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In den letzten Tagen stand das Geschehen auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt ganz im Zeichen geldpolitischer Entscheide. Dabei spielte sich dieses gerade rund um den Entscheid der amerikanischen Notenbank regelrecht nach Drehbuch ab: Im Vorfeld neigten die Börsen zur Schwäche – als wollten sie den Warnfinger erheben – nur um nach dem Entscheid zu einer kräftigen Gegenbewegung anzusetzen.

Der Swiss Market Index (SMI) feierte gar neue Indexrekorde. Massgeblich dazu trugen die hiesigen Schwergewichte bei, allen voran Novartis. Die Aktionärinnen und Aktionäre des Pharmakonzerns aus Basel dürfen denn auch aufatmen: Allen Unkenrufen zum Trotz fliesst ein Grossteil des Erlöses aus dem Verkauf des Roche-Pakets nicht etwa in eine überteuerte Übernahme. Stattdessen will man über die nächsten zwei Jahre für 15 Milliarden Dollar eigene Aktien zurückkaufen.

Dabei hatte Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhard erst Ende November noch in einem Interview erklärt, dass Investitionen in den Ausbau der eigenen Geschäftsaktivitäten ganz oben auf der Prioritätenliste stünden.

Allerdings dürfte die Verlockung, nahe den Jahrestiefstkursen eigene Aktien zurückzukaufen, da wohl schlichtweg zu gross gewesen sein. Zur Erinnerung: Während die Genussscheine von Platzrivale Roche seit Jahresbeginn mit gut 20 Prozent im Plus stehen, fristen die Valoren von Novartis nunmehr schon seit Monaten ein Mauerblümchen-Dasein.

Letzteres fand gestern Donnerstag ein Ende – zumindest fürs Erste. Wie man mir berichtet, wurden einige mächtige Marktakteure von den Plänen der Basler auf dem falschen Fuss erwischt. So steuerte das Schwergewicht Novartis beim SMI mehr als 100 Punkte zum Tagesgewinn bei.

So wirklich überraschend kommt der Kurssprung bei den Aktien von Novartis nicht (www.cash.ch)

Nicht zuletzt den drei Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis ist es zu verdanken, dass das hiesige Handelsgeschehen beinahe schon gesittet daherkommt. Anders als an der New Yorker Börse. Dort sind Exzesse an der Tagesordnung. Unnötig zu erwähnen, dass diese alles andere als gesund sind.

Da wäre mal die erschreckend geringe Marktbreite. Bloss fünf Aktien ist es zu verdanken, dass der Nasdaq 100 Index seit Jahresbeginn um 25 Prozent zulegen konnte. Zuletzt notierte nur noch jede vierte Indexkomponente über dem gleitenden 200-Tage-Durchschnitt. Ich kann mich in meinen drei Jahrzehnten an der Börse nicht an eine auch nur annähernd vergleichbare Ballung von Kapitalien erinnern.

Wirklich nachdenklich stimmt mich jedoch die noch nie dagewesene Nachfrage nach Hebelprodukten. So flossen zuletzt innerhalb von gerade mal einer Woche netto 1,5 Milliarden Dollar in einen börsengehandelten Fonds auf den Nasdaq-100-Index mit dreifacher Hebelwirkung. Von den aggressiven Optionswetten dortiger Marktakteure gar nicht erst zu sprechen. Je extremer, desto besser – so lautet das Motto der Stunde.

Selbst den Firmenchefs scheint es da nicht mehr ganz wohl zu sein. Wie Erhebungen von CNBC zeigen, haben sich amerikanische Firmenlenker seit Jahresbeginn unter dem Strich für 69 Milliarden Dollar von Aktien des eigenen Unternehmens getrennt – ein Rekordwert.

Was in Las Vegas geschieht, bleibt in Las Vegas, so sagt man. Doch New York ist eben nicht Las Vegas. Was in New York geschieht, bestimmt auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt, in welche Richtung sich die Kurse entwickeln. Schweizer Marktakteure sollten die Exzesse an der New Yorker Börse daher nicht zu sehr auf die leichte Schulter nehmen. Das könnte sich rächen...

