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Das sind sich die erfolgsverwöhnten Aktionäre von Nestlé nicht gewohnt: Anlässlich einer Rede vor dem Swiss-American Chamber of Commerce versuchte CEO Paul Bulcke die Erwartungen an das Geschäftsjahr 2013 zu dämpfen.
Und dies nicht zum ersten Mal. Mitte April musste der Westschweizer Nahrungsmittelhersteller mit enttäuschenden Quartalsumsatzzahlen aufwarten. Das organische Wachstum hatte sich in den ersten drei Monaten auf 4,3 Prozent verlangsamt. Dementsprechend vorsichtig gaben sich die Firmenverantwortlichen an der anschliessenden Analystenkonferenz. Auf das Gesamtjahr betrachtet sei ein organisches Umsatzwachstum am unteren Ende der Zielbandbreite von 5 bis 6 Prozent denkbar, so hiess es damals.
Dass CEO Paul Bulcke diese Woche ein weiteres Mal nachlegte, sollte aus Aktionärssicht nachdenklich stimmen. Denn allem Anschein nach scheint Nestlé die eigenen Aktionäre neu sogar auf ein vorübergehend unter der Zielbandbreite liegendes Umsatzwachstum einzuschwören.
Ich frage mich, ob dieser Wink mit dem Zaunpfahl überhaupt in der Analystengemeinde angekommen ist. Denn soviel ich weiss, ist der für Kepler Cheuvreux tätige und von mir sehr geschätzte Analyst bisher der einzige Experte, der ein Verfehlen des firmeneigenen Wachstumsziels überhaupt für möglich hält.
In einem mir vorliegenden Kommentar schreibt der Experte, dass Nestlé derzeit mit allerlei Widrigkeiten wie einer Wachstumsverlangsamung in den Schwellenländern, Wettbewerbsdruck beim Flaggschiff Nespresso sowie einer Nachfrageschwäche bei Tiefkühlprodukten zu kämpfen habe.
Bei Kepler Cheuvreux warnte man schon kurz nach der Umsatzenttäuschung von Mitte April davor, dass beim Westschweizer Börsenliebling nach wachstumsträchtigen Jahren eine Ära zu Ende gehen könnte. Die Aktien werden beim Bankinstitut denn auch weiterhin nur mit «Hold» und einem Kursziel von 60 Franken eingestuft.
Am bisherigen Leistungsausweis der Firmenverantwortlichen am Hauptsitz im waadtländischen Vevey und am einwandfrei funktionierenden Geschäftsmodell von Nestlé gibt es nichts zu rütteln. Sollte die im vergangenen Jahr getätigte Grossübernahme des Kindernahrungsmittelgeschäfts von Pfizer verdaut sein, steht einer Wiederaufnahme des Aktienrückkaufprogramms nichts mehr im Wege. Und dennoch sind die Aktien in den letzten Monaten auf ein Kurs- und Bewertungsniveau gestiegen, das erst einmal verdaut werden muss. Dass sich die in den ersten drei Monaten beobachtete Wachstumsverlangsamung ins laufende zweite Quartal hinein zu ziehen scheint, macht die Sache nicht gerade besser. Ich befürchte, dass viele Analysten über die kommenden Wochen ein weiteres Mal mit dem Rotstift über ihre diesjährigen Umsatz- und Gewinnprojektionen gehen müssen. Solche Anpassungen bleiben selten ohne Auswirkungen auf die Aktienkursentwicklung.
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Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass ich den Namenaktien der Valiant Holding in der Vergangenheit mehr als einmal mit Skepsis begegnet bin.
Für einmal muss ich die Berner Regionalbankengruppe und ihre Papiere allerdings in Schutz nehmen. Diese wurden vom Markt in den vergangenen Handelstagen nämlich zu Unrecht für das anderen Schweizer Banken im US-Steuerstreit drohende Ungemach in Sippenhaft genommen.
Auf Anfrage lässt man mich bei der Valiant Holding wissen, dass das Auslandsgeschäft nie ein Geschäftsfeld gewesen sei. Die Berner Regionalbankengruppe habe nur ganz wenige, vereinzelte US-Personen als Kunden. Bei all diesen Kunden sei ein starker Schweizer Bezug gegeben und die meisten seien Schweizer Bürger. Es gebe daher überhaupt keine Anhaltspunkte, dass man ein individuelles Programm mit den USA durchlaufen müsse.
Aus Aktionärssicht ist nach diesem Dementi Aufatmen angesagt. Und auch wenn ich vom längerfristigen Erfolg des von der Valiant Holding verfolgten Geschäftsmodell noch immer nicht so richtig überzeugt bin, so sehe ich im jüngsten Kurszerfall der Aktien dennoch eine Übertreibung. Die Chancen für eine Gegenbewegung stehen meiner Meinung nach gut.
Ein Kränzchen muss ich an dieser Stelle auch den Verantwortlichen der Unternehmenskommunikation der Valiant Holding winden. So rasch und unbürokratisch wurde eine Anfrage meinerseits selten von einem Unternehmen beantwortet.