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Der Swiss Market Index (SMI) konnte seit Januar um 26 Prozent zulegen. Die Dividendenabgänge vom Frühling mitaufgerechnet, liegt das Plus sogar bei mehr als 30 Prozent - was sich im Rahmen des breit gefassten Swiss Performance Index (SPI) bewegt. Damit geht 2019 als das zweitbeste Börsenjahr der letzten zwanzig Jahre in die Geschichte ein. Nur im Jahr 2005 schnitt der Schweizer Aktienmarkt - an den beiden viel beachteten Börsenbarometern gemessen - noch besser ab. Mit anderen Worten: Die letzten 12 Monate liessen aus Sicht des Aktienanlegers keine Wünsche offen.

Allerdings dürfte sich die Begeisterung über diese Zahlen bei den Aktionären der beiden aufstrebenden Medizinaltechnikhersteller Medacta und Medartis, des Baselbieter Pharmaunternehmens Polyphor oder jenen des Automobilzulieferers Klingelnberg in Grenzen halten. Denn ihre letztjährige Bilanz fällt sehr viel nüchterner aus.

Der Rückschlag mit Murepavadin hinterliess bei Polyphor tiefe Spuren in der Aktienkursentwicklung (Quelle: www.cash.ch)

Mit einem Kursrückgang von fast 60 Prozent zählten die Aktien von Polyphor im zurückliegenden Jahr zu den Schlusslichtern. Gegenüber dem seinerzeitigen Ausgabepreis von 38 Franken errechnet sich gar ein Minus von 80 Prozent. Das Pharmaunternehmen hatte im vergangenen Frühsommer einen Rückschlag beim Antibiotikum Murepavadin und damit ausgerechnet beim am weitesten in der Entwicklung fortgeschrittenen Entwicklungsprojekt zu beklagen.

Da solche Rückschläge in der Pharmaindustrie leider zum Alltag gehören, kann man weder den Gründungsaktionären, noch den mit dem Börsengang betrauten Banken einen Vorwurf machen.

Auf ein rabenschwarzes Jahr blicken auch die Aktionäre von Klingelnberg zurück. Vom Abschwung in der Automobilindustrie auf dem falschen Fuss erwischt, war der Zulieferer gleich zweimal zu einer Reduktion der Jahresvorgaben gezwungen. Das wiederum blieb nicht ohne Folgen für die Aktienkursentwicklung. Die Jahresbilanz: Ein sattes Minus von 37 Prozent.

Dass sich Klingelnberg dem Abschwung in der Automobilindustrie nicht entziehen kann, überrascht mich eigentlich nicht. Ich kann mich jedoch gut erinnern, wie das Unternehmen im Vorfeld des Börsengangs vom Frühsommer 2018 hochgejubelt wurde. Bisher blieb es den Beweis schuldig, die Anwendungsmöglichkeiten der eigens entwickelten Technologie auch ausserhalb der Automobilindustrie auszuschöpfen.

Mit Vontobel hat zumindest eine mit dem Börsengang betraute Bank schon mal das Handtuch geworfen. Sowohl die Credit Suisse, als auch die Berenberg Bank halten hingegen an ihren Kaufempfehlungen für diese Aktien fest - letztere mit einem weiterhin hohen Kursziel von 46 Franken.

Nicht nur die Aktien von Polyphor und Klingelnberg, auch jene der beiden Medizinaltechnikhersteller Medacta (- 24 Prozent) und Medartis (- 23 Prozent) waren im letzten Jahr weit oben auf der Verliererliste zu finden. Rückblickend erwiesen sich die die Preisvorstellungen der Altaktionäre sowie der mit dem Börsengang betrauten Banken als zu hoch und die ach so gefeierten Wachstumsambitionen beider Unternehmen schon kurz nach dem Börsengang als zu ehrgeizig - was einen eher fahlen Beigeschmack hinterlässt. Umso mehr, als Altaktionäre sich nach Ablauf der Sperrfrist angeblich vereinzelt von Titeln getrennt haben.

Kursentwicklung der Aktien von Medartis (rot) und Medacta (grün) (Quelle: www.cash.ch)

Dass es auch anders geht, zeigt die Publikumsöffnung von Stadler Rail. Der Ausgabepreis scheint vernünftig gewählt. Zudem konnte der Hersteller von Zugkompositionen den Erwartungen bisweilen gerecht werden, selbst wenn die Aktionäre bei den letztjährigen Margenvorgaben etwas zurückstecken mussten.

Im Wissen, dass die frühere Valora-Tochter Selecta, die Bankensoftwareschmiede Avaloq, der Haushaltsgerätehersteller V-Zug oder der Visa-Dienstleister VFS Global an die Börse drängen (siehe den Bilanz-Artikel zu diesem Thema), sollten sich die Banken unbedingt ein Beispiel am Börsengang von Stadler Rail nehmen. So verlockend das schnelle Geld auch sein mag: Das IPO-Debakel von 2019 darf sich nicht wiederholen - alleine schon der eigenen Glaubwürdigkeit zuliebe.

Für die Publikumsaktionäre von Medartis, Medacta und Co. gibt es übrigens durchaus Grund zur Hoffnung. Die zuletzt schwache Kursentwicklung lässt sich mit sogenannten Window-Dressing-Transaktionen erklären. Sprich: Vermögensverwalter und Fonds-Manager trennten sich kurz vor dem Jahreswechsel von diesen zuvor schlecht gelaufenen Aktien. Dieser Verkaufsdruck dürfte nun nachlassen...

 

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