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Die verkürzte Handelswoche begann bei uns am Schweizer Aktienmarkt mit einem Dämpfer. Im Laufe des Dienstagnachmittags setzten grössere Abgaben ein. Von diesem Dämpfer erholten sich die hiesigen Indizes nur nach und nach.
Dass sich das Börsengeschehen einmal mehr von seiner launischen Seite zeigte und starke Kursausschläge an der Tagesordnung waren, dürfte den für diese Jahreszeit ungewöhnlich dünnen Handelsumsätzen geschuldet sein.
Ich kommentierte das momentane Börsengeschehen gestern Donnerstag mit folgenden Worten:
...und weiter...
Nun, da die Unternehmensberichterstattung fürs vergangene Jahr weit fortgeschritten wäre, und wir Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten endlich Gelegenheit hätten, tief durchzuatmen und etwas Kraft zu sammeln, machen uns ausgerechnet die Banken und ihre Analysten einen dicken Strich durch die Rechnung.
Auf Trab hielt uns in den letzten Tagen insbesondere Bernstein Société Générale. Dieses Analyse-Haus geht aus einer Zusammenführung der Expertinnen und Experten von Bernstein Research mit jenen der französischen Société Générale hervor.
Am Dienstag berichtete ich, dass der für Bernstein Société Générale tätige Pharmaanalyst Justin Smith die Erstabdeckung der Genussscheine von Roche mit "Buy" und einem Kursziel von 295 Franken aufgenommen habe. Es ist eine dieser seltenen Kaufempfehlungen für das letztjährige SMI-Schlusslicht. Allerdings hatte derselbe Analyst während seiner Zeit bei der Société Générale gar ein 12-Monats-Kursziel von 375 Franken für die Genussscheine der Pharma- und Diagnostikgruppe ausstehend.
Die Lonza-Aktien kennen seit Jahresbeginn nur eine Richtung: Die nach oben. (Quelle: www.cash.ch)
Was das jeweilige Anlageurteil und das dazugehörige Kursziel angeht, setzte sich entweder die Meinung des SocGen-Analysten oder aber jenes von Bernstein Research durch. Ersteres ist offensichtlich bei den Valoren von ABB ("Market Perform" mit einem Kursziel von 42 Franken), Adecco ("Market Perform" mit einem Kursziel von 37 Franken), Clariant ("Market Perform" mit einem Kursziel von 12,50 Franken), Flughafen Zürich ("Outperform" mit einem Kursziel von 250 Franken), Givaudan ("Market Perform" mit einem Kursziel von 4100 Franken), Lonza ("Outperform" mit einem Kursziel von 635 Franken), Novartis ("Outperform" mit einem Kursziel von 103 Franken), Sandoz ("Outperform" mit einem Kursziel von 38 Franken), Siegfried ("Outperform" mit einem Kursziel von 1125 Franken) sowie Swisscom ("Outperform" mit einem Kursziel von 600 Franken) der Fall.
Nur bei den Genussscheinen von Roche sowie bei den Aktien des Genfer Warenprüfkonzerns SGS handelt es sich deshalb auch tatsächlich um eine Kurszielanpassung im eigentlichen Sinne. Die Valoren von SGS (Outperform mit einem Kursziel von 94 Franken) wurden bei Bernstein Research nämlich mit "Outperform" und einem Kursziel von 101 Franken eingestuft, bei der Société Générale hingegen mit "Buy" und einem 12-Monats-Kursziel von 86 Franken. Zugegeben: Das Ganze ist ein bisschen verwirrend.
Neben den zahlreichen Wortmeldungen aus der Analystengemeinde stand das hiesige Börsengeschehen ganz im Zeichen von Personalrochaden.
Der künftige Lonza-Chef steht für ein kontrolliertes und beständiges Wachstum genauso wie für einen geschickten Zukauf ungenutzter Produktionsstätten grosser Pharmaunternehmen. Von daher könnte die milliardenschwere Übernahme des Genentech-Werks vom kalifornischen Vacaville ein erster Vorgeschmack auf das sein, was noch alles folgen könnte. Wüsste ich es nicht besser, dann würde ich behaupten, dass der Kauf des Genentech-Werks sogar schon die Handschrift Wienands trägt.
Alleine schon ein Blick auf die Kursentwicklung der letzten Wochen zeigt, wer für die Börse als Gewinner des Werkverkaufs hervorgeht: Lonza. Der diesjährige SMI-Überflieger kennt derzeit kein Halten. Mir erscheinen die Aktien des Pharmazulieferers aus Basel zumindest auf kurze Sicht etwas überhitzt.
Auch beim Rückversicherungskonzern Swiss Re zeichnet sich ein Chefwechsel ab. Christian Mumenthaler nimmt nach nicht weniger als acht Jahren den Hut und übergibt das Zepter an Andreas Berger, dem Noch-Chef der Sparte Corporate Solutions.
Der Rücktritt des Swiss-Re-Chefs setzt den Aktien des Rückversicherers sichtlich zu (Quelle: www.cash.ch)
Für nicht eben wenige Analysten kommt diese Personalrochade völlig überraschend. Weniger überrascht zeigte sich Simon Fössmeier von der Bank Vontobel. Er verweist darauf, dass Swiss Re bei der Rentabilität schon seit Jahren anderen führenden Rückversicherern hinterherhinkt. Fössmeier sieht in Berger den geeigneten Kandidaten, um dem Ganzen Abhilfe zu verschaffen. Schliesslich hat der Bereich Corporate Solutions unter ihm in den letzten Jahren einen geradezu bilderbuchmässigen Turnaround hingelegt. Bei der Bank Vontobel sieht man sich denn auch in der Kaufempfehlung sowie im Kursziel von 131 Franken für die Aktien bestärkt.
Ebenfalls einen neuen Firmenchef bekommt die Immobilienbeteiligungsgesellschaft Züblin. Sie konnte mit Philippe Brändle den bisherigen Finanzchef der Swiss-Prime-Site-Tochter SPS Solutions verpflichten. Grössere Wellen warf dieser Wechsel an der Börse jedoch nicht.
Bisher galt das Jahr 2022 am Schweizer Aktienmarkt als das Jahr der grossen Personalrochaden. Geht es so weiter wie in den letzten Wochen und Monaten, dann könnte 2024 diesbezüglich Geschichte schreiben.
Im Hinblick auf die kommende Woche gilt: Nach der (Jahres-)Berichterstattung hiesiger Unternehmen ist bekanntlich vor der (Erstquartals-)Berichterstattung. Der Automobilzulieferer Bossard läutet letztere schon am Montag ein, gefolgt von Givaudan und der VAT Group am Donnerstag. Mehr dazu am kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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