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Die vergangenen fünf Handelstage hatten es am Schweizer Aktienmarkt mal wieder faustdick hinter den Ohren: Nicht weniger als 34 Unternehmen meldeten sich mit Quartals- oder Halbjahreszahlen zu Wort – von "A" wie Addex über "M" wie Meyer Burger bis hin zu "Z" wie Zur Rose. Prozentual zweistellige Kursausschläge waren dabei schon beinahe an der Tagesordnung.

An chronischer Unterbeschäftigung litten wir Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten jedenfalls nicht. Und um mal tief durchatmen zu können fehlt die Zeit, geht es nächste Woche mit immerhin noch 31 anstehenden Zahlenkränzen doch im selben atemberaubenden Tempo weiter. Bei den Grossunternehmen heisst es übrigens noch bis übernächste Woche warten. Erst dann meldet sich mit der Partners Group der letzte Nachzügler aus dem Swiss Market Index (SMI) zu Wort. Mit ersten Vorabinformationen wartete der Risikokapitalspezialist schon im Juli auf.

Gut gelesene Insider-Kolumnen von dieser Woche:

Die UBS sagt, mit welchen Aktien sich sicher durch eine Rezession navigieren lässt (18.8.2022)
Bank Julius Bär: Auf diese sechs Schweizer Aktien sollten Anleger jetzt setzen (17.8.2022)


Sollte das Handelsgeschehen so dünn wie in den vergangenen Tagen bleiben, sind auch diesmal bei den betroffenen Aktien wieder grössere Kursausreisser nach oben oder unten möglich. Der gestrige Donnerstag steht dabei stellvertretend für manch anderen Tag: Selbst um 16 Uhr nachmittags hatten gerade einmal die Valoren des Nahrungsmittelmultis Nestlé die 100-Millionen-Franken-Marke geknackt. Bei Roche waren für überschaubare 93 Millionen Franken Genussscheine umgegangen, beim Platzrivalen Novartis sogar nur Aktien für 84 Millionen Franken.

Dass die zweite Handelslinie – über diese kaufen die Basler nahezu täglich eigene Aktien zurück – an diesem Tag auf Platz sechs der meistgehandelten Schweizer Aktien vorrückten, ist bezeichnend. Etwas überspitzt gesagt, macht der Pharmahersteller den Handel in den eigenen Valoren momentan fast selber.

Im weiteren Verlauf schafften es gestern Donnerstag dann übrigens doch noch alle drei SMI-Schwergewichte über die 100-Millionen-Franken-Marke. Nicht nur bei den Aktien, auch bei den Derivaten ist momentan eine ziemliche Flaute zu verspüren. Grössere Blocktransaktionen sind quasi nichtexistent und mittlere sechsstellige Umsätze in Put-Warrants wie UBSPJB auf die Valoren der UBS oder ROGAOZ auf jene von Roche das höchste aller Gefühle. An siebenstellige Umsätze ist schlichtweg nicht zu denken.

Man hat seit Wochen partout das Gefühl, als seien die angelsächsischen Grossinvestoren feiertagsbedingt abwesend. Dabei sind es gerade sie, die hierzulande nachmittags dann doch noch für ein bisschen Umsatz sorgen.

Kommen wir nun aber auf einzelne Unternehmen zu sprechen. Novartis hatte diese Woche einen weiteren Produktrückschlag zu beklagen. Nach zwei Todesfällen im Zusammenhang mit der Gen-Therapie Zolgensma von letzter Woche legten die Basler mit enttäuschenden Studienergebnissen zum Krebsmittel Ilaris bei Lungenkrebs nach. Völlig überraschend kommen diese Neuigkeiten nicht, hatte sich ein solcher Rückschlag doch bereits angekündigt. Viele Analysten hatten ihre Umsatzschätzungen für Ilaris auf diesem Therapiegebiet deshalb schon zuvor aus ihren Bewertungsmodellen gestrichen.

Kursentwicklung der Genussscheine von Roche (rot) im Dreiwochenvergleich mit jener der Novartis-Aktien (grün) (Quelle: www.cash.ch)

Bedeutender sind da die beiden Todesfälle, die im Zusammenhang mit Zolgensma stehen könnten. Solche Neuigkeiten sind nicht gerade hilfreich, sich gegen das erfolgreiche Konkurrenzmedikament Evrysdi von Roche durchzusetzen. Vermutlich verspüren die Valoren des Platzrivalen auch deshalb endlich wieder etwas Auftrieb.

Mit Spannung wurde die Halbjahresergebnisveröffentlichung von Meyer Burger erwartet – weniger des Zahlenkranzes, als vielmehr den vom Solarunternehmen in Aussicht gestellten neuen Umsatz- und Gewinnvorgaben für die Zeit bis Ende 2023 wegen.

