Der cash Insider ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv. Lesen Sie börsentäglich von weiteren brandaktuellen Beobachtungen am Schweizer Aktienmarkt.

+++

Nicht nur die Strategen und die Leerverkäufer nehmen die ersten Januar-Tage zum Anlass, sich neu zu sortieren - auch viele Analysten mischen die Karten neu. Einer derartigen Welle an Titelumstufungen wie in den vergangenen 48 Stunden bin ich in meiner zwanzigjährigen Tätigkeit als Wirtschaftsjournalist und Börsenkolumnist noch selten begegnet.

Am stärksten ins Gewicht fällt wohl die Herunterstufung der Aktien von Nestlé von "Neutral" auf "Underperform" durch den für BNP Paribas tätigen Jeff Stent. Wie der bekannte Analyst in einer Studie zur europäischen Nahrungsmittelindustrie schreibt, leisten Firmenchef Mark Schneider und seine Geschäftsleitungskollegen zwar gute Arbeit. Allerdings seien die Papiere selbst für eine Nahrungsmittelaktie eher stolz bewertet. Ausserdem rechnet Stent - anders als viele andere Vertreter seiner Berufsgilde - im laufenden Jahr nicht mit einer Wachstumsbelebung. Da neben Stent bloss drei Analysten zum Verkauf der ansonsten sehr beliebten Nestlé-Aktien raten, kommt die Herunterstufung einem Tabubruch gleich.

Die Nestlé-Aktien (rot) entwickeln sich seit Anfang September deutlich schlechter als der SMI (grün) (Quelle: www.cash.ch)

Ebenfalls mit einer Herunterstufung wartet Analyst Robert Joynson auf. Auch er ist auf der Lohnliste der französischen BNP Paribas. Joynson ist die mittlerweile ziemlich stolze Bewertung von Kühne+Nagel ein Dorn im Auge und senkt seine Einschätzung für die Aktien des Innerschweizer Transportunternehmens mit einem Kursziel von 155 Franken von "Outperform" auf "Neutral". Seines Erachtens sticht die Dividendenrendite - ursprünglich eines der Hauptargumente für die seinerzeitige Kaufempfehlung - nicht länger heraus.

Mut beweist der für Vontobel tätige Daniel Buchta. Der Medizinaltechnikanalyst stuft die Aktien von Ypsomed von "Hold" auf "Buy" herauf. Nach schwierigen Jahren traut er dem Burgdorfer Insulinpumpenhersteller einen bilderbuchmässigen Turnaround und dessen Papieren einen Vorstoss bis auf 193 (zuvor 147) Franken zu.

Diese Vorschusslorbeeren dürfte vor allem die Familie um Firmenpatron Willy Michel und seinen Sohn Simon freuen. Vermutlich gehen die in den letzten zwei Wochen bekannt gewordenen Titelkäufe auf ihr Konto.

Die Credit Suisse entdeckt hingegen die Aktien der Partners Group für sich. Analyst Andreas Brun deckt letztere neuerdings mit einer "Outperform" lautenden Kaufempfehlung und einem Kursziel von 1000 Franken ab. Er zeigt sowohl an den guten Wachstumsaussichten als auch an den stabil hohen Margen sichtlich Gefallen und begrüsst die gute Vorhersehbarkeit der zukünftigen Gewinnentwicklung. Dass die Papiere des Risikokapitalspezialisten alleine seit Ende Oktober um knapp 18 Prozent zulegen konnten und man noch nie zuvor so viel für sie bezahlte, scheint ihn nicht weiter zu kümmern - ebensowenig wie die für gewöhnlich ziemlich launischen erfolgsabhängigen Erträge.

Klare Worte findet Jürgen Wagner von der MainFirst Bank für das jüngste Kursfeuerwerk bei den Aktien von U-blox. Der als profunder Branchenkenner bekannte Analyst hält dieses alleine schon des immer intensiveren Wettbewerbs wegen für nicht nachhaltig. Konsequenterweise hebt er das Kursziel zwar auf 80 (zuvor 70) Franken an, senkt gleichzeitig aber sein Anlageurteil von "Hold" auf "Sell".

Die U-blox-Aktien blicken seit letztem Sommer auf eine beeindruckende Kurserholung zurück (Quelle: www.cash.ch)

Dass der einzige reine Schweizer Vertreter des "Internets der Dinge" an der Börse heute fast 40 Prozent mehr wert ist als noch vor drei Monaten, ist vor allem der Kapitulation ausländischer Leerverkäufer zu verdanken. Die Aussicht auf eine Einigung im Handelsstreit zwischen den Vereinigten Staaten und China liess sie zuletzt reihenweise das Handtuch werfen. "Short buyers are the best buyers", hört man im angelsächsischen Raum zwar oft. So richtig nachhaltig sind die davon ausgehenden Kursimpulse dann aber nicht.

Beim Textilmaschinenhersteller Rieter ist aus dem hiesigen Handel gar von einer Kehrtwende eines Analysten zu hören. Nicht nur, dass letzterer die Papiere erstmals seit Jahren nicht länger zum Kauf empfiehlt, er rate neuerdings sogar zum Ausstieg. Rieter kämpft seit längerer Zeit mit einer Auftragsflaute.

Bei allem Respekt für die Banken und ihre Analysten: Als Anleger ist man gut beraten, sich nicht zu Kurzschlusshandlungen hinreissen zu lassen. Nicht selten macht es sich bei den betroffenen Aktien bezahlt, abzuwarten bis sich der Staub wieder gelegt hat. Vermutlich sieht man die Dinge dann etwas klarer...

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.