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Quartalsberichterstattung an der Schweizer Börse: Wenn gut nicht länger gut genug ist

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Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche: Kursausschläge am Laufmeter, Aufatmen bei Holcim, weitere Indiskretionen bei der Credit Suisse - Und: Analyst zieht bei Zur Rose die Reissleine.

21.10.2022   11:50
Von cash Insider
Logo des Zementkonzerns Holcim.
Logo des Zementkonzerns Holcim.Quelle: ZVG

Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Zwei Wochen ist es nun her, als der Genfer Aromen- und Duftstoffhersteller Givaudan an der Börse für etwas schwächer als erwartet ausgefallene Neunmonatsumsatzzahlen mit einem Tagesverlust von 8 Prozent abgewatscht wurde. Was damals noch kaum jemand ahnte: Dieses Kursdebakel sollte nur ein kleiner Vorgeschmack auf das sein, was noch kommen sollte.

Die Quartalsberichterstattung hat es faustdick hinter den Ohren. Schon kleinste Abweichungen von den durchschnittlichen Analystenschätzungen ziehen grössere Kursausschläge nach sich. Und selbst wenn der Zahlenkranz – wie im Fall des Aufzug- und Rolltreppenherstellers Schindler – besser als gedacht ausfällt, findet sich bestimmt irgendwo ein Haar in der Suppe. Die Valoren des Traditionsunternehmens aus dem steuergünstigen Ebikon gingen am gestrigen Donnerstag jedenfalls um gut 4 Prozent tiefer aus dem Handel. Wenn gut nicht länger gut genug ist, liesse sich da sagen.

Die Partizipationsscheine von Schindler standen in der zweiten Wochenhälfte unter Verkaufsdruck (Quelle: www.cash.ch)

Vergiftet wird die Stimmung hierzulande auch von der Zinsentwicklung. In New York stieg die Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen zuletzt auf über 4,2 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit unmittelbar vor der Finanzkrise von 2008.

Für Gesprächsstoff sorgte zur Wochenmitte das Ergebnis der jüngsten Dollar-Auktion. Wie Statistiken der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zeigen, riefen Banken 11 Milliarden Dollar bei ihr ab. Schon eine Woche zuvor waren es 6,3 Milliarden Dollar, die zugeteilt wurden. Solche Zahlen wecken böse Erinnerungen an die Bankenkrise von 2008. Damals wurden in der Spitze 12 Milliarden Dollar bei der SNB abgerufen.

Anders als damals führen Beobachter den Dollar-Hunger hiesiger Banken aber weniger auf Stress im Bankensystem als vielmehr auf Arbitrage-Geschäfts zurück. Es sei lukrativ, die günstigen SNB-Dollars in Übersee zu höheren Konditionen auszuleihen, wie zu hören ist. Das Thema ist heute Freitag sogar der renommierten Financial Times einen Artikel wert.

Die Aktionärinnen und Aktionäre von Holcim dürfen aufatmen: In der unrühmlichen Syrien-Affäre kommt der Weltmarktführer aus Zug mit einem blauen Auge davon. Zwar sieht der Vergleich mit dem amerikanischen Justizministerium eine Zahlung in Höhe von umgerechnet 776 Millionen Franken vor. Dafür gibt es von den Amerikanern allerdings Absolution.

Zur Erinnerung: Zwischen August 2013 und Oktober 2014 hatte die syrische Tochter von Lafarge mehrere Millionen an den Islamischen Staat und eine weitere Terrorgruppierung bezahlt, um die Produktion vor Ort aufrechterhalten zu können. Das Ganze flog dann aber auf.

Wie das amerikanische Justizministerium festhält, gehen die Verfehlungen in die Zeit vor dem Zusammenschluss von Lafarge mit Holcim zurück. Die Franzosen hätten nichts unversucht gelassen, die Angelegenheit den Schweizern gegenüber zu vertuschen, wie es weiter heisst. Lob für Holcim gab es von den Amerikanern überdies für das heutige Compliance-Programm des Weltmarktführers, welches ähnliche Verfehlungen künftig zu verhindern wissen sollte.

Ich glaube mich erinnern zu können, in Analystenkreisen einst von drohenden Vergleichszahlungen von bis zu 3 Milliarden Dollar gehört zu haben. Umso mehr fällt bei den Valoren von Holcim mit der Einigung mit dem amerikanischen Justizministerium ein nicht unwesentlicher Unsicherheitsfaktor weg.

