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Die Kurse an der New Yorker Börse wollen nach oben. Seit Wochen reiht sich ein Indexrekord an den nächsten. Es ist beinahe, als gäbe es kein Morgen. Im Windschatten davon nähert sich auch der Swiss Market Index (SMI) seiner bisherigen Bestmarke vom Februar – wenn auch nur sehr gemächlich. Dass sich ausgerechnet die drei Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis als Bremsklotz erweisen, dürfte wohl kaum jemanden überraschen. "Schwerfällig", "langweilig" oder "völlig uninteressant" sind noch die salonfähigeren Ausflüchte, weshalb nicht nur angelsächsische Grossinvestoren, sondern immer öfter auch die hiesigen Lokalmatadore einen Bogen um diese Valoren machen.

Ein Blick auf die Gewinnerliste von dieser Woche sagt denn auch mehr als Worte. Die Goldmedaille geht an Blackstone Resources. Die schlecht handelbaren Aktien kosten gut 50 Prozent mehr als am vergangenen Freitag. Das Kursfeuerwerk zündete eine von AlphaValue verfasste Unternehmensstudie. Darin erhöhte der Autor Varun Sikka sein Kursziel auf satte 12,50 (zuvor 7,50) Franken, um den Fortschritten bei der Entwicklung neuartiger Batteriezellen Rechnung zu tragen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der AlphaValue-Analyst die Valoren schon eine ganze Weile zum Kauf anpreist.

Die Aktien von Blackstone Resources haben sich in den letzten zwei Wochen in einem dünnen Handel mal eben schnell im Kurs verdoppelt (Quelle: www.cash.ch)

Die Aktionärinnen und Aktionäre von Relief Therapeutics dürfen sich immerhin die Bronzemedaille um den Hals legen. Um 30 Prozent höher stehen die Aktien als noch am letzten Freitagabend. Mit der Übernahme der auf seltene Lungenkrankheiten spezialisierten deutschen AdVita konnte das Pharmaunternehmen an der Börse punkten. Die AdVita-Besitzer erhalten umgerechnet 25 Millionen Euro in Aktien von Relief Therapeutics. Weitere 20 Millionen Euro könnten in Form von Meilensteinzahlungen fliessen. Zusätzliche Mittel sichert sich das Unternehmen über eine neue Aktienzeichnungs-Fazilität mit dem Grossaktionär GEM in Höhe von 50 Millionen Franken.

Auf dem Silbermedaillen-Platz findet sich mit Newron ein weiteres kleines Pharmaunternehmen. Die Neuigkeit, wonach die Rekrutierung von Schizophreniepatienten für eine Studie mit dem Wirkstoff Evenamide abgeschlossen werden konnte, reichte für einen Wochengewinn von 32 Prozent.

Wie schon in der Vorwoche sind auch diese Woche wieder auffällig viele Aktien mit einem Kurs von 6 Franken oder weniger auf der Gewinnerliste zu finden. Je spekulativer, desto besser, so macht es den Anschein. Das dürfte kein Zufall sein, deckt sich das doch mit Beobachtungen aus New York.

Dort drängen Kleinstanleger in Scharen an die Börse. Ihr Risikoappetit lässt sich kaum stillen. Befreundete Händler aus Übersee berichten mir von einer Goldgräberstimmung wie zu besten Dotcom-Zeiten. Die Kleinstanleger würden sich nicht nur in schlecht handelbaren Nebenwerten, sondern vermehrt auch in kurzlaufenden Call-Optionen tummeln, so wird mir berichtet. Neuste Statistiken scheinen diesen Berichten Recht geben zu wollen: Seit Monaten steigt das Prämienvolumen kurzlaufender Call-Optionen in New York überproportional an und hat ein noch nie zuvor beobachtetes Ausmass angenommen.

Erhebungen zufolge sind Kleinstanleger mittlerweile für fast 20 Prozent der Handelsvolumina verantwortlich. Im Wissen, dass in den letzten Jahren bis zu 80 Prozent der Volumina vom Programmhandel prästiert wurden, ist das eine ganze Menge.

Auch von den auf Kredit gekauften Aktien lässt sich auf einen völlig heissgelaufenen amerikanischen Aktienmarkt schliessen. Nach 63 Milliarden Dollar im November, wuchs die Summe der fremdfinanzierten Aktienkäufe im Dezember um weitere 56 Milliarden Dollar auf einen neuen Rekordbetrag von 778 Milliarden Dollar. Zwischen März und Dezember letzten Jahres kamen so knapp 300 Milliarden Dollar hinzu. Ob das nachhaltig ist? Ich wage das arg zu bezweifeln.

