Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Am Swiss Performance Index (SPI) gemessen erwiesen sich die letzten Tage für den Schweizer Aktienmarkt unter dem Strich als ein Nullsummenspiel. Dass sich das breit gefasste Börsenbarometer innerhalb einer Bandbreite von gerade mal etwas mehr als 200 Punkten bewegte, dürfte der Flaute bei den hiesigen Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis geschuldet sein. Angelsächsische Grossinvestoren machen auch weiterhin einen grossen Bogen um diese drei Papiere – als schwerfällig und langweilig werden diese empfunden. Dementsprechend dünn waren einmal mehr auch die Handelsumsätze.

Anders als das Nullsummenspiel beim SPI vermuten liesse, war bei einigen Aktien für reichlich Bewegung gesorgt. Das Geschehen stand dabei ganz im Zeichen aggressiver Deckungskäufe, liest sich die Liste der Wochen-Gewinner doch wie das "Wer-ist-Wer" der am häufigsten leerverkauften Aktien aus der Schweiz. Ich denke da etwa an jene der Versandapotheke DocMorris, des Pharmaunternehmens Idorsia oder des Sensorenherstellers AMS Osram. Sie alle weisen zweistellige Kursgewinne auf.

Bei DocMorris liess ein Interview des cash.ch-Chefredaktors Daniel Hügli mit Firmenchef Walter Hess den Funken auf die Aktien überspringen. Die Aussagen zur Einführung elektronischer Medikamentenrezepte in Deutschland liess die Leerverkäufer reihenweise die Reissleine ziehen.

Apropos elektronische Medikamentenrezepte: Wie Erhebungen von Jefferies-Analyst Alexander Thiel zeigen, wurden im November erstmals mehr als 3,7 Millionen Rezepte eingelöst. Umso mehr blickt er der deutschlandweiten Einführung ab Anfang 2024 mit Zuversicht entgegen und fühlt sich in seiner Kaufempfehlung sowie im Kursziel von 90 Franken für die Valoren von DocMorris bestärkt.

Die Aktien von AMS Osram setzten hingegen zu einer scharfen Kurserholung an, nachdem der von den Bezugsrechten ausgehende Verkaufsdruck spürbar nachgelassen hatte. Wer dem schlechten Geld kein gutes hinterherwerfen wollte, sei mittlerweile ausgestiegen, wie aus den Handelsräumen hiesiger Banken verlautet.

Gestern Donnerstag berichtete ich in meiner Kolumne davon, dass der gefürchtete britische Hedgefonds-Manager Benjamin Levine von LMR Partners der SIX Swiss Exchange am Tag der Bezugsrechtsemission eine grosse Veräusserungsposition auf die Valoren von AMS Osram meldete.

Ich schrieb dazu folgendes:

Für gewöhnlich dauert es ein paar Wochen, bis eine Kapitalerhöhung von diesem Ausmass verdaut ist. Dennoch schliessen einige Leerverkäufer schon jetzt erste grössere Wetten. Und auch bei Idorsia seien erstmals grössere Deckungskäufe zu beobachten, wie mir berichtet wird. Da frage ich mich doch: Kommt bei den Baselbietern der erhoffte Befreiungsschlag doch noch?

Deckungskäufe heizen den Idorsia-Aktien ein (Quelle: www.cash.ch)

Mitunter ein Grund für den Rückzug der Leerverkäufer aus ihren Wetten dürften die rückläufigen Zinserwartungen in New York sein. Dort ist die Wahrscheinlichkeit einer ersten Leitzinsreduktion durch die amerikanische Notenbank im März nächsten Jahres innerhalb von einer Woche von 15 auf 30 Prozent gestiegen. Von den Geldmarktsätzen und den Kursen kurzlaufender Staatsanleihen lässt sich sogar auf eine Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent schliessen, dass die Leitzinsen spätestens im kommenden Juni um 25 Basispunkte zurückgenommen werden. Sollte der Teuerungsschub weiter an Kraft verlieren, erscheint mir ein solcher Schritt nicht unrealistisch – aber bereits eingepreist.

Jemand gibt eine Party und niemand geht hin. In etwa so dürfte sich Roche kürzlich gefühlt haben. Am Mittwoch lud die Pharma- und Diagnostikgruppe aus Basel - "virtuell" wie es sich gehört - zum Digitalisierungs-Tag. In den (Finanz-)Medien wurde allerdings gar nicht erst darüber berichtet – als hätte der Anlass gar nicht stattgefunden. Haben die Medien den Digitalisierungs-Tag schlichtweg verschlafen?

Einzig dem für die Deutsche Bank tätigen Pharmaanalysten Emmanuel Papadakis war die 96 Seiten starke Präsentation zum Thema Digitalisierung einen Kurzkommentar an seine Anlagekundschaft wert. Dennoch hält er sowohl an seiner Verkaufsempfehlung als auch am 225 Franken lautenden Kursziel fest. Vergebliche Liebesmüh der Basler also...

