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Am Schweizer Aktienmarkt geraten vorwiegend kleinere Firmen ins Visier ausländischer Leerverkäufer. Denn je kleiner ein Unternehmen, umso angreifbarer ist es. Wird eine kleinere Firma zum Ziel eines orchestrierten Angriffs der Leerverkäufer, geht es nicht selten ums Überleben. Deshalb scheint der Vergleich mit einem Schwarm hungriger "Heuschrecken" nicht völlig an den Haaren herbeigezogen.
Bei Aryzta sprechen wir von knapp 19 durchschnittlichen Tagesvolumen, bei Dufry gar von über 43. Dahinter verbergen sich nicht bloss zwei, drei kleinere Leerverkäufer (siehe "Zweifelhafte Ehre für zwei Aktien aus der Schweiz" vom 26. März).
Wer allerdings glaubt, dass reine Grösse vor solchen Angriffen schützt, der irrt. Das zumindest verraten brandaktuelle Statistiken, die auch die dort gehandelten Titel einiger Grosskonzerne aus dem Swiss Market Index (SMI) umfassen.
Was auffällt: Zumindest bei den grossen Schweizer Unternehmen befinden sich die Leerverkäufer auf dem Rückzug.
Eine Ausnahme bildet dabei das Index-Urgestein Roche. Mitte März wurde mit 1,75 Millionen American Deposit Receipts (ADRs) gegen den Pharma- und Diagnostikkonzern aus Basel spekuliert. Das sind gut 9 Prozent mehr als noch zwei Wochen zuvor und entspricht gegenüber Anfang Februar knapp einer Verdoppelung.
Die Bons von Roche (rot) befinden sich im Stimmungstief und belasten den SMI (grün). (Quelle: www.cash.ch)
Faktoren wie die Angst vor einer Umsatzerosion bei Schlüsselmedikamenten wie Rituxan und Herceptin oder die nur schwer zu deutenden Studienergebnisse für die Immuntherapie Tecentriq bieten solchen Spekulationen einen geradezu idealen Nährboden. Wasser auf die Mühlen der Baissiers ist auch die Meldung, wonach das Hämophilie-Medikament Hemlibra in Verbindung mit fünf Todesfällen gebracht wird.
Erst gestern sprach bereits Bank Nummer vier eine Verkaufsempfehlung für Roche aus. Die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley stufte die in der Schweiz gehandelten Genussscheine von "Equal Weight" auf "Underweight" herunter und strich das Kursziel auf 230 (zuvor 260) Franken zusammen. Fragt sich: Ahnte der für Morgan Stanley tätige Pharmaanalyst etwas von den Todesfällen?
Noch extremer lesen sich die Statistiken zu den in New York gehandelten Titeln von Nestlé. Innerhalb von gerade mal zwei Wochen erhöhten die dortigen Leerverkäufer ihre Wetten gegen den Nahrungsmittelhersteller aus Vevey um das Dreifache. Gegenüber Anfang Februar errechnet sich gar eine Verzehnfachung.
Was auf den ersten Blick nach viel aussieht, relativiert sich bei genauerem Hinschauen. Wir sprechen hier nämlich von noch immer vernachlässigbaren 208'500 ADRs. An einem durchschnittlichen Tag wechseln in New York fünfmal so viele Titel die Hand.
Anders als sein Vorgänger Paul Bulcke ist Konzernchef Mark Schneider ein Mann der Taten und weniger der Worte. Vermutlich wissen amerikanische Marktkreise diese Tiefstapelei bloss nicht richtig zu deuten.
Fakt ist allerdings auch: Auf Schneider wartet immer noch eine ganze Menge Arbeit, trat er bei Nestlé doch kein einfaches Erbe an.
Kurz nach seinem Amtsantritt bei der Credit Suisse echauffierte sich Konzernchef Tidjane Thiam über die Wetten amerikanischer Leerverkäufer gegen die in New York gehandelten ADRs seiner Arbeitgeberin. Ich kann mich erinnern, als wäre es gestern gewesen.
Alleine in der ersten Hälfte März schmolz die Anzahl leerverkaufter Titel um 11 Prozent auf deren 4 Millionen. Noch wenige Wochen zuvor spekulierten dortige Marktakteure mit 6,9 Millionen ADRs gegen die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken. Dieser Rückgang überrascht, häufen sich doch die Berichte, wonach die Gewinnentwicklung im Investment Banking den Analystenerwartungen hinterherhinkt.
Die Aktien von Credit Suisse (rot) und UBS (grün) nähern sich einander langsam wieder an. (Quelle: www.cash.ch)
Eine regelrechte Kapitulation der Leerverkäufer war in den vergangenen Wochen bei Swiss Re zu beobachten. Wurde beim traditionsreichen Rückversicherungskonzern Anfang Februar noch mit 1,44 Millionen ADRs auf tiefere Aktienkurse spekuliert, waren es zuletzt nur noch deren 66'700.
Die Angst der Leerverkäufer, von steigenden Prämiensätzen im Rückversicherungsgeschäft oder einer strategischen Beteiligungsnahme durch den japanischen Technologiegigant Softbank auf dem falschen Fuss erwischt zu werden, scheint immens.
Ob es sich beim Rückzug amerikanischer Leerverkäufer in New York um die berühmt-berüchtigte "Ruhe vor dem Sturm" handelt, wissen wir spätestens in rund zwei Wochen. Dann sind die nächsten offiziellen Statistiken zu erwarten.
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