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Die Strategen der Bank of America um ihren Chefdenker Sebastian Rädler lassen auch weiterhin keine Gelegenheit aus, um vor einem schmerzhaften Rücksetzer bei europäischen Aktien zu warnen. Sie rechnen bis in den kommenden Frühsommer hinein selbst dann mit einem um mindestens 15 Prozent tieferen Stoxx Europe 600' Index, sollte die amerikanische Notenbank mit weiteren Zinsschritten zuwarten.
Nun erhalten Rädler und seine Abteilungskollegen Unterstützung aus den eigenen Reihen. Auch der für Oddo Securities tätige Chefstratege Thomas Zolowodzki sieht das breit gefasste Börsenbarometer über die nächsten drei Monate um bis zu 11 Prozent in die Knie gehen. Auf einen Horizont von 12 Monaten hält er gar bis zu 13 Prozent tiefere Kurse für möglich. Die UBS ist sogar noch pessimistischer als die beiden anderen Banken.
Wie der Oddo-Stratege schreibt, ist die Stimmung unter den Marktakteuren schon beinahe übertrieben ausgelassen. Er befürchtet, dass den Aktienmärkten weltweit ein eisiger Winter bevorstehen könnte. Raum für Enttäuschungen macht Zolowodzki nicht nur bei künftigen Notenbankentscheiden, sondern eben auch bei den Unternehmensgewinnen aus.
Anders als seine Berufskollegen bei der Bank of America und der UBS will der Stratege jedoch partout nichts von europäischen Pharma- und Nahrungsmittelaktien wissen. Während den beiden bei uns am Schweizer Aktienmarkt prominent vertretenen Branchen bei der amerikanischen Investmentbank mit "Overweight" eine überdurchschnittlich grosse Gewichtung beigemessen wird, fällt das Urteil bei der französischen Oddo um einiges nüchterner aus. Nahrungsmittelaktien wie etwa die von Nestlé werden nur mit "Neutral", Pharmawerte und mit ihnen jene von Roche und Novartis werden sogar mit "Underweight" eingestuft. Stattdessen setzt Zolowodzki auf die Valoren von Banken und Versicherern.
Irgendwie widerspricht er damit seiner negativen Haltung für die europäischen Aktienmärkte, haben die Finanzwerte in Börsenschwächen für gewöhnlich doch deutlich üppigere Kursverluste zu beklagen als die Pharma- und Nahrungsmittelaktien. Letztere gelten nicht ohne Grund als "sichere Häfen", wenn an den Börsen die See rauher wird.
Anfang 2022 war ein Gros der Banken und ihre Strategen optimistisch für die Aktienmärkte – und die Kurse fielen. Vielleicht steigen die Kurse 2023 ja weiter, so pessimistisch wie viele Strategen mittlerweile sind...?
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Die Aktien von Ascom konnten in den letzten Wochen zwar kräftig Boden gutmachen. Nun erhält die Kurserholung allerdings einen ziemlichen Dämpfer: Der für Stifel tätige Tobias Fahrenholz setzt beim Spezialisten für Spitalkommunikationssysteme aus dem steuergünstigen Baar den dicken Rotstift an.
Um den durchwachsenen Zwischenberichten ähnlich ausgerichteter Rivalen Rechnung zu tragen, streicht der Analyst seine operativen Gewinnschätzungen um bis zu 18 Prozent zusammen. Darauf abgestützt veranschlagt er neuerdings ein Kursziel von 8,75 (zuvor 13,90) Franken.
Will man Fahrenholz Glauben schenken, dann ist das Unternehmen dank der randvollen Auftragsbücher und dem Einsparpotenzial bei den Kosten gut gegen einen Wirtschaftsabschwung gerüstet. Dennoch werden die Aktien von ihm wie bis anhin nur mit "Hold" eingestuft. Raum für eine grundlegende Neubeurteilung sieht er nämlich nur dann, wenn dem Spezialisten für Spitalkommunikationssysteme dauerhaft Fortschritte bei der Margenentwicklung gelingen.
Die Kurserholung wurde jüngst von Spekulationen begleitet, wonach sich ein namhafter Finanzinvestor bei Ascom eingenistet habe oder zumindest mit diesem Gedanken spiele. Das wiederum lässt erahnen, dass sich die Valoren zuletzt etwas gar weit von der tatsächlichen Geschäftsentwicklung abgekoppelt haben könnten.
Ich wäre jedenfalls nicht überrascht, wenn nach Fahrenholz weitere Analysten ihre Gewinnerwartungen unter negativen Vorzeichen überarbeiten würden. Anders als viele ausländische Rivalen legt das Unternehmen nur halbjährlich Rechnung ab. Mit anderen Worten: Die Aktionärinnen und Aktionäre müssen sich noch lange Monate in Geduld üben, steht das diesjährige Ergebnis doch erst am 7. März zur Veröffentlichung an. Dann dürfte sich auch das Geheimnis rund um den Ausblick für das kommende Jahr lüften.
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