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Auch bei uns in der Schweiz stand das Börsengeschehen in den letzten Tagen ganz im Zeichen der US-Konsumentenpreise. Dass der Teuerungsschub erneut an Kraft verloren hat, sorgte bei den Zinsen für eine Entspannung. Der Funke sprang von den Anleihen- auf die Aktienmärkte über und sorgte so für ein kleineres Kursfeuerwerk.

Dass der Swiss Performance Index (SPI) auf ein im internationalen Vergleich mageres Wochenplus von 2 Prozent zusteuert, ist den Bremsklötzen Nestlé, Roche und Novartis geschuldet. Ich schrieb gestern Donnerstag ausgiebig über eine Kursflaute bei den drei Schwergewichten, welche immer extremere Züge annimmt.

Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Für diese Zeit des Jahres sind die hiesigen Handelsumsätze ungewohnt mager. Vermutlich wären sie bei Nestlé und Novartis sogar noch tiefer, würden die beiden Unternehmen nicht über eine zweite Handelslinie eigene Aktien zurückkaufen. Es gilt als ein offenes Geheimnis, dass zwischen der regulären und dieser zweiten Handelslinie rege Arbitrage betrieben wird. Nicht auszudenken, wo die Kurse dieser beiden Aktien heute ohne die milliardenschweren Rückkäufe stünden.

Mir fällt auf, dass mehr als die Hälfte des Tagesvolumens am Schweizer Aktienmarkt oft erst nach Handelsbeginn an der New Yorker Börse – sprich ab 15.30 Uhr – anfällt. Es sind also noch immer die übermächtigen amerikanischen Grossinvestoren, welche bei uns den Ton angeben.

Und diese investieren bekanntlich lieber dort, wo die Musik spielt. Ich denke da etwa an die Aktien amerikanischer Technologie-Giganten wie Microsoft, Apple und Co oder aber auf jene der Hersteller von Abnehm-Spritzen wie Novo Nordisk (Wegovy) oder Eli Lilly (Mounjaro). Ursprünglich zur Behandlung von Diabetes entwickelt, sind Medikamente wie Wegovy oder Mounjaro auf bestem Weg dazu, zu Lifestyle-Präparaten zu werden. Dementsprechend gross ist der mediale Rummel – auch in den Finanzmedien. Um die Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis macht zumindest gefühlt die ganze Finanzwelt momentan einen grossen Bogen.

Die Aktien von Novo Nordisk kennen kein Halten (Quelle: www.cash.ch)

Apropos Abnehm-Spritzen: Der Run auf Wegovy und Co treibt immer seltsamere Blüten. Die deutsche Regierung prüft nun sogar ein Exportverbot für dort produzierte Chargen, wie Medien berichten. Die Angst vor einer Mangellage für Diabetespatientinnen und -patienten ist allgegenwärtig. Auch andere europäische Länder liebäugeln mit ähnlichen Massnahmen oder gar einem Verschreibungsverbot ausserhalb des ursprünglich angedachten Therapiegebiets.

Im Wissen, dass im Dezember meist die Gewinner-Aktien die Nase vorn haben und die Verlierer-Aktien nochmals eins auf ihre Nase erhalten, könnte es gut sein, dass die Weihnachts-Rally in diesem Jahr ohne den Swiss Market Index (SMI) stattfindet.

An dieser Stelle möchte ich nochmals kurz auf die US-Konsumentenpreise zu sprechen kommen. Mit einem Plus von 3,2 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode fielen diese nur geringfügig zahmer als erwartet aus. Ökonomen waren durchschnittlich von einer Zunahme um 3,3 Prozent ausgegangen. Hartnäckig hoch bleibt mit 4 Prozent die Kernrate, selbst wenn auch diese etwas hinter den erwarteten 4,1 Prozent zurückblieb.

Ermutigend erscheint mir da die neuste Erhebung zu den US-Produzentenpreisen. Diese haben von September auf Oktober um 0,5 Prozent nachgegeben und sich damit um einiges vorteilhafter als von Ökonomen gedacht entwickelt. Im Jahresvergleich resultiert ein Plus von 1,3 Prozent – bei der Kernrate hingegen immer noch eines von 2,4 Prozent. Aber der Trend bei den Produzentenpreisen stimmt zuversichtlich und dürfte mit etwas Verzögerung zu einer weiteren Entspannung bei den Konsumentenpreisen führen. Das scheint man nun auch an den Finanzmärkten so einzupreisen.

Wenden wir uns nun aber noch etwas vertieft dem hiesigen Börsengeschehen zu. Für Gesprächsstoff sorgte diese Woche ein millionenschwerer Titelverkauf aus dem Verwaltungsrat von Nestlé. Ein nicht namentlich bekanntes Mitglied des Gremiums warf Aktien im Gesamtwert von mehr als 8 Millionen Franken auf den Markt.

Wie ein Blick in den letztjährigen Geschäftsbericht des Nahrungsmittelherstellers aus Vevey verrät, kommt eigentlich nur Verwaltungsratspräsident Paul Bulcke als Verkäufer in Frage. Er hielt um den Jahreswechsel herum fast 1,5 Millionen Nestlé-Aktien.

