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Für den Swiss Market Index (SMI) waren die letzten Tage unter dem Strich ein Nullsummenspiel. Das renommierte Börsenbarometer steuert nur auf eine leicht positive Wochenbilanz zu.

Wertvolle Punkte kostete insbesondere das Schwergewicht Nestlé, nachdem das amerikanische Partnerunternehmen General Mills am Mittwoch mit einem enttäuschenden Zahlenkranz aufwarten musste. Mit einem Umsatz von 5 Milliarden Dollar verfehlte der Nahrungsmittelhersteller im Schlussquartal des Geschäftsjahres 2022/23 selbst die pessimistischsten Analystenschätzungen.

Gar nicht gut kam der operative Margenrückgang um 450 Basispunkte an. Die Amerikaner räumten denn auch ein, dass es ihnen nicht möglich gewesen sei, die gestiegenen Herstellungskosten vollumfänglich über Preiserhöhungen weiterzugeben.

Ob Nestlé zuletzt ähnliche Probleme erfuhr, wird sich Ende Juli zeigen. Anders als nach den ersten drei Monaten werden die Westschweizer dann nämlich neben der Umsatz- auch über die Gewinnentwicklung informieren.

Wenn man dem Barclays-Analysten Warren Ackerman Glauben schenken will, dann müssen sich die Aktionärinnen und Aktionäre des Vorzeigeunternehmens aus Vevey im Hinblick darauf keine grauen Haare wachsen lassen. Denn obwohl er seine Schätzungen für die Absatzpreise etwas zurücknimmt, liegen diese noch immer über den durchschnittlichen Annahmen seiner Berufskollegen. Diese Zurückhaltung bei anderen Analysten kommt nicht von ungefähr, hatte Nestlé die Erwartungen an das zweite Quartal in den letzten Wochen bei sich bietenden Gelegenheiten doch eher gedämpft...

Auch die Kursgewinne bei den Valoren von Roche erweisen sich rückblickend bloss als ein Strohfeuer und sind dem SMI keine grosse Hilfe. Dass sich die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA für Beobachter überraschend gegen eine Zulassung des Augenmedikaments Eylea von Regeneron in hoher Verabreichungsdosis ausgesprochen hat, dürfte den Baslern zwar nicht eben ungelegen kommen. Zumindest kurzfristig dürfte sich das eigene Präparat Vabysmo so besser verkaufen.

Kursentwicklung der Genussscheine von Roche in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)

In Analystenkreisen geht man jedoch davon aus, dass Regeneron und das deutsche Partnerunternehmen Bayer einen erneuten Anlauf nehmen werden. Die Frage lautet also nicht ob, sondern vielmehr wann Eylea in hochdosierter Form auf den Markt kommt.

Die Neuigkeiten liessen die Umsätze bei den Valoren von Roche am Mittwoch wenigstens vorübergehend etwas anschwellen. Ansonsten glich das Geschehen bei den drei SMI-Schwergewichten jenem der letzten Wochen. Oft hatten bis zum Markteintritt der Amerikaner am Nachmittag hiesiger Zeit für jeweils weniger als 80 Millionen Franken Titel die Hand gewechselt. Eine Flaute, wie sie selbst um diese Zeit des Jahres hartnäckiger kaum sein könnte.

Kein Wunder, wenn da der bekannte Charttechniker Mensur Pocinci von der Bank Julius Bär in seinem Glauben an einen steigenden SMI wankt. Ihm sind die relative Schwäche gegenüber dem Weltaktienindex von MSCI sowie die Trendumkehr bei den Momentum-Indikatoren nach unten sichtlich ein Dorn im Auge. Er will sein Bullish lautendes Anlageurteil für den SMI überdenken, sollte dieser unter die wichtige Unterstützungslinie bei 10'900 Punkten fallen. Die drei Indexschwergewichte Nestlé, Roche und Novartis hat er in den letzten Wochen vorsorglich schon mal aus seinem "Swiss Equities Portfolio" verbannt.