Als mir am frühen Donnerstagmorgen die Medienmitteilung zuflatterte, enthielt diese dann allerdings keine neuen Ziele. Spätestens nach der Analystenkonferenz ist nun klar, dass es künftig auch keine solchen mehr geben wird. Stattdessen verweist das Unternehmen auf die erst kürzlich gesenkten Produktionsziele für dieses und das kommende Jahr. Im Wissen, dass die Aktionärinnen und Aktionäre in den nächsten Monaten erneut für den abermals beschleunigten Auf- und Ausbau der Produktionskapazitäten zur Kasse gebeten werden, lässt man sie – etwas überspitzt formuliert – ganz schön im Regen stehen.

Zugegeben: Die mit dem Halbjahresergebnis bekanntgegebene Liefervereinbarung mit der amerikanischen D. E. Shaw Renewable Investments könnte eine ziemlich grosse Sache werden. War während den Verhandlungen noch von einem Zustupf an die Vorabinvestitionen die Rede, werden sich die Amerikaner nun an den laufenden Kosten beteiligen.

Auch was diese Vereinbarung anbetrifft, lässt sich Meyer Burger nicht in die Karten blicken. Das nicht mit Detailinformationen um-sich-geworfen wird ist zwar nicht eben ungewöhnlich. Im Hinblick auf die geplante Kapitalerhöhung tappen die Aktionärinnen und Aktionäre aber auch diesbezüglich völlig im Dunkeln. Dennoch dürfte der eine oder andere Grossaktionär die geplante Kapitalerhöhung mittragen, wie aus dem Umfeld des Unternehmens zu hören ist.

Ich mag Firmenchef Gunter Erfurt und seiner Belegschaft ihren Erfolg von Herzen gönnen. Man darf zu Recht behaupten, dass der jetzige Erfolg der Lohn für die harte Arbeit und für viel Leidenschaft ist. Dass das Solarunternehmen an der Börse mittlerweile mit gut 1,5 Milliarden Franken bewertet wird, ist selbst im Wissen um die vielversprechenden Wachstumsaussichten allerdings eine ziemliche Ansage. Bleibt mir nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass die Aktionärinnen und Aktionäre für diese Vorschusslorbeeren irgendwann belohnt werden.

Zu den Verlierern der Woche zählt Sonova. Der Hörgerätehersteller aus Stäfa wartete am Dienstag – für Beobachter überraschend – mit einer Umsatz- und Gewinnwarnung auf. Neuerdings geht das Unternehmen für das im März nächsten Jahres endende Geschäftsjahr 2022/23 von einem Umsatzwachstum in Lokalwährungen von 15 bis 19 Prozent (zuvor 27 bis 21 Prozent) aus. Der operative Gewinn (EBITA) soll im Jahresvergleich nur noch zwischen 6 und 10 Prozent (zuvor 12 bis 18 Prozent) steigen.

Obwohl oder gerade weil dies der erste Tolggen im Reinheft von Firmenchef Arnd Kaldowski ist, reagierte die Börse ziemlich unterkühlt. Die Aktien wurden am Dienstag mit einem satten Minus von 15 Prozent abgestraft und haben seither weiter an Wert eingebüsst.

Die Sonova-Aktien "schmierten" diese Woche regelrecht ab (Quelle: www.cash.ch)

Dass der dänische Rivale Demant seine Jahresziele selbentags kassierte und wenige Tage später mit Resound auch der "Dritte im Bunde" bei den Zielen über die Bücher gehen musste, zeigt: Sonova steht mit den Problemen beileibe nicht alleine da – selbst wenn der Schweizer Hörgerätehersteller ganz offensichtlich mehr Mühe mit den steigenden Herstellkosten bekundet als die beiden anderen Anbieter.

Gute Neuigkeiten gab es diese Woche hingegen für Holcim. Brasiliens Wettbewerbsbehörde gibt dem Vorhaben, die dortigen Geschäftsaktivitäten für eine Milliarde Dollar an CSN zu verkaufen, ihren Segen. Kurz zuvor hatte der Weltmarktführer aus dem steuergünstigen Zug schon grünes Licht für den Verkauf des Indien-Geschäfts erhalten. Gesamthaft dürfen Holcim aus den beiden Transaktionen rund 7 Milliarden Dollar zufliessen. Geld, welches in den Konzernumbau fliessen könnte. Wie Firmenchef Jan Jenisch anlässlich der Halbjahresergebnispräsentation festhielt, buhlt man gleich um mehrere mögliche Übernahmeziele. Spätestens nach den Erfolgen mit Firestone und Malarkey hat sich Jenisch auch bei Holcim einen Namen als gewiefter "Deal-Maker" gemacht.

Ich wäre jedenfalls nicht überrascht, würden in den kommenden Wochen weitere ergänzende Übernahmen bekannt – immer in der Hoffnung, dass diese dann auch unter einem ähnlich glücklichen Stern wie Firestone und Malarkey stehen. Vielleicht gibt es diesbezüglich ja schon bis nächsten Freitag Neuigkeiten, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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