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Bei quantitativen Modellen wird – völlig frei von Emotionen – mit blossen Zahlen jongliert. Während amerikanische Grossbanken wie etwa J.P. Morgan in der Aktien-Analyse seit einer gefühlten Ewigkeit mit solchen Modellen arbeiten, steckt die Disziplin in Schweizer Bankenkreisen noch immer ziemlich in den Kinderschuhen. Als Pionierin auf diesem Gebiet gilt hierzulande die UBS – wobei das Gros ihrer mit harten Zahlenfakten jonglierenden Spezialisten in Australien sitzt.

Und genau diese Spezialisten um den Strategen Paul Winter melden sich nun in einem Strategiepapier zu Wort, und bekunden nach eigener Aussage, für jeden Anleger-Typus die passenden Schweizer Aktien anzubieten.

Beim Thema grosskapitalisierte Wachstumsunternehmen aus Europa ist die Ausbeute aus Schweizer Sicht jedoch eher mager. Von 20 Aktien stammt nur gerade jene des Transporteurs Kühne+Nagel aus der Heimat der UBS. Offiziell werden die Papiere bei der Grossbank zudem bloss mit "Neutral" und einem eher tiefen 12-Monats-Kursziel von 271 Franken eingestuft.

Besser sieht es bei den kleinen und mittelgrossen Wachstumsunternehmen aus, sind mit SFS Group, Tecan und Straumann immerhin drei Aktien aus der Schweiz auf der Liste zu finden. Die Valoren von SFS Group und Tecan werden bei der UBS auch offiziell mit 12-Monats-Kurszielen von 135 und 555 Franken zum Kauf angepriesen.

Die Straumann-Aktien haben sich in den letzten 12 Monaten im Kurs verdoppelt (Quelle: www.cash.ch)

Auch bei den Cash-Flow-starken Firmen sind mit Cembra Money Bank und Dormakaba mehr Nebenwerte als Standardwerte aus der Schweiz vertreten. Bei letzteren sind die Aktien des Basler Gesundheitskonzerns Novartis allein auf weiter Flur. Gerade Cembra Money Bank sind nach dem Absturz der letzten Wochen zumindest optisch günstig zu haben.

Die wohl spannendste Disziplin bleibt das selbstlernende Computerprogramm, welches die UBS-Strategen unter Paul Winter entwickelt haben. Dieses setzt bei den Standardwerten auf Swatch Group und Logitech und bei den Nebenwerten auf Bachem, Straumann, Dufry, Cembra Money Bank sowie Adecco.

Selbst für die Leerverkäufer hat die Grossbank etwas in petto. Auf dieser Liste finden sich neben den Aktien von Idorsia und Landis+Gyr zu meiner Überraschung auch jene der Erzrivalin Credit Suisse.

Die Strategen wollen allerdings unbedingt verstanden wissen, dass es sich eben nicht um fundamental begründete Kauf- oder Verkaufsempfehlungen handelt. Ich weiss nicht recht, ob das der Credit Suisse als Entschuldigung reicht.

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Bei einem Börsenüberflieger wie der SFS Group nicht mit an Bord zu sein, ist das eine. Eine verpasste Chance eben – nicht mehr und nicht weniger. Als Aktienanalystin oder Analyst mit einer Verkaufsempfehlung auf der falschen Seite zu stehen, ist allerdings etwas ganz anderes. Unangenehme Fragen sind dann vermutlich an der Tagesordnung.

Und genau solche muss sich wohl auch Analystin Marta Bruska von der Berenberg Bank gefallen lassen. In einer mir aus Frankfurt zugespielten Unternehmensstudie nimmt sie mal eben schnell eine Verdoppelung ihres Kursziels für die Valoren der SFS Group vor. Nach einer Erhöhung der Gewinnschätzungen um bis zu 36 Prozent lautet dieses neuerdings 123 (zuvor 60) Franken.

Der Spezialist für Befestigungssysteme aus Heerbrugg habe die pandemiebedingten Untiefen von 2020 erfolgreich umschifft und sei in der ersten Hälfte dieses Jahres in den Genuss einer kräftigen Gewinnbelebung gekommen, wie die Analystin einräumt. Da sie bei den Margen auf längere Sicht jedoch mit einer rückläufigen Entwicklung rechnet, rät Bruska wie bis anhin zum Verkauf der Aktien.

Neugierig wie ich bin, habe ich mich ein bisschen schlau gemacht. Die Verkaufsempfehlung geht auf die ersten Januar-Tage 2019 zurück, als die besagten Papiere bloss um die 80 Franken kosteten. Mittlerweile sind es fast 135 Franken.

Aktienkursentwicklung der SFS Group seit Januar 2019 (Quelle: www.cash.ch)

Die Analystin ist übrigens dieselbe, die damals beim Vorzeigeunternehmen Geberit zeitgleich vor einem Kursfiasko warnte. Keine neun Monate später ruderte sie dann zurück und erhöhte ihr Anlageurteil von "Sell" auf "Hold" – mit einem Kursziel von 430 (zuvor 230) Franken wohlverstanden.

Ich muss Bruska insofern in Schutz nehmen, als dass sie mit ihren Kaufempfehlungen für andere Börsenüberflieger wie etwa den Automationskonzern Belimo oder die beiden Halbleiterzulieferer VAT Group und Inficon goldrichtig lag. Lob, wem Lob gebührt...

 

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