Keine gute Woche hatten die hiesigen Versicherungswerte. Den Lebensversicherer Swiss Life kostet die Rechnungslegungsumstellung auf IFRS 9 und IFRS 17 fast die Hälfte des Jahresgewinns. Bei Bâloise schmälert sie das Ergebnis sogar noch deutlicher. So resultiert fürs vergangene Jahr neuerdings noch ein Überschuss von 245 Millionen Franken. Zur Erinnerung: Vor der Umstellung wies die Versicherungsgruppe noch einen Konzerngewinn in Höhe von 548 Millionen Franken aus.

Mit einem Gewinnrückgang um etwas mehr als 20 Prozent auf 480 Millionen Franken kommt Helvetia da noch fast mit einem blauen Auge davon. Das Eigenkapital reduziert sich bei den Ostschweizern um moderate 7 Prozent, was angesichts der starken Eigenmitteldecke ohne weiteres zu verkraften ist.

Auch die Aktien von Swiss Life wurden für die buchhalterische Gewinnkorrektur abgestraft (Quelle: www.cash.ch)

Dennoch reagierte die Börse ziemlich unterkühlt auf diese Neuigkeiten und strafte die betroffenen Aktien mit Kursverlusten zwischen 3 und 4 Prozent ab. An den guten Dividendenaussichten der Vorzeigeunternehmen aus der Versicherungsindustrie ändere sich allerdings nichts, wie Analysten versichern. Alles also bloss ein Sturm im Wasserglas...?

Ähnliches könnte übrigens auch für die angeblichen Titelkäufe eines Verwaltungsrats bei Schindler gelten. Wie aus mehreren Offenlegungsmeldungen an die SIX Swiss Exchange hervorgeht, erwarb ein nicht namentlich bekannter Verwaltungsrat in den vergangenen zwei Wochen Partizipationsscheine im Gesamtwert von mehr als 132 Millionen Franken.

Ich benutze ganz bewusst den Begriff "angeblich". Denn wie eine Firmensprecherin gegenüber den Kollegen von AWP festhielt, stehen die Transaktionen im Zusammenhang mit Umschichtungen unter dem Aktionärsbindungsvertrag der Gründerfamilien Schindler und Bonnard. Will sie damit etwa andeuten, dass sich dahinter gar keine Titelkäufe über die Börse verbergen?

Ein Blick auf die Kursentwicklung der letzten Wochen liesse diesen Rückschluss durchaus zu. Hätte sich ein Verwaltungsrat des Aufzugs- und Rolltreppenherstellers in dieser Zeit in einem solchen Umfang Partizipationsscheine angelacht, stünde deren Kurs nämlich ganz wo anders. Der UBS zufolge sind die Valoren von Schindler derzeit in den Anlegerportefeuilles übrigens übermässig vertreten.

Eine neue Woche, eine neue Hiobsbotschaft für die oppositionellen GAM-Aktionäre um den französischen Milliardär Xavier Niel. Allen Forderungen der Aktionärsgruppe zum Trotz konnte sich der schlingernde Vermögensverwalter mit der Carne Group einigen. Letztere übernimmt für insgesamt bloss 2,7 Millionen Franken das White-Labelling-Geschäft in Luxemburg und der Schweiz, womit nun eine zentrale Forderung für die Übernahme durch die britische Liontrust erfüllt ist.

Wie sehr die Zeit drängt, zeigt der Vermögensrückgang in der besagten Geschäftssparte. Lagen die verwalteten Vermögen Ende März noch bei 48,4 Milliarden Franken, waren es zwei Monate später nur noch 36,4 Milliarden Franken. Das entspricht einem Minus von ziemlich genau 70 Prozent seit Ende Dezember letzten Jahres.

Dass sich GAM mit dem Verkauf klar gegen die Forderungen der oppositionellen Aktionärsgruppe stellt, überrascht nicht. Schliesslich bedürfen solche Transaktionen keiner Genehmigung durch die Generalversammlung. Die Entscheidungskompetenz liegt bei Verwaltungsrat und Geschäftsleitung.

Ich bin jetzt schon neugierig zu sehen, wie die oppositionellen GAM-Aktionäre auf diesen Schienbeintritt reagieren werden. Vermutlich wird die Angelegenheit zu Juristen-Futter.

Nächsten Freitag erscheint die letzte Börsenwoche im Schnelldurchlauf vor meinen Sommerferien. In diesem Sinne: Ihnen allen ein schönes Wochenende!

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