Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.
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Hätte ich jemandem in den ersten Januar-Tagen prophezeit, dass Meyer Burger als einer der diesjährigen Gewinner aus dem Börsenjahr 2022 hervorgehen würde – ich wäre wohl belächelt worden. Gross war damals die Skepsis, was den Vorstoss des Unternehmens in die Herstellung von Solarzellen und -modulen anbetraf. Doch es sollte alles anders kommen: Die Skepsis ist gewichen und mit einem Kursplus von knapp 41 Prozent seit Jahresbeginn (den Bezugsrechteabschlag mit berücksichtigt) zählen die Aktien des Solarherstellers zu den hiesigen Börsengewinnern.
In den letzten Tagen bekamen die Valoren noch einmal kräftig Zuspruch – und das aus ganz unterschiedlichen Ecken. Unter anderem melden sich auch die Autoren des in hiesigen Börsenkreisen als "Düsseldorfer" bekannten Investorenbriefs aus Deutschland zu Wort. Ihres Erachtens haben die Aktien weiteres Potenzial, wobei sie durchblicken lassen, dass neben Mirabaud Securities ("Buy" mit einem Kursziel von 87 Rappen) bald ein weiteres Analysehaus mit einer noch optimistischeren Einschätzung für Impulse sorgen könnte.
Kursentwicklung der Aktien von Meyer Burger seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)
Gemeint ist – so vermute ich zumindest - Goldman Sachs. Einige Wochen ist es nun bereits her, dass mir eine acht Seiten starke Studie aus den Handelsräumen der Amerikaner zugespielt wurde. In der Studie kamen die dem "Midcap Equity Desk" angehörenden Autoren auf einen fairen Wert von 1,50 Franken je Aktie. Und das noch vor der kürzlich durchgeführten Kapitalerhöhung. Ihres Erachtens winken dem Solarunternehmen alleine in den Vereinigten Staaten Steuererleichterungen in Höhe von umgerechnet 500 Millionen Franken. Damit sei die Beschleunigung der Expansion nach Übersee mehr als gerechtfertigt.
Ich könnte mir jedoch gut vorstellen, dass die amerikanische Investmentbank, jetzt da die Kapitalerhöhung verdaut ist, auch nach aussen eine Kaufempfehlung ausspricht. Der rechnerische faire Wert von 1,50 Franken je Titel lässt bereits erahnen, in welche Richtung es dabei gehen könnte. Auch dass die Leerverkäufer ihre Wetten gegen Meyer Burger innerhalb von nur vier Wochen von mehr als 20 Prozent auf weniger als 10 Prozent der ausstehenden Aktien reduziert haben, lässt erahnen, dass etwas Grosses im Busch sein könnte.
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Die Zürcher Kantonalbank zögerte am Freitag nicht lange und strafte die Aktien des Pharmazulieferers PolyPeptide nach einer weiteren einschneidenden Gewinnwarnung von "Marktgewichten" auf "Untergewichten" ab.
Auch nach einer Telefonkonferenz mit Vertretern des Unternehmens findet Analyst Daniel Buchta keine sehr schmeichelhaften Worte. Für ihn zählt der gute Ruf zu den wichtigsten Alleinstellungsmerkmalen eines erfolgreichen Pharmazulieferers. Umso mehr stellt sich ihm die Frage, ob sich die hausgemachten Probleme nicht zum Nachteil für PolyPeptide entwickeln – zumal im Peptidgeschäft nur wenige wichtige Kunden auf ebenso wenige Anbieter treffen.
Mit seinen Aussagen verleiht der Analyst nicht nur jenen Auftrieb, die Marktanteilsverluste hinter der Gewinnwarnung vom Freitag vermuten, sondern auch denjenigen, die beim Pharmazulieferer mit einem erneuten Aderlass in Richtung besser aufgestellter Rivalen rechnen.
Die Börse scheint diese Befürchtungen zu teilen, gingen die Aktien von PolyPeptide am Freitag doch um knapp 36 Prozent tiefer aus dem Handel. Und wer sich am heutigen Montag eine scharfe Gegenbewegung erhofft hat, wird bisweilen enttäuscht.
Schon im Juli dieses Jahres stürzten die PolyPeptide-Aktien ab (Quelle: www.cash.ch)
Mit Ausnahme der Zürcher Kantonalbank hat sich übrigens noch keine andere der einst mit dem Börsengang betrauten Banken zu Wort gemeldet. Ich denke da etwa an die Credit Suisse, an Morgan Stanley oder an die Berenberg Bank. Letztere wollte schon im August sowohl die Kaufempfehlung als auch das 92 Franken lautende Kursziel unter negativen Vorzeichen überdenken. Ein Kommentar aus der Feder von Berenberg-Analystin Beatrice Allen ist mir seither jedoch noch nicht zu Augen gekommen. Auch ihr Berufskollege James Quigley bei Morgan Stanley wird zumindest bei seinem Kursziel von 50 Franken noch einmal den dicken Rotstift ansetzen müssen.
Es macht beinahe den Anschein, als ob die in den Börsengang involvierten Banken angesichts der hausgemachten Probleme PolyPeptides in Schockstarre verfallen sind. Ich bin neugierig, ob sich diese Schockstarre in den nächsten Tagen löst und sich auch die genannten Banken zu Wort melden werden. Womöglich liegen diejenigen Stimmen richtig, die seit Freitag behaupten, dass der Pharmazulieferer im April letzten Jahres womöglich noch gar nicht reif für einen Gang an die Börse gewesen sei.