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Sell in May and go away - but remember to come back in September. Auf gut Deutsch: Verabschiede Dich im Mai von Deinen Aktien, aber kehre spätestens im September wieder zurück.

So will es zumindest eine alte Börsenregel. Wer letzterer im laufenden Jahr Folge leistete, verpasste allerdings ganz schön was. Mittlerweile notiert der breit gefasste Swiss Performance Index (SPI) nämlich fast 2000 Punkte höher als noch Ende April. Wir sprechen hier immerhin von einem Plus von gut 12 Prozent innerhalb weniger Monate.

In diesem Zusammenhang verwies ich schon Anfang Juni auf Erhebungen der Bank of America, wonach die Sommermonate Juni (+0,8 Prozent), Juli (+1,6 Prozent) und August (+0,7 Prozent) seit dem Jahr 1928 am S&P 500 Index gemessen zuverlässig positive Ergebnisse liefern. Die amerikanische Investmentbank wähnte die New Yorker Börse damals denn auch vor einer Sommer-Rally.

Noch ist das letzte Wort allerdings nicht gesprochen, geht der September doch als der schwächste Monat des ganzen Jahres aus denselben Erhebungen hervor. Mal schauen was uns da in den nächsten vier Wochen noch alles erwartet – gerade im Wissen darum, dass Mitte September ja auch noch der geldpolitische Entscheid der amerikanischen Zentralbank ansteht. Zweitschwächster Monat ist übrigens der Mai.

Ganz unter uns gesagt: Gerade der New Yorker Börse bekäme ein reinigendes Gewitter gar nicht mal so schlecht. Schliesslich liegt der letzte Rücksetzer beim S&P 500 Index um 5 Prozent oder mehr schon beinahe ein Jahr zurück. Und das, obschon sich das Börsenbarometer – nachdem die pandemiebedingte Talsohle im März letzten Jahres durchschritten war – mehr als verdoppelt hat.

Eigentlich sind dort Übertreibungen längst an der Tagesordnung - seien es nun die aggressiven Derivatwetten dortiger Kleinstanleger, die allseits beliebten Aktienkäufe auf Pump oder die auf ein Rekordtief gefallenen Wetten dortiger Leerverkäufer. Diese Liste liesse sich beliebig um weitere Anhaltspunkte für eine Überhitzung erweitern.

Die Novartis-Aktien kommen einfach nicht vom Fleck (Quelle: www.cash.ch)

Dass es zumindest bei den hiesigen Aktienindizes zu keiner solchen kommt, dafür sorgen die beiden Indexschwergewichte Nestlé und Novartis. Mit einem Plus von 12 Prozent hinken die Valoren von Nestlé dem breiten Markt seit Jahresbeginn ziemlich hinterher. Der noch grössere "Bremsklotz" sind jedoch jene von Novartis. Wer beim Pharmakonzern aus Basel investiert ist, für den war der bisherige Jahresverlauf unter dem Strich bloss ein Nullsummenspiel. Damit halten diese Schwergewichte den Swiss Market Index (SMI) erfolgreich im Zaum.

Selbst wenn die kommenden Wochen turbulenter werden sollten, wähnen die beiden bekannten Markttechnikexperten Mensur Pocinci und Alexis Chassagnade von Julius Bär den Schweizer Aktienmarkt erst am Anfang einer mehrere Jahre andauernden Aufwärtsbewegung. Sie vergleichen die momentane Situation mit jener von Mitte der Vierzigerjahre (+9,6 Prozent im Jahr) oder Anfang der Achtzigerjahre (+12,3 Prozent im Jahr) und sehen den SMI in die Region von 15'000 Punkte vorstossen.

Unnötig zu erwähnen, dass eine solche Bewegung von den drei Indexschwergewichten Nestlé, Roche und Novartis mitgetragen werden müsste. Schliesslich sind diese beim SMI für mehr als die Hälfte der Gesamtkapitalisierung verantwortlich.

