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Nicht eben wenige Schweizer Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe haben in den letzten Jahren an der Börse eine grundlegende Neubeurteilung und –bewertung durchlaufen. Die dauerhaft tiefen Zinsen machen es möglich – genauso wie die damit im Zusammenhang stehende Flucht in Sachwerte.
Das freut nicht nur die Aktionärinnen und Aktionäre dieser Unternehmen. Auch den Firmenlenkern kalbert sozusagen der Scheitstock. So überrascht nicht, dass der Schweizer Börse SIX in den letzten Wochen millionenschwere Aktienverkäufe aus den hiesigen Teppichetagen gemeldet wurden.
Insbesondere beim Vorzeigeunternehmen Lindt&Sprüngli vergeht momentan kaum ein Tag, ohne dass nicht neue Verkäufe bekannt würden. Alleine seit Ende August haben sich Personen aus der Geschäftsleitung des Confiserieunternehmens von Aktien und Partizipationsscheinen im Gesamtwert von mehr als 6 Millionen Franken getrennt. Seit Mitte Juli beläuft sich die Summe gar auf rund 33 Millionen Franken.
Das ist eine ganze Menge. Und dennoch notieren die Partizipationsscheine von Lindt&Sprüngli auf Rekordhoch. Es ist schon ziemlich beeindruckend, wie die zum Verkauf kommenden Titel einfach so mir-nichts-dir-nichts von der Börse absorbiert werden.
Beim Luxusgüterkonzern Richemont trennten sich Personen aus dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung zuletzt im grossen Stil von Optionen. Insgesamt kamen so seit Mitte Juli Optionen mit einem Marktwert von 16 Millionen Franken zum Verkauf – nicht nur Mitarbeiteroptionen, sondern auch von den einst für die Aktionärsbindung ausgegebenen Call-Warrants CFRAO.
Kursentwicklung der Aktien von Richemont über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)
Dass einige der Transaktionen von einer einem Verwaltungsrat nahestehenden juristischen Person abgeschlossen wurden, lässt vermuten, dass niemand geringerer als der südafrikanische Milliardär und Verwaltungsratspräsident Johan Rupert dahinter stecken könnte.
Zur Erinnerung: Angeblich war er es, der zwischen dem 27. November und dem 1. Dezember 2020 insgesamt gut 50 Millionen Aktionärs-Optionsscheine im Gesamtwert von fast 10 Millionen Franken über den offenen Markt erwarb. Damals kostete ein Warrant rund 20 Rappen. Sieben Monate später trennte er sich zu Kursen um die 60 Rappen von 16 Millionen Optionsscheinen. Seit Mitte Juli kommt eine weitere Million veräusserter Scheine hinzu.
Die Firmenlenker von Richemont und Lindt&Sprüngli sind übrigens in guter Gesellschaft. Auch bei anderen Börsenüberfliegern wie etwa der einstigen Novartis-Tochter Alcon, der Versandapotheke Zur Rose, dem Dentalimplantatehersteller Straumann, dem Industriekonzern ABB oder der Zürcher Bank Vontobel traten zuletzt Personen aus der Geschäftsleitung oder dem Verwaltungsrat als Verkäufer von Aktien des eigenen Arbeit- oder Mandatsgebers in Erscheinung. Diese Liste liesse sich beliebig um weitere bekannte Namen ergänzen.
Saisonal betrachtet wäre es falsch, bei der offensichtlichen Häufung solcher Titelverkäufe von einem eher seltenen Phänomen zu sprechen. Ähnliche Beobachtungen gab es im Anschluss an die Halbjahresberichterstattung auch schon in früheren Jahren – allerdings bei weitem nicht in einem solch üppigen Umfang.
Die Verkaufsbereitschaft passt übrigens gut zu jener bedeutender Aktionäre, trennten sich doch alleine in den letzten 24 Stunden sowohl bei Huber+Suhner als auch bei Vetropack sowie bei SoftwareOne langjährige Ankeraktionäre von ihrem Aktienpaket – oder zumindest von Teilen davon. Gleichzeitig platzierten Adecco und HIAG neue Aktien. Wenn das mal nicht Bände spricht...
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Etwas mehr als eine Woche ist es nun her, dass Chefstratege Andrew Garthwaite von der Credit Suisse seine Aktienmarktprognosen unter positiven Vorzeichen überarbeitet hat. Seither traut er dem viel beachteten Weltaktienindex von MSCI bis Ende nächsten Jahres noch einmal prozentual zweistellige Gewinne zu.
Was die Berufskollegen der Credit Suisse können, können wir auch, dürften sich die UBS-Strategen um Nick Nelson da wohl gedacht haben. In einem 40 Seiten starken Strategiepapier ziehen sie nun nach und erhöhen immerhin schon mal ihr Jahresendziel für den Stoxx Europe 600 Index auf 510 (zuvor 470) Punkte. Das entspräche aus heutiger Sicht einem Aufwärtspotenzial von knapp 8 Prozent.
Stoxx Europe 600 Index (rot) im 12-Monats-Vergleich mit dem SMI mit Dividenden-Korrektur (grün) (Quelle: www.cash.ch)
Die Autoren begründen die Prognosenerhöhung mit der zuletzt starken Belebung bei den Unternehmensgewinnen in Europa. Diesbezüglich rechnen sie im laufenden Jahr mit einem durchschnittlichen Gewinnwachstum um 60 Prozent, gefolgt von weiteren 15 Prozent im kommenden Jahr.
Vom Schweizer Aktienmarkt wollen Nelson und seine Mitarbeiter trotzdem nicht viel wissen, wird dem Heimmarkt ihres Arbeitgebers UBS wie bis anhin doch nur ein neutrales Gewicht in den Wertschriftenportefeuilles der Anlagekunden eingeräumt.
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