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Die Preise für Sachwerte wie Aktien oder Liegenschaften steigen und steigen. Und das schon seit Jahren. Neu ist, dass nun auch Bewegung in die Rohstoffpreise kommt. Gerade die Agrarrohstoffpreise zogen zuletzt kräftig an. Ob auf Dauer, wird sich zeigen müssen.
Dennoch sind die Teuerungserwartungen rund um den Globus im Steigen begriffen. Nicht grundlos. Denn allmählich schlagen höhere Rohstoffpreise bei den hiesigen Unternehmen auf die Herstellkosten durch – und nicht nur bei diesen.
Die kommenden Wochen und Monate versprechen daher spannend zu werden. Welche Unternehmen können höhere Herstellkosten teilweise oder sogar ganz über Preiserhöhungen auf die Abnehmer überwälzen? Das wiederum entscheidet darüber, ob höhere Rohstoffpreise die Margen schmälern.
Mit den Aktien von Givaudan hatte diese Thematik hierzulande sogar ein erstes Opfer zu verzeichnen. Der Aromen- und Duftstoffhersteller aus Genf wartete kürzlich zwar mit einem starken Jahresergebnis auf, das keine Aktionärswünsche offen liess. Mit fast 5 Prozent zog das organische Wachstum im Schlussquartal kräftig an und übertraf die bei 3,6 Prozent liegenden Analystenschätzungen klar. Allerdings konnten die Firmenvertreter den Teilnehmenden der Analystenkonferenz die Angst vor steigenden Herstellkosten nicht nehmen. Folglich wurden die ansonsten eigentlich beliebten Papiere an der Börse mit einem satten Minus abgestraft.
Der für die Société Générale tätige Thomas Svoboda zögerte nicht lange und stufte die Aktien von Givaudan von "Hold" auf "Sell" herunter. Gleichzeitig strich er das 12-Monats-Kursziel in Erwartung steigender Rohstoff- und Lohnkosten auf 3200 (3750) Franken zusammen.
Kursentwicklung der Givaudan-Aktien über die letzten zwei Wochen (Quelle: www.cash.ch)
Berufskollege Charles Bentley von der Credit Suisse verwies seinerseits auf den geringen Spielraum für Preiserhöhungen und kürzte sein Kursziel für die mit "Underperform" eingestuften Papiere gar auf 3000 (zuvor 3100) Franken.
Für die Strategen von Morgan Stanley um Graham Secker steht fest: Anleger sollten im momentanen Umfeld auf Aktien von Unternehmen setzen, die über die nötige Preisgestaltungsmacht verfügen, um steigende Herstellkosten an die Abnehmer weitergeben zu können.
Sie haben zu diesem Anlass einen Korb mit Aktien von Unternehmen zusammengestellt, welche dieses Kriterium erfüllen oder sogar noch an Preisgestaltungsmacht gewinnen werden. Darunter sind mit Nestlé, Zurich Insurance und Sika auch drei Vertreter aus der Schweiz zu finden. Wie es der Zufall will, sind die Valoren von Nestlé und Zurich Insurance Bestandteile meiner Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2021.
Auch Roche und Julius Bär werden genannt. Allerdings wollen die Strategen verstanden wissen, dass die Pharma- genauso wie die Bankenindustrie auf längere Sicht grundsätzlich mit Preisdruck zu kämpfen haben werden.
Mit Ausnahme der Genussscheine von Roche werden sämtliche dieser Aktien bei der amerikanischen Investmentbank auch offiziell mit "Overweight" empfohlen.
Im Gegenzug nennen Secker und seine Abteilungskollegen zahlreiche Unternehmen mit eher geringen Möglichkeiten, Preiserhöhungen durchsetzen zu können. Auch darunter mit Landis+Gyr und Flughafen Zürich immerhin zwei Vertreter aus der Schweiz.
Obwohl bei uns die Teuerung seit Jahren non-existent ist, wäre es falsch, dieses Thema auf die (zu) leichte Schulter zu nehmen. Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, widerspiegelt der Landesindex der Konsumentenpreise in keinster Weise die effektive Entwicklung der hiesigen Lebenshaltungskosten. Familienmütter und –väter oder auch betagtere Leserinnen und Leser meiner Kolumne werden vermutlich wissen, wovon ich spreche. Dieses Phänomen beschränkt sich nicht auf die Schweiz. Ähnliches lässt sich in der gesamten westlichen Welt beobachten.
Das eigentlich tragische dabei ist, dass sich die Zentralbanken führender Wirtschaftsnationen bei ihrem Kampf gegen "deflationäre Windmühlen" an eben diesen Konsumentenpreisindizes und nicht an den effektiven Lebenshaltungskosten orientieren. Das wiederum könnte sich eines Tages rächen. Da kann es bestimmt nicht schaden, sich als Anleger schon mal mit überblickbarem Aufwand zu rüsten...
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