent bei Sunrise Communications ein.

Kursentwicklung der Sunrise-Aktien rund um den Eklat mit Freenet. (Quelle: cash.ch)

Bei aller Sympathie für die Nummer zwei im Mobilfunkmarkt Schweiz kann ich die ablehnende Haltung von Freenet durchaus nachvollziehen. Denn mit der geplanten Kapitalerhöhung würde sich die Anzahl ausstehender Aktien - je nach Ausgabepreis - in etwa verdoppeln. Der deutsche Ankeraktionär müsste deshalb viel Geld in die Hand nehmen, um eine Verwässerung seines Aktienpakets verhindern zu können. Geld, das er vermutlich nicht hat.

Je nachdem wie gut oder schlecht man die Erfolgsaussichten des Widerstands gegen die milliardenschwere Übernahme von UPC Schweiz einschätzt, bleibt Freenet wohl nichts anderes übrig, als sich bei Sunrise Communications zurückzuziehen. Ich würde es dem deutschen Ankeraktionär jedenfalls nicht übelnehmen.
 

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