Heute Freitag überwiegt bei Roche der Forschungsrückschlag beim MS-Mittel Fenebrutinib. Aufgrund möglicher Probleme mit hohen Leberwerten musste die Studie auf Anweisung der US-Arzneimittelbehörde FDA teilweise eingestellt werden. Zuvor war es schon anderen Medikamenten derselben Wirkstoffklasse so ergangen, wie Analyst Richard Vosser bei J.P. Morgan schreibt. Er stuft die Genussscheine wie bis anhin mit "Underweight" und einem Kursziel von 245 Franken ein.

Die Negativserie in der Forschung und Entwicklung will nicht abreissen...

Besser läuft es derzeit für die Aktionärinnen und Aktionäre der UBS. Gestern Donnerstag kratzten die Valoren der grössten Schweizer Bank erstmals seit September 2008 von unten an der magischen Marke von 25 Franken. Da fällt es gar nicht mal so ins Gewicht, dass die Grossbank ihren diesjährigen SMI-Spitzenplatz vorübergehend an die Partners Group abgeben musste. Vier Wochen vor Jahresende bleibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Unternehmen aus der Finanzindustrie.

Wenn man dem Markttechnikexperten Mensur Pocinci von der Bank Julius Bär Glauben schenken will, dann gehen die dividendenstarken Valoren der UBS ab November in die beste Zeit des ganzen Börsenjahres über. Er unterlegt diese Aussage mit geradezu beeindruckendem Zahlenmaterial. Wäre man seit 1990 immer nur zwischen Anfang November und Ende April in die UBS-Aktien investiert gewesen, hätte man aus einem investierten Franken 7,47 Franken gemacht. Wäre man stattdessen immer nur zwischen Anfang Mai und Ende Oktober investiert gewesen, wären vom besagten Franken bloss noch 62 Rappen übrig.

Und auch wenn es der Julius-Bär-Experte nicht explizit schreibt, dann ist der Grund für diese gewaltige Diskrepanz nicht zuletzt in der üppigen Dividende zu suchen. Diese kommt bekanntlich jeweils im April zur Auszahlung – und setzt damit den besten Monaten des ganzen Börsenjahrs die Krone auf.

Eine Liebeserklärung gibt es auch seitens von J.P. Morgan. Die amerikanische Investmentbank setzt die Valoren der UBS mit "Overweight" und einem Kursziel von 31 Franken sowohl auf die "Analysts Focus List" als im Hinblick auf die Jahresergebnisveröffentlichung vom kommenden Frühjahr auch auf die "Positive Catalyst Watch List". Der zuständige Analyst Kian Abouhossein erhofft sich dann wichtige Neuigkeiten rund um die künftigen Finanzziele sowie solche zur künftigen Ausschüttungspolitik. Gerade letzteres deckt sich auch mit meiner Erwartungshaltung.

Kurseinbruch bei den Leonteq-Aktien im bisherigen Tagesverlauf (Quelle: www.cash.ch)

An dieser Stelle möchte ich noch kurz auf die einschneidende Gewinnwarnung von Leonteq zu schreiben kommen. Der Anbieter von strukturierten Produkten geht neuerdings davon aus, das laufende Jahr mit einem Reingewinn zwischen 10 bis 20 Millionen Franken abzuschliessen. Das wiederum lässt auf einen Verlust in der zweiten Jahreshälfte schliessen.

Wie der für die Zürcher Kantonalbank tätige Analyst Daniel Regli vorrechnet, entspräche ein Jahresergebnis in der Mitte der neuen Zielspanne einem Gewinn von 85 Rappen je Aktie. Er selber war bisher von einem Gewinn von 2,79 Franken je Titel ausgegangen und muss nun den dicken Korrekturstift ansetzen.

Regli stellt zudem die frühere Aussage des Unternehmens in Frage, für 2023 eine Dividende von mindestens 2 Franken je Aktie auszuzahlen. Selber hatte er sich sogar eine Ausschüttung von 3 Franken je Titel erhofft. An seinem "Marktgewichten" lautenden Anlageurteil wird der Analyst voraussichtlich festhalten.

Interessant erscheint mir eine Offenlegungsmeldung an die SIX Swiss Exchange, wonach der Stimmenanteil des Ankeraktionärs Rainer-Marc Frey unter den meldepflichtigen Schwellenwert von 5 Prozent gefallen ist. Bei der letzten Offenlegung im Juli 2021 hielt der Hedgefonds-Pionier noch knappe 10 Prozent an Leonteq, in der Spitze einst sogar etwas mehr als 12 Prozent.

Die Meldepflicht der jetzigen Beteiligungsreduktion geht auf den 24. November und damit eine Woche vor die jetzige Gewinnwarnung zurück. Neben "Änderung der der Meldepflicht unterliegenden Informationen" wird auch ein Verkauf von Titeln als Grund für den tieferen Stimmenanteil angeführt. Honi soit qui mal y pense...

Der Schweizer Aktienmarkt dürfte nun in ruhigere Gewässer übergehen. Saisonale Gegebenheiten sprächen im weiteren Jahresverlauf eigentlich auch weiterhin für steigende Kurse. Mal schauen, was ich nächsten Freitag über das hiesige Geschehen zu berichten habe, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

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