Zugegeben: Die Transaktion kann die unterschiedlichsten Gründe haben, etwa weil eben auch ein Herr Bulcke Vermögenssteuern zahlen muss. Ob der Zeitpunkt – so nahe an den Jahrestiefstkursen – sehr glücklich gewählt ist, darüber lässt sich allerdings streiten.

Im weiteren Wochenverlauf wurde der SIX Swiss Exchange dann auch noch ein Titelverkauf in Höhe von knapp einer Million Franken aus der Teppich-Etage aus Vevey zu Kursen von genau 100 Franken je Stück gemeldet.

Neugierig wie ich bin, habe ich mich mal ein bisschen schlau gemacht. Vergleichbare Transaktionen waren zu dieser Zeit vergangenen Jahres nicht zu beobachten. Will das nun heissen, dass man die Ängste der Börse rund um mögliche Folgen von Abnehm-Spritzen wie Wegovy auf die längerfristigen Ernährungsgewohnheiten am Hauptsitz von Nestlé teilt?

Mit Spannung wurde der Zwischenbericht von Bâloise erwartet. Grössere Überraschungen gab es eigentlich keine - weder bei der Entwicklung des Geschäftsvolumens, noch bei der SST-Quote. Mit 240 Prozent lag die für die künftige Dividendenpolitik wichtige Kennzahl Ende September erwartungsgemäss über den Mitte Jahr gemessenen 230 Prozent.

Nicht gut kam hingegen die Aussage an, dass grössere Naturkatastrophen den diesjährigen Gewinn mit rund 200 Millionen Franken belasten dürften. Wir sprechen hier von Kosten im Umfang von nahezu 40 Prozent des letztjährigen Gewinns, was allerhand ist.

Kursentwicklung der Bâloise-Aktien in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)

Wie Vontobel-Analyst Simon Fössmeier richtigerweise schreibt, werfen die hohen Kosten Fragen in Bezug auf das Risikomanagement der Basler auf. Wurden gewisse Risiken rückblickend zu wenig rückversichert? Fössmeier erhofft sich nun wenigstens eine Dividende in Vorjahreshöhe von 7,40 Franken je Aktie. Bisher war er von einer Erhöhung auf 7,80 Franken ausgegangen. Die Bâloise-Aktien werden bei der Zürcher Bank mit "Hold" eingestuft. Mal schauen, ob das 158 Franken lautende Kursziel reduziert wird.

Etwas mehr als eine Woche ist es nun her, als bekannt wurde, dass die Fondstochter der UBS beim Erstversicherer kräftig Titel zugekauft hat. Sollte es sich dabei um eine Wette auf einen erfreulichen Zwischenbericht gehandelt haben, ging diese Wette nicht auf.

Auch für Meyer Burger gab es eine Hiobsbotschaft – eine Hiobsbotschaft aus Karlsruhe. Dort hat das deutsche Bundesverfassungsgericht gesprochen. Und die Botschaft könnte deutlicher kaum sein, erklärten die Richter die Einbringung nicht genutzter Covid-Kredite in Höhe von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds durch die Ampel-Regierung in Berlin doch für nichtig.

Wie die französische Natixis festhält, hat die deutsche Regierung seit der Einführung der gesetzlichen Schuldenbremse nicht weniger als 29 Sondervermögen im Gesamtvolumen von 770 Milliarden Euro gesprochen. Dem hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe jetzt einen Riegel vorgeschoben. Wie deutsche Medien wissen wollen, prüft die CDU nun auch noch eine Klage gegen den 200 Milliarden Euro schweren Wirtschaftsstabilisierungsfonds.

Ob der Entscheid des Bundesverfassungsgerichts in der Causa Klima- und Transformationsfonds auf Dauer folgen für Meyer Burger haben könnte, wird in Börsenkreisen sehr unterschiedlich beurteilt. Der eine sagt so, der andere so. Welches Lager denn nun richtig liegt, dürfte die Zeit zeigen.

Ein Lebenszeichen gab jüngst der Börsendebütant Sandoz von sich. Spekulationen, wonach sich die beiden Hexal-Gründer Andreas und Thomas Strüngmann bei der ehemaligen Novartis-Tochter einkaufen könnten, liessen den Kurs der Aktien am Montag und Dienstag kräftig steigen. Als Brandbeschleuniger erwies sich eine Unternehmensstudie der Zürcher Kantonalbank. Darin kürzte ihr Autor Laurent Flamme den rechnerischen fairen Wert zwar auf 56 (zuvor 59,20 Franken), bekräftigte gleichzeitig jedoch die "Übergewichten" lautende Kaufempfehlung.

Die Aussicht auf eine mögliche Kursverdoppelung war wohl so verlockend, dass Anleger bei den Aktien des Generikaherstellers scharenweise zugriffen. Nicht so wirklich zum hohen fairen Wert will der Hinweis der Zürcher Kantonalbank in der Unternehmensstudie passen, wonach der Analyst bei Sandoz im Vergleich zum breiten Markt "nur" von einer relativen Überperformance von 10 Prozent ausgeht.

Kommende Woche legen hierzulande die letzten Nachzügler ihre Zahlenkränze vor. Mein Interesse gilt vor allem dem Zwischenbericht von Julius Bär vom Montag und dem Halbjahresergebnis des Hörgeräteherstellers Sonova vom Mittwoch.

Mehr dazu vermutlich am nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

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