Obwohl der Fall in Frankreich noch hängig ist. Schlaflose Nächste brauchen sich die Aktionärinnen und Aktionäre deswegen aber nicht zu machen, dürften daraus doch deutlich tiefere Kosten erwachsen. Firmenchef Jan Jenisch selber geht von einer Busse von umgerechnet 40 bis 80 Millionen Franken aus. Er kann sich seinerseits nun wieder dem Unternehmensumbau zuwenden.

Langjährige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass die Verhandlungsführer von Holcim von jenen der französischen Lafarge bei den damaligen Verhandlungen, die dann zum Zusammenschluss der beiden Zementhersteller führten, ziemlich übervorteilt wurden. Das Zusammengehen blieb den Erwartungen vieles schuldig – wie auch die Aktienkursentwicklung seither unschwer erkennen lässt.

Nicht zur Ruhe kommt hingegen die Credit Suisse. Noch immer sickern fast täglich irgendwelche Indiskretionen in die angelsächsischen Wirtschaftsmedien durch – beispielsweise, dass die Grossbank die Royal Bank of Canada und Morgan Stanley mit einer möglichen Kapitalerhöhung beauftragt habe. Und auch dass die beiden kanadischen Rivalen CIBC und TD an Teilen des Investment Bankings und die japanische Mitsubishi Financial an gewissen Kreditbeständen interessiert sei, war zu lesen.

Welche Informationsfetzen nun zutreffen und welche nicht, lässt sich auch für mich nicht abschliessend sagen. Die hohe Taktfrequenz, mit der immer neue Indiskretionen in die Wirtschaftsmedien durchsickern, lässt auf einen erbitterten Machtkampf im Verwaltungsrat der Grossbank schliessen.

Im Hinblick auf das ersehnte Strategie-Update vom nächsten Donnerstag schrieb ich kürzlich folgendes:

Nächsten Donnerstag wissen wir dann endlich mehr. Spätestens dann dürften sich die einzelnen Puzzleteile zu einem Ganzen zusammensetzen.

Für den "Lacher der Woche" sorgte – wenn auch unfreiwillig – Jefferies-Analyst Alexander Thiel. Er stufte die Aktien von Zur Rose am Tag vor dem Zwischenbericht fürs dritte Quartal von "Buy" auf "Hold" herunter. Gleichzeitig strich er das Kursziel auf 26 (zuvor 95) Franken zusammen.

Nach einer erneuten Prüfung der Sachlage im deutschen Gesundheitswesen und der politischen Prioritäten sei er zum Schluss gekommen, dass bei der Einführung elektronischer Medikamentenrezepte mit weiteren Verzögerungen zu rechnen sei.

Kursentwicklung der Zur-Rose-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Den Anlagekunden von Jefferies dürfte allerdings gar nicht nach Lachen sein, pries Thiel die Valoren der Versandapotheke seit Mai 2020 doch bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit zum Kauf an. Zwischen Mitte Juli 2021 und Anfang Juli 2022 tat er dies sogar mit einem Kursziel von 571 Franken – wobei sein Kursziel für das sogenannte "Blue-Sky-Szenario" sogar noch ein paar hundert Franken höher lag.

Kosteten die Aktie im Mai 2020 um die 190 Franken, waren es diese Woche am Tag seines Handtuchwurfs keine 30 Franken mehr. Wie mir aus dem Handel berichtet wird, treten namhafte Leerverkäufer nun aber den Rückzug aus ihren Wetten gegen die Versandapotheke an. Der Mist sei geführt, wie es heisst.

Die kommende Woche hat es in sich. Mit Logitech, UBS, Kühne+Nagel und Novartis warten alleine am Dienstag vier Grossunternehmen mit Zahlenkränzen auf, gefolgt von Credit Suisse und Swisscom am Donnerstag sowie Holcim und Swiss Re am Freitag. Das dürfte uns Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten ganz schön auf Trab halten. Mehr dazu am kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar

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1 Kommentar

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turicum22

Bereits kleinste Negativsituationen können ein gewaltiges Beben auslösen. Ein Konzern kann durchaus mehr Umsatz und mehr Gewinn erwirtschaften und der Kurs bricht trotzdem ein, weil die Analysten mehr erwartet haben. Es wird spekuliert. Dadurch könnte der SMI bis Jahresende auch mindestens noch 20% tiefer liegen.

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