Wenden wir uns nun aber wieder dem hiesigen Handelsgeschehen zu:

Gestern Donnerstag lud mit Straumann ein wahres Vorzeigeunternehmen zum diesjährigen Investorentag. Es ist schon ziemlich beeindruckend, wie rasch sich der Dentalimplantatehersteller aus dem Klammergriff der Pandemiekrise befreien konnte.

Beeindruckender Höhenflug der Straumann-Aktien über die letzten fünf Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Und der Weltmarktführer aus Basel hat Ambitionen: Er peilt für 2030 einen Jahresumsatz von 5 Milliarden Franken an. Das entspräche aus heutiger Sicht einem jährlichen Umsatzplus von rund 10 Prozent.

Allerdings bringt es der für die Zürcher Kantonalbank tätige Analyst Daniel Buchta auf den Punkt: Er selbst rechnet gar mit einem jährlichen Umsatzplus von 15 Prozent und sieht Straumann die 5-Milliarden-Marke schon zwei Jahre früher knacken. Beides hält Buchta mittlerweile für eingepreist. Er stuft die Aktie deshalb wie bis anhin nur mit "Marktgewichten" ein.

Doch nicht nur von den Wachstumsvorgaben – auch von den Margenvorgaben hatte man sich in Expertenkreisen mehr erhofft. Mit 25 bis 30 Prozent fällt die Zielbandbreite der Basler für die operative Kern-Marge (EBIT) etwas sehr weit aus, wobei die Schätzungen schon heute eher am oberen Ende liegen.

Dass der Dentalimplantatehersteller an der bisherigen Ausschüttungsquote festhalten will, dürften die Aktionärinnen und Aktionäre sportlich wegstecken. Schliesslich kauft man eine Wachstumsaktie vom Schlag von Straumann auch nicht der Dividende wegen...

Das Urteil im Revisionsprozess der UBS vor einem Pariser Gericht wurde bereits medial ausgeschlachtet. Was bleibt ist die Frage, ob die Grossbank dieses im jetzigen Ausmass akzeptiert und endlich einen Schlussstrich unter das leidige Thema zieht. Doch auch die Staatsanwaltschaft hat die Möglichkeit, das Urteil weiterzuziehen.

Ich bin jedenfalls jetzt schon neugierig, ob und um wie viel die UBS ihre Rückstellungen im Schlussquartal erhöhen wird. Zur Erinnerung: Bisher hat die Grossbank für den Prozess 450 Millionen Euro zurückgestellt.

Anders als in der Woche zuvor waren die wirklich bahnbrechenden Neuigkeiten eher dünn gesät, was uns zum Lacher der Woche führt. Für diesen sorgte Senatorin Elizabeth Warren. Kurz nachdem am Dienstagnachmittag unserer Zeit die amerikanischen Produzentenpreisindizes für den November über den Ticker flimmerten, übte sie öffentlich Kritik an den "gierigen" Unternehmen. Dass die Produzentenpreise im Vergleich zum Vormonat um weitere 0,8 Prozent zulegten und im Jahresvergleich ein sattes Plus von 9,6 Prozent resultierte, schien die bekannte Politikerin in Rage zu versetzen.

Vielleicht sollte jemand Warren mal etwas Nachhilfe in Volks- sowie in Betriebswirtschaftslehre geben, bestimmen in erster Linie doch die Lohn- und Rohmaterialkosten über die Entwicklung der Produzentenpreise. Und dass die Konsumentenpreisindizes nunmehr schon seit Monaten weniger stark als jene für die Produzentenpreise steigen, zeigt, dass viele Unternehmen die stark gestiegenen Herstellkosten nur langsam und nur teilweise an die Endkundschaft weitergeben.

Der Teuerungsschub bleibt jedenfalls eines der dominierenden Themen für die Aktienmärkte. Beim Blick auf die wirtschaftlichen Vorlaufindikatoren lässt sich sogar eine Stagflation erahnen.

Nach dem grossen Derivatverfall von heute Freitag – übrigens dem letzten in diesem Jahr – dürfte an den Aktienmärkten nun aber erst einmal Ruhe einkehren. Womöglich stehen uns weitere nachrichtenarme Tage bevor. Mehr dazu am kommenden Freitag, wenn es zum zweitletzten Mal in diesem Jahr heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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