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Zwei Schritte vor und einen wieder zurück. Passender liesse sich das Handelsgeschehen am Schweizer Aktienmarkt momentan kaum umschreiben. Der Swiss Market Index (SMI) notiert zur Stunde zwar noch immer um 0,9 Prozent über dem Schlussstand vom vergangenen Freitag. Das hat das Börsenbarometer allerdings nicht den "üblichen Verdächtigen" zu verdanken. Vielmehr haben Grossinvestoren das arg vernachlässigte Schwergewicht Novartis wiederentdeckt.

Nach Zur Rose und Bachem erwischte es in den letzten Tagen weitere zuvor frenetisch gefeierte Börsenüberflieger. Selbst Aktien wie die von Lonza, SIG Combibloc oder Logitech fielen zuletzt wieder etwas von ihren Höchstständen nach unten zurück – und sorgten so bei einigen Marktakteuren für verdutzte Gesichter. Im Gegenzug liefen "Sorgenkinder" wie etwa Dufry oder Newron Pharma zu neuer Form auf. Das Erfolgsrezept "Follow the winners" der letzten Wochen und Monate scheint zumindest für den Moment nicht mehr aufzugehen.

Zahlen trotz eines schwachen Freitags zu den Wochen-Gewinnern: Die Aktien von Dufry (Quelle: www.cash.ch)

Und das, obwohl UBS-Analyst Joern Iffert bei Logitech wieder einmal seinen Charme spielen lässt. In einem Kommentar lässt er seine Kundschaft wissen, dass er Raum für höhere durchschnittliche Verkaufspreise sieht und damit verbunden mit einer steigenden Bruttomarge rechnet. Einige Produkte seien angesichts der starken Nachfrage momentan sogar ausverkauft, so schreibt Iffert weiter. Nicht zuletzt auch deshalb traut er dem Unterhaltungselektronikhersteller aus Lausanne im laufenden Geschäftsjahr einen operativen Gewinn (EBIT) in Höhe von 460 Millionen Dollar zu. Das liegt sowohl über den von Logitech selber erwarteten 410 bis 425 Millionen Dollar als auch über den durchschnittlichen Erwartungen, welche sich am ganz oberen Ende dieser Bandbreite bewegen.

So richtig schlau werde ich nicht aus dem UBS-Analysten. Auf der einen Seite liegt er mit seinen operativen Gewinnschätzungen über jenen seiner Berufskollegen, auf der anderen Seite veranschlagt er gerade mal ein 12-Monats-Kursziel von 53 Franken. Zur Erinnerung: Zuletzt kosteten die Aktien von Logitech um die 67 Franken. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, stuft er die Papiere trotz einem rechnerischen Rückschlagspotenzial von 20 Prozent weiterhin mit "Neutral" ein – wohl ganz nach dem Motto "Das eine tun und das andere nicht seinlassen".

Wer bei hiesigen Börsenüberfliegern der letzten Wochen und Monaten investiert ist und es verständlicherweise bleiben möchte, dem rate ich dazu, die weiteren Entwicklungen in New York genauestens im Auge zu behalten. Sollten die Zinsen dort weiter steigen und die Aktien dortiger Tech-Giganten weiterhin Mühe bekunden, wäre das kein gutes Zeichen. Steigende Zinsen zogen in den vergangenen Jahren stets grössere Umschichtungen Richtung der Substanzwerte nach sich und erwiesen sich dadurch als Gift für Wachstumsaktien. Diese Faktoren entscheiden letztendlich darüber, ob das Erfolgsrezept "Stay with the Winners" auch künftig aufgeht.

Als die Gewinner gehen die Aktionäre von Sunrise Communications aus der Woche hervor, allen voran der langjährige Ankeraktionär Freenet. Liberty Global – das Mutterhaus von UPC Schweiz – greift tief in die Tasche und bietet 110 Franken in bar für jede Aktie der Nummer zwei im Mobilfunkmarkt Schweiz. Das entspricht einem Aufschlag von satten 32 Prozent gegenüber dem Durchschnittskurs der vorangegangenen 60 Tage. Ein Angebot, dem kaum zu widerstehen ist. Hartnäckigkeit zahlt sich eben aus.

Auch bei Analyst Usman Ghazi von der Berenberg Bank und seiner Berufskollegin Nawar Cristini von Morgan Stanley dürfte die Freude über dieses grosszügige Angebot gross sein. Sie beide priesen die dividendenstarken Valoren von Sunrise in den letzten Wochen verschiedentlich zum Kauf an.

Ebenfalls auf der Gewinnerliste von dieser Woche anzutreffen: Die Sunrise-Aktien (Quelle: www.cash.ch)

Wer auf eine Nachbesserung des jetzt schon grosszügigen Barangebots oder eine Gegenofferte durch weitere Interessenten spekuliert, der sei an dieser Stelle vor möglichen Enttäuschungen gewarnt: Die Übernahmepläne von Liberty Global kann jetzt eigentlich nur noch die Eidgenössische Wettbewerbskommission durchkreuzen. Den Ankeraktionär Freenet mit seinem 24-Prozent-Paket haben die Briten nämlich bereits an Bord. Deshalb überrascht mich sehr, dass der Zürcher Vermögensverwalter PSquared am Mittwoch kräftig Aktien zukaufte und neuerdings 4,26 Prozent der Stimmen hält.

Straumann sorgte am gestrigen Donnerstag hingegen gleich selber für eine kalte Dusche für die Aktionäre. Der Dentalimplantatehersteller verpackt ausserordentliche Wertberichtigungen und Abschreibungen im Umfang von 150 Millionen Franken ins erste Halbjahr. Dadurch resultiert unter dem Strich ein sattes Minus in Höhe von fast 94 Millionen Franken.

Die Kurse gerieten jedoch erst während der anschliessenden Telefonkonferenz so richtig ins Rutschen. Gerade bei Teilnehmern aus dem angelsächsischen Raum seien nicht alle Aussagen der Firmenverantwortlichen gut angekommen, so wird gemunkelt. Das würde auch Berichte aus dem Handel erklären, wonach grosse US-Fonds im Laufe des Nachmittags als Verkäufer in Erscheinung getreten seien. Im Zuge dessen wurden vorübergehend sogar Kurse um 876 Franken bezahlt.

Zumindest hiesige Analysten halten dem Weltmarktführer und dessen Aktien auch weiterhin die Stange und bestätigen keine 24 Stunden später ihre Kaufempfehlungen – egal ob Dani Jelovcan von Mirabaud Securities oder sein Namensvetter Daniel Buchta bei Vontobel. Der Mirabaud-Analyst errechnet neuerdings sogar ein Kursziel von 1100 (zuvor 910) Franken. und das, obschon er auf Basis des vorliegenden Zahlenkranzes den dicken Rotstift ansetzt und seine Gewinnschätzungen um bis zu 16,7 Prozent kürzt.

Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen: Die Kombination von steigenden Kursen und Kurszielen bei fallenden Gewinnerwartungen ist ein Phänomen, mit welchem ich mich schon eine ganze Weile beschäftige. Erst am Mittwoch widmete ich meine Kolumne wieder genau diesem Thema. Unter anderem...

Uns steht erneut eine turbulente Woche mit einer ziemlichen Zahlenflut bevor, wobei aus dem SMI nur noch Geberit und Alcon mit Ergebnissen aufwarten. Für Bewegung dürfte bei den Aktien kleinerer und mittelgrosser Schweizer Unternehmen jedoch gesorgt sein. Mehr dazu nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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