Das würde wohl den einen oder anderen Grossinvestor auf dem falschen Fuss erwischen. Wie Erhebungen der UBS zeigen, zählen Roche und Nestlé zu den zehn weltweit am häufigsten untergewichteten Valoren überhaupt.

Ich schrieb vor wenigen Tagen:

Dieses Spiel wird seit Wochen ad absurdum geführt. Bei nicht wenigen Nebenwerten – ich denke da etwa an Medartis, Swissquote oder Sensirion – schossen die Aktienkurse zuletzt exponentiell nach oben. Das zeugt von Gier und passt gut zu den Überhitzungserscheinungen an der New Yorker Börse wie den aggressiven Derivatwetten dortiger Kleinstanleger, die allseits beliebten Aktienkäufe auf Pump oder die auf ein Rekordtief gefallenen Wetten dortiger Leerverkäufer.

Gewiss: Angst ist an der Börse meist ein ziemlicher schlechter Ratgeber. Allerdings ist Geiz genauso wenig ein guter Ratgeber, wie Angst ein schlechter ist.

Wenden wir uns nun aber dem Handelsgeschehen der letzten Tage zu. Für das Kursfeuerwerk der Woche sorgte Polyphor. Das Pharmaunternehmen aus dem Baselbiet schliesst sich mit der amerikanischen EnBiotix zusammen, wobei künftig die Amerikaner das Sagen haben. Sie stellen künftig rund drei Viertel des Aktionariats.

Am Donnerstag notierten die Aktien von Polyphor in der Spitze um bis zu 36 Prozent höher. Und das, obwohl die Reaktionen aus dem hiesigen Handel wenig schmeichelhaft ausfallen. Gewinner des Zusammenschlusses seien vor allem die Amerikaner. Sie kämen nicht nur elegant durch die Hintertür an die Börse, sondern auch ziemlich günstig an das inhalierbare Antibiotikum Murepavadin gegen Mukoviszidose. Hinzu kämen liquide Mittel in zweistelliger Millionenhöhe.

Die beiden finanzkräftigen Grossaktionäre Rudolf Maag und Peter Grogg werden das Unternehmen schon retten, so der Irrglaube vieler Händler. Nun wissen wir, dass weder der Medtech-Pionier noch der Bachem-Gründer dem schlechten Geld gutes hinterherwerfen werden.

Wohlwollende Worte findet heute Freitag der für die Zürcher Kantonalbank tätige Analyst Laurent Flamme. Er sieht im Zusammenschluss mit EnBiotix einen sinnvollen strategischen Schritt und zwischen den beiden Antibiotika Murepavadin von Polyphor und ColiFin der Amerikaner durchaus Synergien.

Wer schon etwas länger bei Polyphor engagiert ist, für den war das jüngste Kursfeuerwerk bestenfalls ein Tropf auf den heissen Stein (Quelle: www.cash.ch)

Nach der Hektik der Sommermonate – Stichwort Halbjahresberichterstattung - herrschte ansonsten eher Nachrichten-Flaute. Diese erlaubte es uns Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten mal eben schnell tief durchzuatmen. Von einem Extrem ins andere...

Für Kursausschläge sorgten denn auch eher die Aktienanalysten mit ihren teils aufsehenerregenden Kaufempfehlungen und Kurszielen. Ich denke da etwa an die Heraufstufung der Aktien von Meyer Burger von "Halten" auf "Kaufen" durch die Nebenwerte-Spezialisten von Research Partners, die eindringlichen Kaufempfehlungen der Berenberg Bank für die Valoren von Bossard, Bucher und Zurich Insurance, das geradezu verlockend hohe Kursziel von 75 Franken der Bank of America für die Aktien von Dufry oder die Heraufstufung der Valoren von Richemont von "Hold" auf "Buy" bei einem Kursziel von 120 (zuvor 105) Franken durch Julius Bär.

Mal schauen, was die kommende Woche uns so bringt. Am nächsten Freitag sind wir bestimmt schlauer, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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