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Wenn eine beliebte Aktie ohne offensichtliche Gründe unter Verkaufsdruck gerät, dauert es für gewöhnlich nicht lange, bis ihr Analysten mit verteidigenden Kommentaren zu Hilfe eilen. Nicht so bei jener des Halbleiterherstellers AMS. Bis heute warten die Aktionäre vergeblich auf Unterstützung aus der Analystengemeinde.

Das überrascht, zumal sich die seit Wochen zu beobachtende Talfahrt zuletzt sogar noch einmal beschleunigt hat und mir aus dem Berufshandel schon seit Tagen von auffälligen Abgaben aus dem angelsächsischen Raum berichtet wird. Alleine seit Anfang August resultiert ein Minus von nicht weniger als 17 Prozent. Von den Höchstkursen von Anfang Juni bei 59 Franken aus betrachtet, errechnet sich sogar eines von über 40 Prozent. Das sind sich die erfolgsverwöhnten Aktionäre nicht gewohnt.

Ich habe mich deshalb auf die Suche nach möglichen Gründen für die Formschwäche der allseits beliebten Aktie von AMS gemacht.

Wer gezielte Baissespekulationen amerikanischer Hedgefonds hinter den Verkäufen vermutet, den muss ich bitter enttäuschen. Denn wie mir hinter vorgehaltener Hand berichtet wird, bewegen sich die Wetten auf rückläufige Kurse schon seit Monaten zwischen 2 und 3 Prozent der ausstehenden Aktien. Daran habe sich in den letzten Tagen rein gar nichts geändert, so heisst es im selben Atemzug.

Eine mögliche Erklärung liefert die heutige Offenlegungsmeldung des Halbleiterherstellers an die Schweizer Börse SIX. Der Meldung kann entnommen werden, dass BlackRock die Beteiligung unter den Schwellenwert von 5 Prozent reduziert hat. Der weltweit grösste Vermögensverwalter gilt als wichtiger Gradmesser für die gesamte Fondsindustrie.

Da die Aktie von AMS in der Vergangenheit regelmässig in den Statistiken für die bei Fonds beliebtesten europäischen Nebenwerte auftauchte, liegt der Verdacht nahe, dass die jüngste Kursschwäche auf das Konto von BlackRock und weiteren bekannten Vermögensverwaltern geht. Ich bin jedenfalls gespannt, ob in den nächsten Tagen weitere Beteiligungsveränderungen bekannt werden. Im Grossaktionariat des Halbleiterherstellers sitzen nämlich gleich mehrere prominente Fondsanbieter, und das schon seit Jahren.

Doch nicht nur diese vermeintlich starken, sondern auch schwache Hände dürften sich in den letzten Tagen reihenweise von ihren Titelpositionen getrennt haben. Diese waren Mitte Juni nach einem ersten Rückschlag in die Region von 40 Franken aufgesprungen. Losgetreten worden war letzterer von Spekulationen rund um den Verlust eines Sockelauftrags für NFC-Verstärker beim Grosskunden Apple (siehe Kolumne vom 11. Juni).

Auch wenn sich AMS nicht zu einzelnen Kundenaufträgen äussern darf, spricht der anlässlich der Quartalsergebnispräsentation von Ende Juli abgegebene Ausblick eine Sprache für sich. Die Anhaltspunkte für einen Verlust dieses Auftrags sind seither nicht mehr von der Hand zu weisen.

Erste der Mitte Juni aufgesprungenen Anleger dürften nach dem Bruch der psychologisch wichtigen Marke von 40 Franken die Reissleine gezogen haben. Diese Vermutung legen auch die derivatseitigen Handelsaktivitäten nahe. In der ersten August-Woche waren im Call-Warrant AMSJT grössere Positionsglattstellungen zu beobachten. Innerhalb von gerademal drei Tagen wechselten damals rund 5 Millionen Optionen die Hand. Mit den gestrigen Handelsaktivitäten in den Call-Warrants AMSJF, AMSKE und AMSJT dürften weitere Anleger das Handtuch geworfen haben.

"Never catch a falling knife", so lautet eine alte Börsenweisheit. Ins Deutsche übersetzt heisst das soviel wie: "Versuche nie mit blossen Händen ein fallendes Messer zu greifen". Wer auf "Nummer Sicher" gehen will, sollte deshalb eine Bodenbildung abwarten. Meines Erachtens bietet sich die Kursregion von 30 bis 35 Franken bei der AMS-Aktie geradezu für eine solche an.

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Noch immer warten die Aktionäre von Royal Sun & Alliance (RSA) auf eine konkrete Übernahmeofferte seitens der Zurich Insurance Group. Den Schweizern bleiben gemäss britischem Börsengesetz nur noch fünf Tage für ein formelles Angebot an die Publikumsaktionäre. Dass auf Worte auch Taten folgen werden, gilt zumindest in Branchenkreisen als so sicher wie das "Amen in der Kirche".

Wie hoch auch immer diese Offerte ausfallen wird: Eine milliardenschwere Grossübernahme lässt sich beim in Zürich beheimateten Versicherungskonzern nicht mit einer gleichzeitigen Sonderdividende an die Aktionäre vereinbaren.

Was deren Präferenzen anbetrifft, sorgt eine mir aus London zugespielte Umfrage von Bernstein Research für Klarheit. Befragt wurden 49 Grossinvestoren, von welchen 12 sowohl die Aktien von RSA als auch jene der Zurich Insurance Group halten. Neun weitere sind nur Aktionäre letzterer.

Von diesen neun würden sechs einer Sonderdividende oder einem Aktienrückkaufprogramm den Vorzug geben. Begründet wird dies mit den Problemen der Zurich Insurance Group, das eigene Ziel für die operative Eigenkapitalrendite erreichen zu können sowie mit Zweifel an der zukünftigen Geschäftsumsetzung.

Besser kommt die geplante Grossübernahme bei den 12 Aktionären beider Unternehmen an. Von diesen sprechen sich acht für einen Kauf des britischen Mitbewerbers aus. Allerdings machen die Umfrageteilnehmer keinen Hehl daraus, dass sie auf den Eintritt eines weiteren Interessenten hoffen.

Meines Erachtens sollten diese Umfrageergebnisse die Entscheidungsträger bei der Zurich Insurance Group sehr nachdenklich stimmen. An dieser Stelle sei gesagt, dass Bernstein Research die Aktien des Unternehmens schon seit längerer Zeit mit "Underperform" und einem optisch tiefen Kursziel von 245 Franken faktisch zum Verkauf empfiehlt.

 

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