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Wer heute in der Tagespresse blättert, stösst früher oder später auf ein Inserat des Hauptaktionärs von Schmolz+Bickenbach. Im Inserat versucht der Auftraggeber die Publikumsaktionäre in letzter Minute auf seine Seite zu ziehen. Denn morgen wird es anlässlich der ordentlichen Generalversammlung zu einem letzten Schlagabtausch zwischen dem Unternehmen und seinem Hauptaktionär kommen.

Und spätestens seit einem Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Zürich von Anfang Woche leckt sich letzterer die Wunden. Denn obschon der Hauptaktionär über eine Beteiligung von über 40 Prozent verfügt, kann er an der morgigen Generalversammlung nur gut die Hälfte geltend machen. Die restlichen Stimmen werden durch ein Veto des Mitaktionärs Gebuka blockiert.

Im Inserat zieht der Hauptaktionär verständlicherweise alle Register: Die Führung des Verwaltungsrats wird frontal angegriffen und sowohl der Umfang von 330 Millionen Franken als auch die Prozedur der vom Unternehmen geplanten Kapitalerhöhung kritisiert. Der Hauptaktionär und die Beteiligungsgesellschaft Renova des russischen Milliardärs Viktor Vekselberg halten eine Kapitalerhöhung im Gegenwert von 436 Millionen Franken für notwendig, daran lassen sie im Inserat keinen Zweifel.

Amüsant finde ich das Versprechen am Schluss des Inserats, wonach der Hauptaktionär morgen sein Stimmrecht im besten Interesse aller Aktionäre ausüben und nicht – wie der Verwaltungsrat – Eigeninteressen verfolgen werde. Denn ganz so selbstlos ist der Hauptaktionär aus dem nördlichen Nachbarland dann doch nicht. Je umfangreicher die Kapitalerhöhung, desto schlechter stehen die Publikumsaktionäre da. Lachender Dritter wäre Viktor Vekselberg, der sich mit seiner Beteiligungsgesellschaft Renova günstig bei Schmolz+Bickenbach einkaufen könnte.

Die Publikumsaktionäre stehen morgen deshalb vor einer schwierigen Entscheidung. Schlagen sie sich auf die Seite des Verwaltungsrats, bleiben dringend notwendige Strukturreformen beim Edelstahlhersteller wohl aus. Stimmen sie hingegen für den Hauptaktionär, müssen sie dem schlechten Geld mehr gutes hinterher werfen. Ich möchte morgen jedenfalls nicht in der Haut der Publikumsaktionäre stecken.

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Über den Leistungsausweis von Aktienanalysten lässt sich zweifelsohne streiten. Einer der besten seiner Berufsgilde ist hierzulande meines Erachtens der für die MainFirst Bank tätige Versicherungsexperte. Der Leistungsausweis des früher für die Bank Sarasin tätigen Analysten kann sich zweifelsohne sehen lassen.

Dass der Experte bei Swiss Re nach dem diesjährigen Investorentag einen Wechsel aus dem Lager der Baissiers in jenes der Haussiers vollzieht, hat deshalb umso mehr Signalwirkung. Die Namenaktien werden mit einem neu 78 (72) Franken lautenden Kursziel von «Underperform» auf «Outperform» hochgestuft. Der Preisdruck im Nicht-Leben-Geschäft sei eingepreist und im Leben-Geschäft habe sich das Unternehmen den Problemen angenommen, so heisst es im mir vorliegenden Kommentar.

Zumindest in den Präsentationsfolien für den Investorentag wollten die Firmenverantwortlichen nichts von einer weiteren Sonderdividende oder einem Aktienrückkaufprogramm wissen. Umso mehr überrascht, dass man bei der MainFirst Bank für das laufende Geschäftsjahr neu mit einer regulären Dividende von 4 Franken sowie einer weiteren Sonderdividende von 2 Franken je Aktie rechnet. Davon liesse sich eine Dividendenrendite von knapp 9 Prozent ableiten.

In meinen Augen bleiben die Aktien von Swiss Re eine Wette auf ein weiteres schadenarmes Jahr. Dass anlässlich der Erneuerungsrunde vom vergangenen April aufgrund von Überkapazitäten erstmals von Preisdruck zu hören war, macht die Sache auch nicht besser.

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Am Mittwochnachmittag berichteten mir Händler bei den Genussscheinen von Roche von auffälligen Käufen aus dem angelsächsischen Raum. Heute nun lüftet Merrill Lynch in einer Unternehmensstudie das Geheimnis um den ominösen Käufer: Die Amerikaner setzen die Bons auf die berühmt-berüchtigte «Europe 1 List».

Der Studienverfasser sieht im seit Mitte Mai beobachteten Kursrückgang eine günstige Einstiegsgelegenheit. Denn Roche werde den Gewinn über die kommenden Jahre um jährlich 7 Prozent steigern und die Konkurrenz damit hinter sich zurücklassen. Gleichzeitig verkenne der Markt, dass sich die Rahmenbedingungen in der Pharmaindustrie zuletzt deutlich verbessert habe.

Über die kommenden Monate stünden beim Basler Pharmakonzern zu zahlreichen Entwicklungsprojekten Studienergebnisse zur Veröffentlichung an, so der Experte. Fallen die Ergebnisse positiv aus, steige der Nettobarwert bei Roche im besten Fall auf 362 Franken je Inhaberaktie/Genussschein.

Ganz so reibungslos wie man sich das bei Merrill Lynch vorstellt, werden die kommenden Monate wohl nicht. Dennoch spricht nach dem jüngsten Kursrückgang einiges für die Valoren des Basler Traditionsunternehmens.