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Fallen Aktienmärkte 20 Prozent unter ihre kurz zuvor erklommenen Höchststände, spricht man in Börsenkreisen nicht mehr bloss von einer Korrektur. Zumindest wenn es nach dieser alten Faustregel geht, können Anleger fürs erste aufatmen.
Selbst am Montag vor einer Woche fiel der Swiss Performance Index (SPI) vorübergehend nur um 13 Prozent unter seine bisherige Bestmarke. Mittlerweile beträgt das Minus noch gut 7 Prozent. Etwas stärker hat es den Weltaktienindex von MSCI erwischt. In Dollar betrachtet notiert er ziemlich genau 10 Prozent unter seinem Rekordhoch von Ende Mai und damit rund 5 Prozent unter dem Stand von Anfang Jahr.
Verhält es sich wie im Oktober letzten Jahres oder nach der überraschenden Kapitulation unserer Schweizerischen Nationalbank (SNB) von Mitte Januar, verpasst etwas, wer jetzt nicht noch rasch einsteigt oder zumindest ein paar Aktien zukauft.
Es gibt sie zwar, die warnenden Stimmen im Markt. Allerdings ist diese vom Aussterben bedrohte Spezies von Aktienstrategen noch immer weit in der Unterzahl. Bekannte Experten wie jene von Morgan Stanley, J.P. Morgan oder Barclays raten der Anlagekundschaft den jüngsten Rückschlag tapfer für Zukäufe zu nutzen - schliesslich hat sich das in der Vergangenheit ja jeweils bewährt.
Die Botschaft ist übrigens, wo man auch hinhört, dieselbe: Trotz Stimmungsumschwung sprechen Umfeld und Bewertung weiterhin für Aktien. Einige Strategen rechnen über die nächsten sechs Monate sogar mit einer Beschleunigung der zuletzt angeschlagenen chinesischen Wirtschaft, was mich doch sehr überrascht.
Während sich die meisten Banken an diese doch sehr gängigen Argumente klammern, nehmen die für die Citigroup tätigen Autoren in einer mir aus London zugespielten Strategiestudie eine sehr viel differenziertere Beurteilung der Lage vor.
Den Experten zufolge passt der jüngste Rücksetzer bestens zur in die Jahre gekommenen Aktienhausse. Ein Blick in die Vergangenheit zeige, dass sich in Jahren mit einer Korrektur im Umfang von 10 bis 20 Prozent auf das Gesamtjahr betrachtet noch immer durchschnittlich 10 Prozent mit Aktien verdienen liess, so schreiben sie.
Einzigartig ist, dass die Studienverfasser nicht weniger als 16 verschiedene und eine Börsenbaisse vorhersagende Indikatoren mitverfolgen. Darf man den Experten Glauben schenken, dann sind zuletzt gerademal vier davon in den Gefahrenbereich gefallen.
In diesem Zusammenhang werden das hohe Verhältnis von Nettoverschuldung zum operativen Gewinn (EBITDA), die exzessive Übernahmetätigkeit der Unternehmen, die vergleichsweise tiefe Eigenkapitalrendite sowie die Abkoppelung der Aktienmärkte von der Entwicklung der Ramschanleihen, sogenannter Junk-Bonds, genannt.
Noch im Mai warnten aufgrund der damals regen Börsengänge und des stolzen Kurs-Gewinn-Verhältnisses sogar deren fünf Indikatoren vor einer Trendwende an den Börsen. Wie der Strategiestudie zu entnehmen ist, deuteten im Frühsommer 2007 immerhin 13 Indikatoren auf eine Überhitzung hin, Ende der Neunzigerjahre sogar sämtliche 16.
Deshalb rät auch die Citigroup in schwache Tage hinein zum Zukauf von Aktien. Denn selbst in einer fortgeschrittenen Phase der Börsenhausse zahle sich dieses Vorgehen jeweils aus, so die Botschaft der Studienautoren.
Was mir auch heute wieder auffällt ist, dass grosse Institutionelle sich über die Index-Futures reihenweise gegen weitere Rückschläge absichern. Oder um es mit anderen Worten zu sagen: Auf Worte lassen die Banken und ihre Aktienstrategen nicht immer auch Taten folgen.
Noch ist unklar, ob zuerst den Käufern oder aber wie in der Vergangenheit den Verkäufern der Atem ausgeht. Meines Erachtens steht den Aktienmärkten die Bewährungsprobe jedenfalls erst noch bevor.
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Wäre die Börse ein Pokerspiel, hätten die Markttechniker von Julius Bär noch bis vor wenigen Wochen im übertragenen Sinn alles auf die "Karte Aktie" gesetzt. Nicht nur auf das amerikanische Technologiebarometer Nasdaq-100-Index, auch auf unseren Swiss Market Index (SMI) waren die Experten geradezu heiss (siehe Kolumne vom 12. August).
Der neusten Ausgabe der "Technical Investment Strategy" entnehme ich zwar, dass die Börsenhausse noch immer intakt sei. Allerdings raten die Markttechniker nach dem jüngsten Rückschlag zu Gewinnmitnahmen. Im Zuge dieser werden der S&P-500-Index sowie der Nasdaq-100-Index aus charttechnischer Sicht von "Overweight" auf "Neutral" heruntergestuft. Nicht viel besser ergeht es dem SMI. Auch dieser wird auf "Neutral" zurückgestuft.
Die Schlüsselbotschaft der Experten lautet wie folgt: Je länger es dauert, bis die Börsen wieder zu den bisherigen Rekordständen aufschliessen können, desto grösser werden die Risiken.
Dass die Markttechniker von Julius Bär bei Aktien das Handtuch werfen, überrascht, zumal sie schon in zwei bis drei Wochen eine Wiederaufnahme der Börsenhausse als möglich erachten. Dennoch raten sie der Anlagekundschaft nicht zuletzt auch aufgrund saisonaler Verhaltensmuster vorläufig zu einer vorsichtigen Haltung.
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