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Die Musik spielt momentan an der Börse in New York – und auch dort nur bei ein paar wenigen Tech-Giganten wie etwa Tesla, Apple oder Microsoft. Allerdings spielt die Musik so laut, dass sie alles andere rund um den Globus übertönt. Wo auch sonst sind prozentual zweistellige Kursgewinne bei Grossunternehmen an der Tagesordnung, wenn nicht in New York? Und manchmal braucht es dazu – wie kürzlich beim Streamingdienst Netflix – nicht einmal irgendwelche Neuigkeiten.
Die Kluft zwischen den Super-Reichen und dem Rest der Welt ist über die letzten Wochen noch einmal kräftig gewachsen. So geht Amazon-Gründer Jeff Bezos als erster Erdenbürger mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 200 Milliarden Dollar in die Geschichte ein. Und alleine schon die Ankündigung, dass der Elektromobil-Pionier Tesla seine Aktie splittet, machte Hans-Dampf-in-allen-Gassen Elon Musk über Nacht mal eben schnell um zig Milliarden Dollar reicher. Medial stets fein säuberlich ausgeschlachtet, versteht sich.
Kein Wunder, lebt man da als Anleger in ständiger Angst, etwas verpassen zu können. Da klingt es schon fast wie Hohn, wenn Strategen wie der für die britische Barclays tätige Emmanuel Cau lauthals zu Umschichtungen aus den "teuren" amerikanischen in die "sträflich vernachlässigten" europäischen Aktien raten. Doch damit nicht genug: Nachdem der bekannte Stratege im Juni die Aktien aus der Gesundheitsindustrie von "Overweight" auf "Marketweight" reduzierte, stuft er dieses für den Schweizer Aktienmarkt wichtige Titelsegment neuerdings sogar nur noch mit "Underweight" ein. Stattdessen räumt er konjunkturabhängigen Papieren und Finanzwerten ein überdurchschnittliches Gewicht in den Wertschriftenportefeuilles ein.
Selbst nach den schmerzhaften Kursverlusten bei amerikanischen Tech-Aktien von Donnerstagnacht in New York gelten die hiesigen Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis als "träge" und "langweilig". Wer etwas auf sich hält, setzt stattdessen lieber auf diesjährige Börsenüberflieger wie etwa Sika, Bachem oder Givaudan.
Anlegern momentan "zu langweilig": Die Valoren von Nestlé (rot), Roche (grün) und Novartis (gelb) (Quelle: www.cash.ch)
Analysten wie jene von Vontobel oder Mirabaud Securities heizen die Stimmung noch zusätzlich an. Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy nutzte am Dienstag bei Givaudan die Gunst der Stunde und erhöhte das Kursziel im Anschluss an das Investorenseminar vom Vortag auf 4500 (zuvor 4000) Franken. Der Aromen- und Duftstoffhersteller aus Genf werde auch künftig Aktionärswerte schaffen, so die etwas magere Begründung.
Zur Erinnerung: Givaudan servierte den Aktionären am diesjährigen Investorenseminar "alten Wein in neuen Schläuchen". In Bezug auf die Barmittelgenerierung sind die neuen Mittelfristziele sogar etwas vorsichtiger formuliert als die bisherigen.
Für Analyst Dani Jelovcan von Mirabaud Securities ist hingegen bei den Aktien von Lonza und Bachem der Himmel das Limit. Die Papiere von Bachem sieht er neuerdings auf 500 (zuvor 375) Franken steigen, jene von Lonza sogar auf 706 (zuvor 444) Franken. Unnötig zu erwähnen, dass er beide selbst jetzt noch zum Kauf anpreist.
Am Mittwoch schrieb ich zu Bachem und anderen Börsenüberfliegern:
Spannend ist, dass sich hochkarätige Grossinvestoren bei einigen Börsenüberfliegern zuletzt von Aktien getrennt haben. So reduzierte Artisan Partners die Beteiligung an Lonza auf 2,97 (zuvor 3,02) Prozent. Gut möglich, dass der für seine aktive Einflussnahme bei Unternehmen berüchtigte Finanzinvestor das Paket weiter reduziert – ja, eventuell sogar ganz aussteigt. Wir werden es wohl nie erfahren, muss er sich mit einem Stimmenanteil von weniger als 3 Prozent doch nicht länger als Verkäufer zu erkennen geben.
Es beeindruckt mich, wie besonnen die hiesigen Marktakteure auf den Kurseinbruch von Donnerstagnacht in New York reagieren. Von Panik keine Spur. Ganz im Gegenteil: Man kauft selektiv Aktien zu. Sowieso ist es für Panik noch zu früh.
Die Beteiligungsreduktion durch T. Rowe Price setzte den Aktien von Alcon zuletzt zu (Quelle: www.cash.ch)
Die wahre Bewährungsprobe steht den Aktienmärkten allerdings noch bevor. Anfang nächste Woche müssen die Tech-Giganten in New York unbedingt an die bisherigen Rekorde anknüpfen. Mit jedem Tag, an dem das nicht der Fall ist, steigt die Gefahr weiterer schmerzhafter Kursverluste –auch bei den Schweizer Börsenüberfliegern.
Was mich eher etwas vorsichtig stimmt: In einer Umfrage der Beratungsfirma Deloitte bei amerikanischen Finanzchefs gaben 84 Prozent der Befragten an, dass sie Aktien für zu teuer hielten. Vermutlich sind das dieselben Finanzchefs, die für Milliarden von Dollar Aktien des eigenen Unternehmens zurückkaufen.
Gleichzeitig trennen sich Firmenlenker in New York unter dem Strich von Aktien des eigenen Arbeitgebers in einer Geschwindigkeit wie seit 2015 nicht mehr. Auch das flösst nicht gerade Vertrauen ein und deutet alles auf ein "überhitztes" Börsenumfeld hn.
Mal schauen, ob wir nächsten Freitag etwas schlauer sind, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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