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Man darf auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt von einem ziemlich gelungenen Jahresauftakt sprechen: Der Swiss Market Index (SMI) stieg in den ersten vier Handelstagen um mehr als 3 Prozent, der SMI Midcap Index (SMIM) gar um fast 5 Prozent. Was das für das Börsenjahr 2023 bedeuten könnte, erkläre ich dann am Montag.
Derweil stehen nicht eben wenige Strategen den jüngsten Kursgewinnen ziemlich skeptisch gegenüber. Diesem Lager gehört auch der im Mandat für die UBS tätige Charttechniker Michael Riesner an. Wie er in seinem 61 Seiten starken "Technical Outlook for 2023" schreibt, bleibt es bei einem blossen Aufbäumen. Spätestens ab Ende März sieht er die Aktienkurse nochmals kräftig purzeln.
Auf Seite 36 verrät Riesner denn auch, dass er den SMI erst bei 9600 Punkten die Talsohle durchschreiten sieht. Dort verlaufe eine wichtige Unterstützungslinie von vor drei Jahren, welche sich geradezu als Ziel des Bärenmarktes anerbiete. Auch für die drei Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis findet der Experte keine wohlwollenden Worte. Auch wenn er es nicht explizit schreibt, so lässt er zumindest durchblicken, dass er diese aus technischer Sicht für verwundbar hält.
Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne mögen sich bestimmt noch erinnern, dass Riesner in den vergangenen Monaten mit seinen SMI-Prognosen stets richtig lag. Angesichts der beinahe schon euphorischen Stimmung muss er allerdings aufpassen, nicht als "Miesepeter" verschrien zu werden...
Gestern Donnerstag war übrigens ein ziemlich denkwürdiger Tag, stieg doch die Rendite der weltweit letzten Anleihe mit negativer Rendite auf Verfall in den positiven Bereich. Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass es sich bei dieser Anleihe um eine japanische Staatsanleihe handelt.
Erhebungen der Deutschen Bank zufolge gibt es nun erstmals seit 2014 weltweit keine einzige Anleihe mit einer negativen Rendite auf Verfall mehr. Zur Erinnerung: Vor etwas mehr als 18 Monaten waren es in der Spitze noch Anleihen mit einem Nominalwert von insgesamt 18400 Milliarden Dollar.
So weit, so gut – möchte man da meinen. Doch real betrachtet – sprich um die Teuerung bereinigt – sind die Zinsen noch immer tief im negativen Bereich. Mit anderen Worten: Als Sparerin und Sparer verliert man auch weiterhin Kaufkraft. Das stellt insbesondere unsere berufliche Vorsorge vor gewaltige Herausforderungen.
Mir waren Negativzinsen schon seit je her ein Dorn im Auge, widerspricht es doch jeglichem gesundem kaufmännischem Grundverständnis, wenn der Schuldner vom Gläubiger noch Geld fürs Schuldenmachen bekommt. Oder wie mein langjähriger Weggefährte in Sachen Börse stets zu sagen pflegte: Was nichts kostet, ist nichts wert. Dasselbe liesse sich auch übers Geld sagen. Schliesslich sind die Zinsen die Kosten fürs Geld.
Obschon das billige Geld weniger wird, mangelt es an den Aktienmärkten dennoch nicht an Exzessen. Als ich am Mittwoch von einer von Kinarus Therapeutics selbstbezahlten Unternehmensstudie mit einem rechnerisch fairen Aktienkurs von 9 Rappen berichtete, staunte ich nicht schlecht: Kurz nach der Veröffentlichung meiner Kolumne zogen die Kursnotierungen kräftig an. Bei Handelsende resultierte ein sattes Plus von fast 80 Prozent. Tags darauf zog der Aktienkurs in der Spitze dann sogar bis auf 3,4 Rappen weiter, bevor er die Erdanziehungskraft wieder zu spüren bekam.
Mich überrascht dieses Kursfeuerwerk gleich aus zwei Gründen. Zum einen warnte ich explizit vor dem sehr engen Markt in den Valoren dieses Kleinstunternehmens und zum anderen schrieb ich folgendes:
Es scheint, als wäre ich mit meinen warnenden Worten nicht bis zu meinen Leserinnen und Lesern durchgedrungen. Oder habe ich mir in all den Jahren meiner Tätigkeit etwa sogar einen Namen als zuverlässiger Gegenindikator gemacht...?
Wie schon in der Altjahreswoche waren die Nachrichten aus der hiesigen Unternehmenswelt ziemlich dünn gesät – als würden sich ganze Medienabteilungen noch immer auf den Skipisten vergnügen. Folglich gehörte die Bühne für einmal ganz den Aktienanalysten.
Ich zähle alleine seit dem gestrigen Donnerstag nicht weniger als neun Umstufungen oder Neuabdeckungen. Mehr auch dazu nächsten Montag.
Kommenden Mittwoch läutet Sika bei den hiesigen Grossunternehmen die Jahresberichterstattung ein, gefolgt von der Partners Group tags darauf. Wirklich repräsentativ für den Schweizer Aktienmarkt ist weder der Bauchemiehersteller noch der Risikokapitalspezialist. Dennoch verspreche ich mir erste wichtige Anhaltspunkte darauf, was uns in den darauffolgenden Wochen alles blühen könnte. Mehr zum Thema nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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2 Kommentare
Schon fast euphorische Stimmung, wo nimmt denn der Cash Insider diese Bewertung her? Es herrscht noch immer dunkle Nacht an der Börse, dies aber nicht mehr lange!
Das sehe ich etwas anders und interpretiere den C.I. so wie er seinen Bericht endet. "Dennoch verspreche ich mir erste wichtige Anhaltspunkte darauf, was uns in den darauffolgenden Wochen alles blühen könnte." Pass auf, was uns noch alles blühen könnte, ist eine klare und unmissverständliche Warnung und versetzt mich nicht in eine "euphorische" Stimmung.