Wie aufgeheizt die Stimmung selbst hierzulande ist, zeigt das Kursfeuerwerk bei Kudelski. Mit einem Kurs von nur wenigen Franken passen die Aktien des Sorgenkinds aus einem Vorort von Lausanne urplötzlich wieder ins Beuteschema der hiesigen Marktakteure.

Ein Kursfeuerwerk auch bei den Kudelski-Aktien (Quelle: www.cash.ch)

Unternehmenseigenen Angaben zufolge liegt der operative Gewinn (EBITDA) für das vergangene Jahr über den ursprünglich in Aussicht gestellten 45 bis 55 Millionen Dollar. Das zumindest lässt sich am frühen Freitagmorgen einer Mitteilung an die Medien entnehmen – ohne, dass Kudelski konkrete Zahlen nennt.

Klar ist bloss: Eine einmalige Neuverbuchung von Vorsorgeverbindlichkeiten bei der Tochterfirma Digital TV in nicht bekannter Höhe dürfte mithineingespielt haben. Das scheint die Börse allerdings nicht weiter zu kümmern.

Da lobe ich mir doch den geradezu beeindruckenden Zahlenkranz von Logitech für das Weihnachtsquartal. Was der fleissige Firmenchef Bracken Darrell und seine Belegschaft leisten, sucht hierzulande seinesgleichen. Gerade in angelsächsischen Analystenkreisen schwappt diesen Aktien viel Liebe entgegen, rät die Citigroup neuerdings doch sogar mit einem Kursziel von 130 Dollar zum Kauf der Papiere.

Selbst die Credit Suisse scheint auf den Geschmack von Aktien mit einem Kurs im Rappenbereich zu kommen. Wie eine Offenlegungsmeldung an die Börsenbetreiberin SIX verrät, kaufte die Fondstochter der Grossbank zuletzt Aktien des hochverschuldeten Backwarenherstellers Aryzta zu. Als Käuferin zu erkennen geben musste sie sich nur, weil sie neuerdings wieder mehr als 3 Prozent der Stimmen hält.

Im Gegenzug reduzierte die Fondstochter der Credit Suisse ihre Beteiligung an der Kiosk-Mutter Valora auf 4,9 (zuvor 5,3) Prozent und jene an der Regionalbankengruppe Valiant auf unter 3 (zuvor 3,02) Prozent.

Unbekümmert reagierte die Börse in den letzten Tagen auch bei Alcon, nachdem die für die Société Générale tätige Analystin mit dem wohlklingenden Namen Delphine Le Louet die ehemalige Novartis-Tochter als Umweltsünderin brandmarkte.

Da die Herstellung von Produkten wie etwa Kontaktlinsen, Linsen oder Kontaktlinsenflüssigkeit sowie deren Anwendung mit einem hohen Verbrauch an Kunststoffen und Wasser einhergehen, schneide das Unternehmen in Sachen "ESG" gar nicht gut ab, so die Medizinaltechnikanalystin. "ESG" steht übrigens für die englischen Begriffe "Environment", "Social" und "Governance". Gemeint ist eine möglichst verantwortungsvolle Unternehmensführung, nicht zuletzt auch in Sachen Umwelt und Gesellschaft.

Und um ihrer Verkaufsempfehlung den nötigen Nachdruck zu verleihen, kürzte Le Louet ihr 12-Monats-Kursziel für die Aktien von Alcon auf 45 (zuvor 52) Franken.

Dass die Papiere des in der Augenheilkunde tätigen Unternehmens zeitnah dennoch neue Kursrekorde schrieben, lässt sich damit erklären, dass die Medizinaltechnikanalystin keine Unbekannte ist. Sie sorgte kurz nach dem Börsengang vom April 2019 nämlich mit einem eher peinlichen Patzer für Schlagzeilen.

Nächste Woche legen gleich mehrere SMI-Unternehmen mit ihren Jahresergebnissen nach. Am Dienstag melden sich UBS und Novartis zu Wort, gefolgt von Lonza am Mittwoch, SGS am Donnerstag sowie Swatch Group und Givaudan am Freitag. Mich interessiert vor allem, wie sich die UBS im Schlussquartal geschlagen hat. Ich verspreche mir dabei wichtige Erkenntnisse auf den Zahlenkranz der Erzrivalin Credit Suisse. Für den breiten Markt ist das Jahresergebnis des Schwergewichts Novartis vermutlich aber fast noch wichtiger.

Mehr zum Thema kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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